Mitarbeiterbefragung : Wie geht es unseren Mitarbeitern?
Wie geht es unseren Mitarbeitern? Was wollen wir eigentlich? Wie steht es um die Führung in unserem Unternehmen? Diese und viele andere Fragen stellen sich die Verantwortlichen, wenn sie es mit dem Unternehmen und den Beschäftigten gut meinen. Aber: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Gerade größere Unternehmen nutzen, um die Frage nach dem inneren Zustand beantworten zu können, Mitarbeiterbefragungen.
Sie werden in immer mehr Betrieben eingesetzt, aber leider nicht immer richtig. Der wahrscheinlich wichtigste Faktor, um wahrheitsgemäße Antworten zu bekommen, ist das Vertrauen der Mitarbeiter. In erster Linie das Vertrauen in das Unternehmen, dass negative Äußerungen nicht auf den einzelnen Mitarbeiter zurückgeführt werden können und dass daraus keine negativen Konsequenzen resultieren werden. Um die möglichen Bedenken zu minimieren, werden häufig externe Anbieter eingesetzt, die den Datenschutz und die Vertraulichkeit sicherstellen sollen. Ist die Situation im Unternehmen eher von Misstrauen geprägt, sollte eine Mitarbeiterbefragung ohne externe Unterstützung von vornherein ausgeschlossen werden. Die frühzeitige Einbindung der Mitarbeitervertretung (soweit vorhanden) kann die Akzeptanz der Maßnahme verbessern.
Eine Befragung ist immer nur so gut wie die Antworten und die daraus resultierenden Folgen. Mitarbeiter sind grundsätzlich bereit, an einer Befragung teilzunehmen (Vertrauen in den Datenschutz vorausgesetzt), haben sie so doch die Möglichkeit, einmal ihre Sicht der Dinge gefahrlos mitzuteilen und auf Missstände hinzuweisen.
Nicht überraschend ist, dass die meisten Kritikpunkte der Mitarbeiter sich auf das Führungsverhalten beziehen. Das macht die anschließende Veränderung oft schwierig, weil sich die betroffenen Führungskräfte mindestens falsch verstanden, meistens aber zu Unrecht kritisiert fühlen.
Die Unternehmensleitung muss sich darüber im Klaren sein, dass die prinzipiell positive Idee einer Mitarbeiterbefragung am Ende in ein ungeliebtes Gegenteil verkehrt werden kann, wenn aus den festgestellten Missständen keine Konsequenzen gezogen werden. Eine reine Alibibefragung wird im Zweifel mehr schaden als nutzen.
Die Methoden
Für die Form der Mitarbeiterbefragung gibt es verschiedene Modelle. Welches davon für ein Unternehmen am sinnvollsten ist, hängt vom Klima im Betrieb, den Führungskräften und der Anzahl der Mitarbeiter ab. Bei einer offenen Unternehmenskultur können direkte, persönliche Befragungen der Mitarbeiter (aber durch Externe!) Im Rahmen von Workshops oder Gruppendiskussionen ausgezeichnete Ergebnisse bringen.
Ist kein wirkliches Vertrauensverhältnis vorhanden, bietet sich eher eine schriftliche, völlig anonyme Befragung an. Das kann klassisch mittels Fragebogen auf Papier oder im Onlineverfahren durchgeführt werden. Die Papierversion ist immer dann sinnvoll, wenn nicht alle Mitarbeiter Zugang zu einem PC im Unternehmen haben.
Bei der Befragung ist, unabhängig von der verwendeten Technik, zu unterscheiden zwischen einer Erstbefragung und Folgebefragungen. Eine Erstbefragung wird meist sehr umfassend sein, um vorhandene Probleme und Defizite auch tatsächlich abzufragen. Werden Mitarbeiterbefragungen regelmäßig als Standard eingesetzt, können auch Blitzlichter eingesetzt werden, die nur wenige Fragen vorsehen, dafür aber häufiger erfolgen. Trotz regelmäßiger Blitzlichter sollte von Zeit zu Zeit die umfassende Befragung wiederholt werden.
Hilfe – wir haben Ergebnisse!
Die Wahrheit kann ganz schön wehtun! Deshalb sollte sich die Unternehmensführung schon im Vorfeld darüber im Klaren sein, dass es auch unangenehme Ergebnisse geben kann. Wer die Wahrheit nicht ertragen kann, sollte lieber nicht fragen. Denn eines ist zwingend: Die Ergebnisse der Befragung müssen den Mitarbeitern mitgeteilt werden. Sonst erreicht man mit der Maßnahme garantiert das Gegenteil, nämlich Frustration und innere Kündigung. Zudem wird bei eventuellen künftigen Befragungen die Bereitschaft zur Teilnahme nur sehr gering sein.
Eine wichtige Funktion bei einer Mitarbeiterbefragung und insbesondere beim Umgang mit den Ergebnissen haben die Führungskräfte. Denn letztlich werden sie von ihren Mitarbeitern beurteilt. Und sie müssen die Ergebnisse ihren Mitarbeitern mitteilen und mit ihnen darüber diskutieren. Da kann es sinnvoll sein, die Vorgesetzten im Vorwege zu schulen und auf solche Gespräche vorzubereiten. Zweitschlimmstes Vorgehen: Die Ergebnisse zwar bekannt geben, aber dann nichts tun. Erkannte Missstände müssen klar benannt und beseitigt werden. Auf die Befragung müssen also Maßnahmen folgen (es sei denn, es gibt wirklich keine Kritikpunkte – was aber nicht sehr wahrscheinlich ist).
Ist man zu alledem nicht bereit, sollte man lieber die Befragung sein lassen – sie wird sonst im Zweifel die Zustände eher noch verschlechtern.
Ganz praktisch: Wie funktioniert es?
Natürlich kann man eine Mitarbeiterbefragung auch selbst machen. Ein Fragebogen ist schnell erstellt, die Daten in eine Excel-Tabelle eintragen und fertig! Geht, ist aber aus mehreren Gründen nicht sinnvoll.
Es beginnt bei der Fragestellung. Nicht umsonst gibt es (Umfrage-) Agenturen, die darauf spezialisiert sind, Fragen eindeutig zu formulieren – das ist nämlich gar nicht so einfach. Weiter geht es mit den Antworten: Wann ist eine Auswahl (Multiple Choice) sinnvoll, wann eine freie Eingabe? Wie sollte eine Punktbewertung am besten aufgebaut sein? Eine vier-, fünf- oder sechsteilige Skala?
Dann geht es um die Frage, wie die Anonymität sichergestellt werden kann. Schon die Fragen müssen so gestellt werden, dass ein Rückschluss auf den Absender nicht möglich ist. Und wenn die Auswertung unternehmensintern durchgeführt wird, werden bei den Mitarbeitern erhebliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bestehen – gerade wenn das Vertrauensverhältnis vielleicht ohnehin nicht das Beste ist.
Schlussfolgerung: Lieber etwas Geld in die Hand nehmen und die Profis ranlassen. Es gibt auf dem Markt zahlreiche Tools, mit denen zumindest die Befragung professionell gestaltet und durchgeführt werden kann. Besser noch ist es, einen spezialisierten Dienstleister zu beauftragen. Das fördert das Vertrauen bei den Mitarbeitern und sichert verwertbare (nicht unbedingt gute!) Ergebnisse.
Jürgen Heidenreich