Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht
Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beruflichen Bildungsmaßnahmen sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aktualisiert
Zum 01.01.2020 sind Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe vom 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) und das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2522) in Kraft getreten. Die wesentlichen Änderungen im Überblick:
Jungen Menschen mit Behinderungen wird durch die Schaffung eines Budgets für Ausbildung nach dem SGB IX der Einstieg in eine reguläre betriebliche Ausbildung ermöglicht. Der Ausbildungsbetrieb hat eine Ausbildungsvergütung zu zahlen. Die Versicherungspflicht der Auszubildenden richtet sich nach den Regelungen, die für zur Berufsausbildung Beschäftigte gelten.
Für außerbetriebliche Berufsausbildungen ist eine Mindestausbildungsvergütung eingeführt worden (§ 17 Berufsbildungsgesetz – BBiG). Die Verpflichtung zur Zahlung der Ausbildungsvergütung wird für Rehabilitanden jedoch ausgeschlossen. Als Folge der Berücksichtigung der Mindestausbildungsvergütung sind auch die Regelungen zur Tragung der Sozialversicherungsbeiträge angepasst worden. Die alleinige Tragung der Beiträge für Auszubildende in der außerbetrieblichen Berufsausbildung durch den Träger der Einrichtung wurde aufgegeben. Die Beiträge werden künftig – wie bei den Auszubildenden in der betrieblichen Berufsausbildung – je zur Hälfte von den Auszubildenden und den Arbeitgebern bzw. den Trägern der Einrichtung aufgebracht. Für vor dem 01.01.2020 begonnene außerbetriebliche Ausbildungen gelten die bisherigen beitragsrechtlichen Regelungen bis zu deren Ende fort.
(Quelle: Besprechung der Spitzenverbände über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 18.03.2020 – TOP 2)
Corona und Sozialversicherungsabkommen
Über die Auswirkungen des Coronavirus auf das über- und zwischenstaatliche Sozialversicherungsrecht informiert die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland – DVKA – jetzt regelmäßig auf der Startseite ihrer Homepage (www.dvka.de).
Versicherungsrechtliche Beurteilung von Auszubildenden in Gesundheitsberufen
Durch das siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch wurde die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen), geändert. Diese Personen sind nun versicherungs- und beitragspflichtig zur Sozialversicherung, und zwar für Ausbildungen, die nach dem 30.06.2020 begonnen wurden.
Für Ausbildungen, die vor diesem Zeitpunkt begonnen und für die Beiträge gezahlt wurden, besteht auch Versicherungs- und Beitragspflicht ab Beginn der Beitragszahlung.
Wurden bisher keine Beiträge gezahlt, besteht Versicherungs- und Beitragspflicht ab dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber mit Zustimmung der Teilnehmerin oder des Teilnehmers Beiträge zahlt.
Neue Regelung beim Arbeitslosengeld
Im Sozialschutzpaket II ist unter anderem die Verlängerung der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I enthalten. Zur Abmilderung der Corona-Folgen wird die Bezugsdauer um drei Monate verlängert. Das gilt für alle, deren Anspruch sonst zwischen dem 01.05. und dem 31.12.2020 enden würde. An der Höhe der Leistung ändert sich nichts, sie beträgt 60 Prozent bzw. 67 Prozent (für Arbeitslose mit Kindern). Die Leistungsdauer ist abhängig von der Dauer der vorherigen Beitragszahlung und beträgt – bisher – maximal 24 Monate.
Coronatergeld
Neben den bereits früher beschlossenen Erleichterungen zur Erlangung von Kurzarbeitergeld sind weitere Sonderregelungen in Kraft getreten. So steigt die Höhe des zu zahlenden Kurzarbeitergeldes ab dem vierten Monat des Bezugs auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent für Bezieher mit Kindern). Ab dem siebten Monat sind es dann 80 Prozent, bzw. 87 Prozent. Voraussetzung für die erhöhte Zahlung ist, dass mindestens die Hälfte des Entgelts wegen der Kurzarbeit ausfällt.
Die bisher auf systemrelevante Tätigkeiten beschränkte Nicht-Anrechnung von neben der Kurzarbeit erzieltem Arbeitsentgelt wird auf alle Nebentätigkeiten neben dem Kurzarbeitergeldbezug erweitert.
Corona und Elterngeld
Eltern, die in systemrelevanten Branchen und Berufen arbeiten, können ihren Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2020 aufschieben. Die aufgeschobenen Monate müssen bis spätestens zum 30.06.2021 nachgeholt werden (entscheidend ist der Beginn). Wird von dem Aufschub Gebrauch gemacht, kann das Basiselterngeld auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 01.03.2020 bis 30.06.2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind für das Elterngeld Plus unschädlich.
Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt.
Einkommensersatzleistungen, die Eltern aufgrund der COVID-19-Pandemie erhalten, bleiben im Bezugszeitraum vom 01.03.2020 bis 31.12.2020 unberücksichtigt. Diese Einkommensersatzleistungen sollen die Höhe des Elterngelds nicht reduzieren.
Einkommensgrenze für die Familienversicherung
Ehegatten (bzw. Partner) und Kinder sind unter bestimmten Voraussetzungen kostenfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert. Eine der Bedingungen ist, dass diese kein oder nur ein geringes Einkommen beziehen. Die Einkommensgrenze wird jährlich neu festgelegt. Sie beträgt ein Siebtel der Bezugsgröße. Eine Sonderregelung galt bisher für Minijobber – hier galt ein fester Betrag von 450 Euro, analog zur Geringfügigkeitsgrenze. Da inzwischen der Betrag von einem Siebtel höher ist als 450 Euro (2020 = 455 Euro), wurde die besondere Grenze aus dem Gesetz gestrichen. Eine Auswirkung auf die Beurteilung der Minijobs ergibt sich daraus nicht.
Mutterschaftsgeld und Kurzarbeit
Waren es bisher Einzelfälle, so kommt es jetzt durch die Ausweitung der Kurzarbeit im Rahmen der Corona-Maßnahmen häufiger vor: Kurzarbeit und Mutterschaftsleistungen treffen zusammen. Die zuständigen Bundesministerien (Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gesundheit und Arbeit und Soziales) haben ihre Rechtsauffassung zu diesen Fällen bekannt gegeben: Treffen Kurzarbeit und ein Beschäftigungsverbot vor und während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz zusammen, sind Mutterschaftsleistungen in voller Höhe zu erbringen. Eine Kürzung der Leistung wegen Kurzarbeit erfolgt nicht.
Liegt im Berechnungszeitraum für die Mutterschaftsleistung bereits Kurzarbeit vor, wirkt sich diese Kürzung ebenfalls nicht auf die Mutterschaftsleistung aus.
Auch bei Kurzarbeit haben die Arbeitgeber Anspruch auf Erstattung der Mutterschaftsleistungen (Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und Mutterschutzlohn bei Beschäftigungsverbot) nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz – AAG (Umlage U2). Das gemeinsame Orientierungspapier der Ministerien können Sie nachlesen unter: www.bmfsfj.de/blob/jump/156610/orientierungspapiermutterschaftsleistungen-bei-kurzarbeit-data.pdf
Ausblick
Durch das siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze sind eine Reihe von Neuerungen im Meldeverfahren der Sozialversicherung beschlossen worden. Diese treten allerdings erst zum 01.01.2021 oder später in Kraft. Hierüber werden wir noch ausführlich berichten.
Jürgen Heidenreich