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Der Leiter Entgeltabrechnung: Sommerzeit — Studentenzeit

Lesezeit 5 Min.

Der Sommer ist schon da. Nun rollt sie wieder an — die Ferienzeit. Von Anfang Juli bis Mitte September herrscht in den Betrieben Sommerflaute. Tausende von Arbeitnehmern gehen in den Urlaub und oft werden diese Ausfallzeiten gerne durch Studenten, die in diesem Zeitraum frei haben überbrückt. Zusätzlich zu Werkstudenten kommen noch eine Vielzahl an unterschiedlichen Praktikanten sowie auch Studenten aus dem Ausland, die bei uns in Deutschland ein Praktikum oder eine Weiterbildung absolvieren, hinzu.

Deshalb möchte ich heute auf ein paar Regelungen/Neuerungen in Bezug auf Werkstudenten, Praktikanten und ausländische Studenten hinweisen bzw. in Erinnerung rufen:

Orangefarbener Hintergrund mit deutschem Text, der eine Beispielrechnung für einen freiwilligen Vollzeitpraktikanten oder Werkstudenten enthält. Darin sind Stundenlöhne von 9,19 und 9,35 Euro aufgeführt, was für 174 Stunden monatliche Beträge von 1.599,06 und 1.626,90 Euro ergibt.

Beachtung des Mindestlohns

Werkstudenten und freiwillige Orientierungs-Praktikanten (Dauer über 3 Monate) sind Arbeitnehmer im Sinne des MiloG. Insofern gilt der Mindestlohn von derzeit 9,19 Euro pro Stunde. Ab 01.01.2020 wird der Mindestlohn auf 9,35 Euro/Zeitstunde erhöht. Demnach sind für hier pro Monat in Vollzeit folgende Vergütungen mindestens zu bezahlen:

Tipp:

Sollten Praktikanten für einen Zeitraum arbeiten, der schon in das Jahr 2020 hineinreicht (z. B. Start Sept 19 – Febr. 20), wäre es sinnvoll hier gleich eine höhere Vollzeitvergütung für Orientierungspraktikanten über 3 Monate Praktikumsdauer zu vereinbaren, um dem höheren Mindestlohn ab 2020 Rechnung zu tragen.

Achtung: Es sind Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz durchzuführen!

Übergangsbereich ab 01.07.19

Ab 01. Juli 2019: der neue Übergangsbereich zwischen 450,01 Euro und 1.300 Euro (bis Gleitzone 30.06.2019 850 Euro) Zum 1. Juli 2019 treten für die bisherige Gleitzone einige Neuregelungen in Kraft. Rechtsgrundlage dafür ist das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs und -Stabilisierungsgesetz).

Durch die höhere Entgeltgrenze von 1.300 Euro wird sich die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich mit ca. 5,7 Millionen mehr als verdoppeln. Weiterhin verläuft der Beitragsanstieg im Übergangsbereich flacher als in der bis 30.06.2019 gültige maßgebenden Gleitzone. Anwendbar ist der neue Übergangsbereich allerdings nur für freiwillige Praktikanten bis 3 Monate Dauer (PGR 101) und Teilzeit-Werkstudenten (PGR 106). siehe Punkt Mindestlohn! Für alle anderen Praktikanten und Ausbildungsverhältnisse ist der Übergangsbereich nicht anwendbar.

Pflichtpraktikanten

Pflichtpraktikanten sind versicherungsfrei und über den Personengruppenschlüssel 190 zu melden (nur unfallversicherungspflichtig). Pflichtpraktikanten fallen nicht unter den Mindestlohn, deshalb ist eine Vergütung unterhalb des Mindestlohns oder ohne Entgelt möglich. Voraussetzung für die Einordnung als Pflichtpraktikum ist die Vorlage der Studienordnung (auch Studenten von Universitäten aus dem Ausland!) in der ein Pflichtpraktikum für die Fortsetzung des Studiums oder weiteren Ausbildung erforderlich ist. Eine Kopie der Studienordnung sowie auch der Immatrikulations-bescheinigung sollte hierzu Prüfzwecken der DRV zu den Personalakten genommen werden.

Vorpraktikanten

Vorpraktikanten haben per se noch keinen Studentenstatus, da Sie das Vorpraktikum verpflichtend als Voraussetzung für die Immatrikulation für einen bestimmten Studiengang benötigen. Sie fallen mit dem Status ‚Auszubildende‘ unter das Berufsbildungsgesetz (§26 andere Vertragsverhältnisse). Es liegt weder Arbeitnehmer noch Studentenstatus vor. Diese sind mit dem Personengruppenschlüssel 105 in der Lohnabrechnung zu erfassen.

Praktikanten ohne Entgelt

Interessant sind Praktikanten ohne Entgelt in der Lohnabrechnung. Weit gefehlt, dass man hier in der Lohnabrechnung nichts zu tun hat. Sollte kein Entgelt vom Ausbildungsbetrieb gezahlt werden (möglich bei Pflicht-, Vor-, Nachpraktika oder Orientierungspraktika bis zu 3 Monate) ist trotzdem alleinig vom Arbeitgeber vom sog. fiktiven Entgelt ein Beitrag für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu erstatten. Die Praktikanten sind mit Personengruppenschlüssel 105 im Lohnabrechnungssystem zu erfassen.

Fiktives Entgelt 2019 (West):

Orangefarbene Box mit deutschem Text, der eine fiktive Einkommensberechnung erklärt. Darin sind die Gehaltsprozentsätze für die Sozialabgaben aufgeführt: Rente (18,6 %) und Arbeitslosenversicherung (2,5 %), die Summe der Abzüge und der Arbeitgeberzahlung von 6,57 Euro.

 

Nachpraktikanten/Werkstudent bei Studienende

Nachpraktika sind in der Regel freiwillige Praktika und nicht von der Studienordnung vorgeschrieben. Sie werden von Studenten zur Überbrückung der Zeit zwischen Studienende und Berufseinstieg genutzt. Auch eine normale Werkstudententätigkeit ist möglich.

Hier ist zu unterscheiden, ob der Praktikant noch einen Studentenstatus hat, sprich kann er noch eine gültige Immatrikulationsbescheinigung vorweisen. Laut Spitzenorganisationen der Sozialversicherung endet das Werkstudentenprivileg regulär mit Ablauf des Monats, in dem die schriftlichen Prüfungsergebnisse dem Studenten offiziell mitgeteilt wurden. Dieses Datum kann vom Ende der Immatrikulationsbescheinigung abweichen. Es ist also zu prüfen, ob der Student noch das Werkstudentenprivileg nutzen kann. Unterlagen sollten als Nachweis zu den Akten genommen werden.

Bei freiwilligen Praktika ist wiederrum die Dauer des Praktikums für die Vergütung und die Anwendung des Mindestlohns zu berücksichtigen.

Drei Personen benutzen Touchscreen-Geräte in einem öffentlichen Raum. Im Mittelpunkt steht eine Frau in einem blauen Oberteil und mit Brille, während im Vorder- und Hintergrund zwei Männer verschwommen zu sehen sind. Sie sind mit interaktiven Aktivitäten oder Informationssuchen beschäftigt.

Ausländische Studenten

Durch den Fachkräftemangel und die zunehmende Internationalisierung in den Unternehmen kommen auch immer mehr Studenten aus dem EU-Ausland bzw. auch aus Drittstaaten nach Deutschland, um hier befristet arbeiten oder Praktika zu absolvieren.

Aufenthaltsrechtliche Anforderungen

Studenten aus dem EU-Ausland sind durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU frei zu arbeiten und Praktika zu absolvieren.

Dagegen sind bei Studenten aus Drittstaaten wie z.B. Indien vor Antritt des Praktikums aufenthaltsrechtliche Bestimmungen zu beachten. Ein längerer zeitlicher Vorlauf zur Beantragung eines Visums für Studenten (hier gibt es Grenzen in welchem Umfang gearbeitet werden darf) vor Starttermin des Praktikums ist einzuplanen.

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung:

Es gilt das Beschäftigungsortprinzip. Der Student aus dem EU-Ausland wird in Deutschland sozialversicherungpflichtig, da er hier seine Tätigkeit ausübt. Sollte er jedoch eine gültige A1-Bescheinigung vorlegen, kann er mit dem BGR 0000 angelegt werden.

Wichtig:

Die A1-Bescheinigung ist zu den Akten zu nehmen. Für Studenten aus Drittstaaten sind die Regelungen oft nicht so klar. Es gibt allerdings verschiedene Sozialabkommen wie z.B. mit Indien oder China. Interessant dürfte England werden nach dem Brexit. Großbritannien wird dann auch zu einem Drittstaat. Informationen erteilt hier die DVKA.

Sowohl das Werkstudentenprinzip und alle anderen sozialversicherungsrechtlichen Prinzipien für Praktika können analog auch für ausländische Studenten angewendet werden. Auch Minijob und kurzfristige Beschäftigung sind anwendbar.

Pauschbeiträge zur KV sind vom Arbeitgeber allerdings nur zu zahlen, wenn der Student in Deutschland auch gesetzlich krankenversichert ist.

Auch für Studenten, die an ausländischen Hochschulen immatrikuliert sind gilt:

Ein Nachweis der Immatrikulation sowie ein Nachweis für ein Pflichtpraktikum muss beim deutschen Arbeitgeber vorliegen und gehört in die Akte!

Tipp:

Eine Rückforderung von Beiträgen bei der deutschen Rentenversicherung ist durch den Studenten möglich, wenn der Student weniger als 5 Jahre in Deutschland gearbeitet hat.

Steuerliche Behandlung:

Hier ist das Wohnsitz-Prinzip maßgeblich. Da ausländische Studenten i. d. R. ihren Wohnsitz im Ausland beibehalten sind sie weiterhin im Ausland unbeschränkt und in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig. Unbeschränkt steuerpflichtig wird der Student, wenn er länger als 183 Tage in Deutschland arbeitet. Zudem zu unterscheiden ist, ob der Student aus einem Land mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) kommt. Bestimmte DBA’s haben hier für Studenten, Lehrlinge, Volontäre und Praktikanten spezielle Vorschriften (z. B. Frankreich, Slowakei oder USA). Diese regeln z. B. die Höhe der Vergütung, die steuerfrei bleiben soll. Beim Betriebsstätten-Finanzamt des Arbeitgebers muss durch den Arbeitgeber eine sog. Antrag für beschränkt Steuerpflichtige Arbeitnehmer gestellt werden. Das Finanzamt erstellt dann eine sog. Freistellungsbescheinigung, die zu den Personalakten genommen werden muss.

Eine Person mit kurzen dunklen Haaren lächelt und trägt eine weiße Jacke und ein gemustertes Oberteil. Neben dem Bild sind in weißer Schrift auf orangefarbenem Hintergrund der Name „Sabine Katzmair“ und der Berufstitel „Payroll Management & Consulting“ zu sehen.

 

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