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Betriebliche Altersversorgung : Neue gesetzliche Insolvenzsicherung für Pensionskassenzusagen

Für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung besteht in Deutschland eine Insolvenzsicherung. Träger der Insolvenzsicherung ist laut § 14 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG). Der PSVaG übernimmt die Gewährleistung der betrieblichen Altersversorgung für den Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers.

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Insolvenzsicherungspflichtige Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung sind bisher Direktzusagen, Unterstützungskassen, Pensionsfonds, Direktversicherungen nur, sofern sie vom Arbeitgeber abgetreten oder beliehen sind oder ein widerrufliches Bezugsrecht besteht.

Einbeziehung der Pensionskassen in die Insolvenzsicherung

Pensionskassen wurden bis 2020 nicht in die Insolvenzsicherung einbezogen. Kürzt eine Pensionskasse die zugesagten Leistungen, muss der Arbeitgeber die Differenz ausgleichen. Ist der Arbeitgeber jedoch zu dem Zeitpunkt insolvent, entsteht eine Lücke in der Insolvenzabsicherung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 19.12.2019 (C-168/18) festgestellt, dass ein Verstoß gegen die Insolvenzschutzrichtlinie vorliegt, wenn Betriebsrenten im Insolvenzfall offensichtlich unverhältnismäßig gekürzt werden.

Offensichtlich unverhältnismäßig ist die Kürzung laut EuGH, wenn die Leistung der Pensionskasse um mehr als die Hälfte gekürzt wird oder das Einkommen des Versorgungsempfängers durch die Kürzung unter die Armutsgefährdungsschwelle (2019: 14.109 Euro im Jahr bei einem Ein-Personen-Haushalt).

Auf das Urteil des EuGH hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) reagiert und das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) mit dem „Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ geändert. Die Gesetzesänderung ist am 24.06.2020 in Kraft getreten. Mit der Gesetzesänderung wurde der gesetzliche Insolvenzschutz durch den PSVaG auf die betriebliche Altersversorgung ausgedehnt, die über Pensionskassen durchgeführt wird. Die Beitragspflicht für die betroffenen Arbeitgeber begann am 01.01.2021.

Umfang des Versicherungsschutzes

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Neue gesetzliche Insolvenzsicherung 2

Wenn eine Pensionskasse die zugesagte Leistung gekürzt hat und der Arbeitgeber diese Kürzung ausgleichen muss, dann aber insolvent wird, hat der Versorgungsempfänger einen Anspruch gegen den PSVaG in Höhe der Leistung des Arbeitgebers. Ausgenommen sind Pensionskassen, die einem Sicherungsfonds (z. B. Protektor) angehören, Pensionskassen, die in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes organisiert sind, sowie die Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes.

Reine Beitragszusagen nach den §§ 21 bis 25 BetrAVG unterliegen nicht dem gesetzlichen Insolvenzschutz. Protektor ist die Sicherungseinrichtung der deutschen Lebensversicherer. Neben den Lebensversicherungen sind aktuell 22 Pensionskassen Mitglied im Sicherungsfonds. Die dem Sicherungsfonds Protektor angehörenden Pensionskassen sind deregulierte Pensionskassen.

Regulierte Pensionskassen dagegen gehören keinem Sicherungsfonds an, sondern unterliegen der Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Für sie gilt die neue Insolvenzsicherungspflicht. Der PSVaG tritt grundsätzlich nur für Sicherungsfälle ein, die nach dem 31.12.2021 eintreten. Ist der Sicherungsfall vor dem 01.01.2022 eingetreten, besteht ein Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung nur, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen einer Kürzung unter die von Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle fällt.

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Beitragsbemessungsgrundlage

Die Beitragsbemessung bei betrieblicher Altersversorgung, die über Pensionskassen durchgeführt wird, orientiert sich in pauschalierender Form an den vom PSVaG zu tragenden Risiken. Ausgangsbasis der Berechnung der Beitragsbemessungsgrundlage ist bei Betriebsrentenanwartschaften die erreichbare Höhe der Versorgungsleistung und bei laufenden Versorgungsleistungen die Höhe der laufenden Leistung. Diese neue Bemessungsgrundlage gilt nun auch für Arbeitgeber, die die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds durchführen. Allerdings kann die Beitragsbemessungsgrundlage für Pensionsfonds gemäß einer Übergangsregelung bis einschließlich 2022 noch nach den bisher geltenden Regeln ermittelt werden.

Meldungen:

Erstmeldung: Arbeitgeber, die noch nicht Mitglied im PSVaG sind und deren Pensionskassenzusagen zum 01.01.2021 insolvenzsicherungspflichtig wurden, mussten diese innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Beitragspflicht – also bis zum 31.03.2021 – dem PSVaG anzeigen.

Meldung der Beitragsbemessungsgrundlage: Die Meldung kann über das Portal des PSVaG oder in Papierform erfolgen. Der PSVaG stellt dazu die erforderlichen Zugangsdaten und den Erhebungsbogen in Papierform gegen Ende des 1. Quartals eines Jahres zur Verfügung. Die Übermittlung muss bis zum 30.09. eines Jahres erfolgen. Der Meldung ist ein Berechnungsnachweis beizufügen. Das kann entweder ein von einem versicherungsmathematischen Sachverständigen erstelltes Kurztestat entsprechend dem vom PSVaG vorgegebenen Muster oder der vom PSVaG vorgegebene Kurznachweis sein. In jedem Fall ist der Arbeitgeber hierbei auf die Unterstützung der Pensionskasse angewiesen.

Vereinfachtes Meldeverfahren

Der Versorgungsträger, also die Pensionskasse, kann die Meldungen und sogar die Beiträge des Arbeitgebers übernehmen (§ 10 Abs. 1 S. 2 BetrAVG). Zu diesem Thema wurde von der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. eine gemeinsame Arbeitsgruppe u. a. mit dem PSVaG, Pensionskassen und der BaFin eingerichtet.

Beitragserhebung

Der Beitragssatz wird vom PSVaG in der ersten Novemberhälfte jährlich neu festgesetzt. Der Beitrag ergibt sich aus der Multiplikation der gemeldeten Beitragsbemessungsgrundlage mit dem festgelegten Beitragssatz. Nur im Jahr 2021 gilt für den Durchführungsweg Pensionskasse der feste Beitragssatz von 3 Promille der Beitragsbemessungsgrundlage. Dieser Beitrag fließt vollständig in einen Ausgleichsfonds zum Aufbau des neuen Insolvenzschutzes. In den Jahren 2022 bis 2025 müssen zusätzlich zum normalen Beitrag 1,5 Promille in den Ausgleichsfonds gezahlt werden. Der normale Beitrag wird jedes Jahr anhand des Schadenaufwands neu festgelegt. Er betrug im Jahr 2020 4,2 Promille.

Mitte November werden die Beitragsbescheide an die Arbeitgeber versandt. Die Beiträge sind bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres zu zahlen.

Ausblick

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht 2026, ob die Beitragsbemessung bei betrieblicher Altersversorgung, die von Pensionskassen durchgeführt wird, weiterhin sachgerecht ist, insbesondere, ob die Höhe des Beitrags dem vom Träger der Insolvenzsicherung zu tragenden Risiko entspricht (§ 30 Abs. 5 BetrAVG).

Christian Marten

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