Recruiting-Software : Fachkraft voraus?
Die Anbieter von Recruiting-Software versprechen vieles – vor allem aber geringen Aufwand bei maximalem Erfolg in der Personalgewinnung. Eines wird schnell klar: Der Möglichkeiten sind viele, aber was braucht man davon wirklich und was funktioniert in der Realität? Lassen sich die vielgesuchten Fachkräfte tatsächlich besser finden und die eigenen HR-Mitarbeiter effektiv entlasten oder gar ersetzen?
Sind wir endlich bei „Wünsch Dir was“?
Den vielen Möglichkeiten stehen klare Vorstellungen der Unternehmen und Personaler gegenüber. Dabei steht nach Umfragen nicht einmal das Preis-Leistungs-Verhältnis an vorderster Stelle, während das Thema Datensicherheit und die Konformität mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ganz weit nach vorne gerückt sind.
Vielmehr wird Wert gelegt auf die Aspekte der Kommunikation (mit den Bewerbern und den Fachabteilungen) und die Kollaboration mit externen Recruitern. Eindeutige Qualitäten soll die Software haben in Bezug auf das Bewerbungsmanagement, die Interviewmöglichkeiten und die Usability für alle Beteiligten. Generell werden auch hohe Anforderungen an die Pflege und Nutzung der Bewerberdaten gestellt und ein Talentpool sollte bereits im System integriert sein. Während größere Unternehmen natürlich auch Internationalität erwarten, wünschen sich alle einen ordentlichen Kundenservice. Unterstützen sollte die Technik auch bei der Erstellung von Anforderungsprofilen und bei der Suche nach geeigneten Kandidaten in externen Quellen. Auch sollten die Auswahl- und die Testverfahren bereits integriert sein und die Möglichkeit bestehen, die potenziellen Kandidaten zu vergleichen.
Im Idealfall reichen die Anwendungsmöglichkeiten so weit, dass die Jobangebote auf der eigenen Karrierewebsite platziert und darüber hinaus in allen passenden Jobportalen veröffentlicht werden.
Mit wenigen Klicks startklar und am Ziel?
Glaubt man den Werbeanzeigen, so kommt mittels der richtigen Software das moderne Bewerbermanagement mit nur wenigen Schritten aus, und aus dem komplexen und zeitaufwändigen Prozess wird ein Kinderspiel, während die Möglichkeiten unendlich scheinen, da nicht nur die (großen) Jobportale eingebunden werden, sondern auch Social Media genutzt werden soll für die Suche nach dem passenden Kandidaten. Die Anbieter werben nicht nur damit, dass dieser gefunden, sondern auch noch direkt und passend angesprochen werden kann – man ist gefühlt nur noch eine Mail, die natürlich auch vom System generiert wird, vom perfekten Kandidaten entfernt.
Ein Traum aus 1.001er Möglichkeit?
Natürlich macht es erstmal einen imposanten Eindruck, wenn scheinbar wirklich an alles gedacht wurde und sich eine endlose Fülle an Möglichkeiten bietet. Ein smartes CV-Parsing durch das automatische Erfassen von Bewerberdaten bei gleichzeitiger Bereitstellung von KPIs und eine genaue Erfassung der Stellenanforderung sollten genauso gegeben sein wie eine gute Durchsuchungsmöglichkeit des Bewerberpools. Zu bedenken gilt: Nicht jedes Unternehmen ist ein international agierender Weltkonzern. Deshalb sollten sich die Software-Anwendungen schnell verschlanken lassen, sich möglichst mühelos in die vorhandene IT-Architektur integrieren, während sie sich schnell und einfach anpassen und individualisieren lassen und dabei voll funktionsfähig bleiben.
Braucht es überall mehr Maschine statt Mensch?
Sieben von zehn Unternehmen gehen bei voranschreitender Technisierung des Recruitings davon aus, dass Job Recommender in Zukunft immer öfter zum Einsatz kommen werden. Deshalb tüftelt man an Verfahren zur Optimierung von Stelleninseraten mit künstlicher Intelligenz, um in fünf Jahren in Suchmasken wie Google Job Search zu erscheinen und um von Job Recommendern gefunden und verarbeitet werden zu können. Diese Job-Recommender-Empfehlungssysteme stellen einen nicht unbedeutenden Trend dar, bei dem den Kandidaten aufgrund ihrer Profile in den sozialen Medien passende Stellenanzeigen oder Unternehmen für eine Bewerbung vorschlagen werden.
Und was ist mit Mobile?
Etwa acht von zehn der Top-1.000-Unternehmen hierzulande gehen davon aus, dass die Bewerbung per Smartphone zukünftig immer mehr an Bedeutung gewinnt; von den dazu befragten IT-Firmen sind sogar alle dieser Meinung. Auf Kandidatenseite denken immer noch lediglich ca. 60 Prozent, dass mobiles Recruiting weiter wichtiger werden wird.
Das geht aus der 17. Studie „Recruiting Trends“ des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg und des Karriereportals Monster aus dem letzten Jahr hervor. Jede vierte Bewerbung erfolgt mittlerweile über das Smartphone. Das bedeutet, dass nicht nur ein Umdenken in Bezug auf die Oberflächengestaltung, bei der Visualisierung von einzelnen Schritten, sondern komplett angewandt auf die maximale Anwenderfreundlichkeit für den Bewerber im gesamten Prozess.
Kanäle, Kanäle, Kanäle! Und die Formate?
Das Recruiting ist im Netz und in den sozialen Medien nicht nur auf dem Vormarsch, sondern im Prinzip dabei, sich vollständig in diese Richtung zu entwickeln – das Aufgeben einer Zeitungsannonce wirkt dagegen nur noch wie eine angestaubte und alte Attitüde. Angesagt sind jetzt die richtigen Keywords und Hashtags. Genau an diesem Punkt kommt die richtige Zielgruppenrecherche ins Spiel, denn hiervon wird der tatsächliche Erfolg genauso abhängen wie von der richtigen Strategie.
Die richtige „Prise“ Personaler
Letztendlich ist der Mensch als Personaler mit seinen Fähigkeiten und seinem Köpfchen weiterhin gefragt – genauso wie eine gute Vorarbeit und die Sicherstellung der optimalen Anwendungen. Aber auch die ganz grundsätzlichen Fragen zur Philosophie und Firmenpolitik müssen an der richtigen Stelle „eingebaut“ werden.
Silvija Franjic