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Ordentliche Verdachtskündigung
Jedes Arbeitsverhältnis setzt als personenbezogenes Dauerschuldverhältnis ein gewisses gegenseitiges Vertrauen der Vertragspartner voraus. Ein schwerwiegender Verdacht einer Pflichtverletzung kann zum Verlust der vertragsnotwendigen Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers und damit zu einem Eignungsmangel führen, der einem verständig und gerecht abwägenden Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Der durch den Verdacht bedingte Eignungsmangel stellt einen Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers dar, auch wenn die den Verdacht und den daraus folgenden Vertrauensverlust begründenden Umstände nicht unmittelbar mit seiner Person zusammenhängen müssen. Eine Verdachtskündigung kommt nicht nur in einem Kleinbetrieb, in dem der einzelne Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber oder dessen Repräsentant unmittelbar zusammenarbeiten, oder bei Arbeitnehmern in einer besonderen Vertrauensstellung in Betracht. Die Betriebsgröße oder die Unterscheidung zwischen einem „normalen“ Arbeitsverhältnis und einem solchen mit besonderer Vertrauensstellung sind keine tauglichen Kriterien, um die grundsätzliche Zulässigkeit einer Verdachtskündigung zu beurteilen. Ein gewisses Vertrauen ist für die Durchführung jedes Arbeitsverhältnisses unerlässlich. Der Arbeitgeber muss sich darauf verlassen können, dass seine Mitarbeiter die Integrität seiner Rechtsgüter, die von den anderen Arbeitnehmern oder ggf. von Dritten nicht vorsätzlich verletzen. Ein darüber hinausgehendes Maß an Vertrauen kann beispielsweise erforderlich sein, wenn ein Arbeitnehmer Kenntnis von Betriebsgeheimnissen erlangt, gefährliche Maschinen bedient, die auch Dritte gefährden können, oder Zugang zu Bargeldbeständen oder anderen Wertgegenständen hat. Eine solche Vertrauensstellung ist aber keine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung. Vielmehr ist sie bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber im jeweiligen Einzelfall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten ist, in die Interessenabwägung einzustellen. Bei einer Tatkündigung muss das Gericht davon überzeugt sein, dass der Arbeitnehmer eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung begangen hat. Die diese Würdigung tragenden (Indiz-) Tatsachen müssen entweder unstreitig oder bewiesen sein. Bei einer Verdachtskündigung dagegen muss das Gericht mit dem nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Grad an Gewissheit zu der Überzeugung gelangen, dass der Arbeitnehmer aufgrund des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen Eignungsmangel aufweist. Dazu müssen die den Verdacht begründenden (Indiz-)Tatsachen ihrerseits unstreitig sein oder vom Arbeitgeber „voll“ bewiesen werden.
Eine Verdachtskündigung ist stets eine personenbedingte Kündigung. Sie wird nicht deshalb zu einer Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers, weil dieser die entscheidungserheblichen Verdachtsmomente selbst gesetzt hat. Ein Arbeitnehmer begeht nicht dadurch eine eigenständige Pflichtverletzung, dass er sich durch ein für sich genommen pflichtwidriges Verhalten einer weitergehenden, schwerer wiegenden Pflichtverletzung (nur) verdächtig macht. Ist der Arbeitnehmer zum Beispiel immer wieder in dem Bereich „herumgeschlichen“, aus dem Gegenstände abhandengekommen sind, kann dies nur unter zwei Umständen eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen: Das Gericht muss entweder — auch — aufgrund des „Herumschleichens“ davon überzeugt sein, dass der Arbeitnehmer die Gegenstände entwendet hat, oder das „Herumschleichen“ muss als solches eine Pflichtverletzung darstellen, weil der Arbeitnehmer den betreffenden Bereich nicht betreten durfte. In beiden Fällen handelt es sich um eine Tatkündigung. Stellt das „Herumschleichen“ für sich genommen keine Pflichtverletzung dar und vermag sich das Gericht nicht davon zu überzeugen, der Arbeitnehmer sei der „Täter“, kommt — unter den weiteren Voraussetzungen einer Verdachtskündigung — allenfalls eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
Angesichts der jeweils aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden, gegenläufigen Grundrechtspositionen der Arbeitsvertragsparteien bedarf das Rechtsinstitut der Verdachtskündigung gleichwohl der besonderen Legitimation. Die verfassungskonforme Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG ergibt, dass eine Verdachtskündigung auch als ordentliche Kündigung sozial nur gerechtfertigt ist, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten.
Das gilt zunächst für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. In dieser Hinsicht bestehen keine Unterschiede zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung. Der Verdacht muss auf konkreten, vom Kündigenden darzulegenden und ggf. zu beweisenden Tatsachen beruhen. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus. Auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG muss die Interessenabwägung zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer dringend verdächtigt ist, — wäre es erwiesen — sogar eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte. Die Verdachtskündigung beruht auf der Erwägung, dass dem Arbeitgeber von der Rechtsordnung die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses unter dem dringenden Verdacht auf ein Verhalten des Arbeitnehmers, das ihn — den Arbeitgeber — zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen würde, nicht zugemutet werden kann. Besteht dagegen der Verdacht auf das Vorliegen eines solchen Grundes nicht, weil selbst erwiesenes Fehlverhalten des Arbeitnehmers die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen könnte, überwiegt bei der Güterabwägung im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dessen Bestandsinteresse. In einem solchen Fall nimmt die Rechtsordnung das im Fall einer Verdachtskündigung besonders hohe Risiko, einen „Unschuldigen“ zu treffen, nicht in Kauf. (BAG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 AZR 426/18).
Gehaltserhöhung — betriebliche Übung
Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für das Entstehen eines Anspruchs ist, wie die Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen mussten und ob sie auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften. Ob dieser tatsächlich mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat, ist unerheblich.
Eine betriebliche Übung kann auch bezüglich übertariflicher Leistungen und übertariflicher Anteile an einer einheitlichen Leistung entstehen. Für den Anspruch aus betrieblicher Übung ist unerheblich, ob der betreffende Arbeitnehmer selbst bisher schon in die Übung einbezogen worden ist. Sie richtet sich an alle Beschäftigten eines Betriebs oder zumindest kollektiv abgrenzbare Gruppen. Das Vertragsangebot des Arbeitgebers ist regelmäßig so zu verstehen, dass er — vorbehaltlich besonderer Abreden — alle Arbeitnehmer zu den im Betrieb üblichen Bedingungen beschäftigen will. Will der Arbeitgeber das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern, muss er bei oder im Zusammenhang mit der Gewährung einer Leistung den Beschäftigten klar und verständlich deutlich machen, dass er sich für die Zukunft nicht binden will.
Von diesen Grundsätzen hat das Bundesarbeitsgericht eine Ausnahme gemacht, wenn der Arbeitgeber freiwillig — also ohne rechtliche Verpflichtung aufgrund von Tarifgebundenheit — die Entgelte der Beschäftigten entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet anhebt. In diesem Fall müssen für das Entstehen einer betrieblichen Übung auf weitere entsprechende Gehaltserhöhungen in der Folgezeit deutliche Anhaltspunkte in dem Verhalten des Arbeitgebers dafür sprechen, dass dieser die Erhöhungen — auch ohne das Bestehen einer tarifvertraglichen Verpflichtung — künftig, das heißt auf Dauer, übernehmen will.
Die fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitgebers verdeutlicht nämlich — für den Arbeitnehmer erkennbar — den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Dadurch soll der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der freiwillig die Entgelte entsprechend den Tariferhöhungen seiner Branche steigert, nicht schlechtergestellt werden als der tarifgebundene Arbeitgeber, der die Möglichkeit hat, durch Verbandsaustritt eine dauerhafte Bindung zu vermeiden. Weil es für das Entstehen einer betrieblichen Übung grundsätzlich unerheblich ist, ob der Arbeitgeber bei seinem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen handelt, kommt diese Rechtsprechung nur zum Tragen, wenn der Wille des Arbeitgebers, sich für die Zukunft nicht binden zu wollen, für die Arbeitnehmer erkennbar ist.
Ein außertariflicher (AT) Angestellter, der kraft seiner Tätigkeit und/oder seiner Vergütungshöhe nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fällt, muss grundsätzlich davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber seine Entscheidungsfreiheit für die künftige Gehaltsentwicklung erhalten will. Dies ist der Ausdruck der Besonderheit, ein solches Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber bei der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er die Gehälter von AT-Angestellten erhöhen will, jeweils eine Fülle von auf die gesamtwirtschaftliche Lage, auf die wirtschaftliche Situation und die Gehaltspolitik seines Unternehmens sowie auf das Arbeitsverhältnis des einzelnen Arbeitnehmers bezogenen Gesichtspunkten in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung des Arbeitgebers mag über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich zu jeweils gleichartigen Ergebnissen führen. Allein hieraus dürfen jedoch die Arbeitnehmer mangels abweichender konkreter Anhaltspunkte nicht schließen, der Arbeitgeber habe sich verpflichten wollen, auch in Zukunft stets dieselben Bemessungsfaktoren beizubehalten, also die Gehälter stets in gleicher Weise wie bisher zu erhöhen, und sich dadurch der Möglichkeit begeben wollen, veränderten Umständen in freier Entscheidung Rechnung zu tragen. (BAG, Urteil vom 27.02.2019 — 5 AZR 361/18).
Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses
Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über ein Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses regelt § 106 BetrVG ein besonderes Konfliktlösungsverfahren. Nach Satz 1 und Satz 2 der Vorschrift entscheidet, wenn eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinne des § 106 BetrVG entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt wird und hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat keine Einigung zustande kommt, die Einigungsstelle. Das Verfahren des § 109 BetrVG ist vorgesehen für Auseinandersetzungen über den konkreten Umfang der Unterrichtungspflicht des Unternehmers nach § 106 Abs. 2 BetrVG unter Vorlage erforderlicher Unterlagen. Die Einigungsstelle befindet in diesem Zusammenhang auch über Rechtsfragen.
Die besondere Zuständigkeit der Einigungsstelle nach § 109 Satz 1 und Satz 2 BetrVG verpflichtet Unternehmer und (Gesamt-)Betriebsrat, vor Anrufung der Gerichte für Arbeitssachen deren Entscheidung herbeizuführen. Ein im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren angebrachtes Begehren, das der Primärzuständigkeit der Einigungsstelle unterfällt, ist nur dann zulässig, wenn zuvor das in § 109 BetrVG vorgesehene Konfliktlösungsverfahren durchgeführt wurde.
§109 Satz 1 BetrVG erfasst nach seinem unmissverständlichen Wortlaut nicht nur eine unternehmensinterne Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, wenn eine Auskunft entgegen einem entsprechenden Verlangen des Wirtschaftsausschusses „nicht“ erteilt wird, sondern auch dann, wenn sie „nicht rechtzeitig“ oder „nur ungenügend“ erteilt wird. Darüber hinaus bezieht sich das Konfliktlösungsverfahren des § 109 Satz 1 BetrVG auch auf Streitigkeiten über die Art und Weise der Erteilung von Auskünften. Das gibt der Wortlaut allerdings nicht zwingend vor. Der Ausdruck „nur ungenügend“ kann im buchstäblichen Sinn auf „inhaltlich unzulänglich“ ebenso bezogen sein wie auf „in der Form nicht ausreichend“. Immerhin ist aber mit dem Adjektiv „ungenügend“ eine andere Formulierung verwandt als bei der Auskunftspflicht des § 106 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, welche — neben „rechtzeitig“ (dieser Begriff ist in § 109 Satz 1 BetrVG aufgegriffen) — „umfassend“ zu erfolgen hat. Während „umfassend“ im Sprachsinn mit „vollständig“, also einer quantitativen Komponente, gleichzusetzen ist, enthält der Begriff „ungenügend“ einen qualitativen Aspekt.
Sinn und Zweck des § 109 Satz 1 BetrVG sprechen aber eindeutig für eine umfassende Primärzuständigkeit der Einigungsstelle bei Meinungsverschiedenheiten der Modalitäten der Unterrichtungs- und Vorlagepflicht des Unternehmers gegenüber dem Wirtschaftsausschuss. Sinn des Einigungsstellenverfahrens ist es, eine der „internsten Angelegenheiten der Unternehmensleitung“ zunächst einer unternehmensinternen Regelung zuzuführen. Die Form der Vorlage von Unterlagen gegenüber dem Wirtschaftsausschuss — als Papierausdruck oder als elektronische Datei — ist regelmäßig nicht nur vom Umfang der Auskunftserteilung abhängig, sondern auch von deren Inhalten. Das kann bei einfachen Datensätzen anders zu beurteilen sein als bei umfangreichen Dokumenten. Vor allem aber können — inhaltsabhängig — diverse unternehmensspezifische Belange zu beachten sein, etwa ein Interesse an Blatt- und Kopierschutz bei elektronischen Dateien. Gerade derartige inhaltskontextuelle Fragen sollen aber nach § 109 BetrVG einer unternehmensinternen Lösung zugeführt werden.
(BAG, Beschluss vom 12.02,2019 — 1 ABR 37/17)
Verfall von Urlaub — Obliegenheiten des Arbeitgebers
Für den gesetzlichen Mindesturlaub im Sinne der §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BurlG vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfiel nicht genommener Urlaub unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hatte, den Urlaub zu nehmen, nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BurlG mit Ablauf des Urlaubsjahrs, sofern kein Übertragungsgrund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BurlG gegeben war. Dies galt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahrs die Gewährung des Urlaubs verlangte und der Arbeitgeber den verlangten Urlaub nicht gewährte. Allerdings trat, wenn sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befand, an die Stelle des im Verzugszeitraum verfallenen Urlaubs ein Schadensersatzanspruch, der die Gewährung von Ersatzurlaub zum Inhalt hatte.
Durch Urteil hat der Europäischen Gerichtshof am 6. November 2018 entschieden, dass Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Arbeitnehmer, der im betreffenden Bezugszeitraum keinen Antrag auf Wahrnehmung seines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gestellt hat, am Ende des Bezugszeitraums die ihm gemäß diesen Bestimmungen für den Bezugszeitraum zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verliert.
Der Arbeitgeber kann sich nach der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung auf einen fehlenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers nur berufen, wenn er zuvor konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn — erforderlichenfalls förmlich — auffordert, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die Erfüllung dieser Mitwirkungsobliegenheit. (BAG, Urteil vom 19.02.2019 — 9 AZR 423/16)