Die neue „HR-Waffe“ : Social Recruiting von morgen? Watch me on Video!
Schon seit einiger Zeit gibt es den Social-Media-Top-Favoriten, wenn es um das Recruiting geht. Immer ganz vorne dabei ist das Video. Unternehmens-Imagefilme, auch im Bereich Bewerbung sind längst gang und gäbe und auf allen Seiten hoch im Kurs. Die Generation Selfie erfreut sich nicht erst seit TikTok oder den entsprechenden Insta- und Facebook-Features am Bewegtbild, wenn es darum geht, zu zeigen, wer man ist und was man zu bieten hat. Der digitale Wandel und die sozialen Medien sorgen längst dafür, dass neue Wege gegangen werden müssen.
Wie kann das Medium Video zum jetzt erst recht entscheidenden Kick im Recruiting werden? Wer sollte das besser wissen als der Profi aus der Werbewelt? Daniel Merkel, seit über 20 Jahren Inhaber der Werbeagentur DER PUNKT GmbH und Begründer der Video-Jobbörse JOBSAROUND.tv, lässt uns hinter die Kulissen der Welt des Jobmarketings blicken und erklärt, wie beide Seiten mit bewegten Bildern zum besten Bewerbungserfolg kommen.
Warum sind Videos im Job-Recruiting seit Jahren immer ganz vorn in der Beliebtheitsskala der genutzten Social-Media-Kanäle?
Videos sind einfach zu konsumieren, und seit der „Erfindung“ des Films bleibt das Medium in seiner Beliebtheit ungebrochen. Umso unterhaltsamer ein Video ist, umso mehr prägt es sich mit seiner Botschaft beim Zuschauer ein. Das Format ist kompakt – die Message erreicht den Adressaten direkt und genau da, wo er diese „abrufen“ möchte. Unsere Gesellschaft ist generell lesefaul geworden, und die Generation New Work möchte manches lieber in Ruhe auf dem Sofa anschauen, anstatt noch mal den Arbeitsplatzrechner hochfahren zu müssen. Diese Entwicklung macht auch vor Recruiting-Themen nicht Halt. Der große Vorteil des Videoformats ist, dass sich Informationen und Emotionen sehr effektiv verdichten lassen und mit diesem Medium einfach viel transportiert werden kann in kürzester Zeit.
Was unterschätzen auch die großen Player auf dem Markt noch am Potenzial, wenn es um den Einsatz von Videos im Recruiting geht, und was wird noch viel zu sehr außer Acht gelassen?
Die Unternehmen setzen noch viel zu sehr auf Videos im Imagefilm-Style: Bewerber sind aber keine kaufenden Kunden, da braucht es eine eigene Ansprache und manchmal gar nicht „so viel“, auch nicht unbedingt Unsummen an Geld. Das Prinzip „Viel bringt viel“ führt eben nicht unbedingt zum passenden Bewerber, und Masse schafft keine Klasse. Wesentlich wichtiger sind authentische Inhalte, da es nur ein „Happy End“ gibt, wenn der richtige Mitarbeiter gefunden wird.
Wichtig ist es, von zu viel Hochglanz wegzukommen und echtes Employer Branding zu betreiben, damit nicht zu viel an Natürlichkeit verloren geht, denn trotz aller digitalen Mittel und Methoden wird am Ende ein Mensch, ein Mitarbeiter, gesucht. Reichweite muss den Richtigen erreichen, und Traffic heißt eben nicht unbedingt Treffer. Die Qualität muss stimmen, denn das ist auch die Form der Wertschätzung, die man den Bewerbern entgegenbringt.
Wie können Unternehmen Videoformate am besten und effektivsten in ihre Recruiting-Formate als „HR-Waffe“ einbinden?
Der große Vorteil von Videos in Social Media ist die einfache Distribution. Das leisten „normale“ Jobbörsen nicht in dem Maße. Dort müssen Jobsuchende auch selbst aktiv werden, Filter anpassen, Mail-Benachrichtigungen einrichten und sich bei passenden Stellen dann oft noch separat über die Details der Stellenausschreibung und das Unternehmen informieren. Mit Videos erreicht man die Zielgruppe der Arbeitssuchenden und Wechselwilligen im Privaten oder auf dem Heimweg in der Bahn – auch hier haben wir wie im Marketing das Thema stationär vs. mobil. Der Vorteil ist zudem, dass die Gestaltungsmöglichkeiten wesentlich dynamischer sind, z. B. durch entsprechende Testphasen. Es bietet sich zudem die große Möglichkeit, veraltete Formen der Außendarstellung hinter sich zu lassen und die Leute zu zeigen, die das Unternehmen wirklich darstellen und ausmachen.
Woran fehlt es – abgesehen von der üblichen Budgetfrage – am häufigsten, wenn es um die Umsetzung von Videoprojekten für ein erfolgreiches Personalgewinnungsmarketing geht?
Die größte Bremse – wie bei jeder anderen Innovation auch – ist die Haltung: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Zudem fehlt es noch zu oft am (passenden) Personal, das sich Zeit dafür nehmen darf und soll. Die Entscheider müssten hier deutlich offener und risikofreudiger werden. Generell ist immer noch zu wenig Begeisterung für Social Media zu spüren, was nicht zuletzt daran liegt, dass man es bei Personalern oft mit einer Personengruppe zu tun hat, die noch viel zu sehr der Welt der Finanzen und Verträge entstammt und weiterhin im Kontext des Geld-Erbsenzählers beheimatet und verhaftet ist. Selbst dann, wenn das Personal und das Geld vorhanden sind, mangelt es viel zu oft an der Bereitschaft für entsprechende frische und moderne Initiativen.
Wie würden Sie die Bedeutung und die Möglichkeiten von Videobewerbungen und den Einsatz von Videos in Social Media im Recruiting prägnant zusammenfassen?
Die virtuelle Einladung hat für sich genommen schon einige Vorteile, die über die Zeit- und Kostenersparnis hinausgehen, wie ich als Arbeitgeber aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Denn schon hier kann ich einige für mich entscheidenden Soft Skills herausfiltern – vom Sympathiefaktor ganz abgesehen. Solche Selbstpräsentationen im Mini-Video haben mir schon im Voraus viel Zeit und Energie erspart, die ich in einem klassischen Bewerbungsverfahren hätte investieren müssen. Nach drei im Vorfeld gestellten Fragen kann ich „Äpfel mit Äpfeln“ vergleichen. Da spart man sich dann schnell einiges an weiterem Aufwand, außerdem geht es auch gerechter zu und man bekommt von der Art des Bewerbers ausreichend mit, um zu entscheiden, ob es im Verfahren weitergehen wird und man sich persönlich kennenlernen möchte.
Das Unschlagbare am Videoformat bei der Personalsuche und beim Bewerben ist und bleibt, dass es wesentlich mehr an Lebendigkeit und Authentizität mit sich bringt, als es jedes gedruckte Wort oder jeder Online-Text es je könnte – und das auf beiden Seiten. Das Medium Video im Bewerbungsprozess stellt für mich eine der besten und effektivsten ersten Brücken zwischen Bewerbern und Entscheidern dar, die es geben kann. Und die derzeitigen besonderen Anforderungen und Herausforderungen für das Recruiting bestätigen und befördern das mehr denn je.
Das Interview führte Dr. Silvija Franjic, Online-Redakteurin und Jobcoach
Daniel Merkel, Inhaber der Werbeagentur
DER PUNKT GmbH, Begründer
der Video-Jobbörse JOBSAROUND.tv