Geldleistung oder Sachbezug? : Zuwendungsmanagement
Gut Ding braucht Weile. Die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigen Geldleistungen und steuerfreien Sachbezügen durch die neuen Bestimmungen des Jahressteuergesetzes 2020 wurde nun vorgenommen. Dies geschah vor dem Hintergrund der mehrjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zuletzt aus dem Jahr 2018 sowie unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften.
Steuerliche Zuwendungen im Überblick
Der Gesetzgeber hat in § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG durch die neue Definition „Zu den Einnahmen in Geld gehören“ festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. Die BFH-Urteile vom 11.11.2010 (BStBl. 2011 II Seite 383, 386 und 389), vom 07.06.2018 und vom 04.07.2018 sind nun überholt.
Steuerliche Zuwendungen im Überblick
In § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG werden bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) hingegen als Sachbezug gesetzlich definiert. Voraussetzung ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Zusätzlich müssen ab dem 01.01.2022 die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllt werden.
Damit entfallen etwa die vom Arbeitgeber selbst ausgestellten Gutscheine als Variante, denn in diesen Fällen handelt es sich oft um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung. Die vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z. B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten stellen keinen zusätzlichen geldwerten Vorteil dar. Die 44-Euro-Freigrenze (diese liegt ab dem 01.01.2022 bei 50 Euro) ist bei Gutscheinen und Geldkarten nur dann anwendbar, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz i. V. m. § 8 Absatz 4 EStG). Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen.
Steuerliche Sachbezüge
Sachbezüge im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ein Sachbezug liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch eine Geldleistung verlangen kann, selbst wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet (BFH-Urteil vom 04.07.2018).
Neben der Gewährung von Versicherungsschutzleistungen, verbilligten Mahlzeiten sowie Geldkarten und Gutscheinen zum Bezug von Waren und Dienstleistungen gibt es eine große Zahl von Zuwendungen mit besonderen Zielsetzungen. Hierunter fallen solche Gutscheine oder Geldkarten, die ab 2022 die ZAG erfüllen müssen.
Diese umfassen Leistungen:
- zur Nutzung des Personennah- und Fernverkehrs (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park-and-ride-Parkgelegenheiten), einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern), Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
- Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
- Streamingdienste für Film und Musik,
- Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads, Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
- die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
- Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen),
- Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung,
- Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken),
- Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen,
- Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG).
Kein steuerlich begünstigter Sachbezug, sondern eine Geldleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 und 2 EStG ist unter anderem eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt (BFH-Urteil vom 04.07.2018).
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 50 EStG für Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für diesen auszugeben (durchlaufende Gelder), und für Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz), bleibt hiervon unberührt.
Besteht ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an den bezogenen Waren oder Dienstleistungen, etwa für den privaten Gebrauch, so liegen kein steuerfreier Auslagenersatz und auch keine durchlaufenden Gelder im Sinne des § 3 Nr. 50 EStG vor (R 3.50 Absatz 1 Satz 3 LStR).
Steuerliche Behandlung von Gutscheinen und Geldkarten
Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens, weil der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält (§ 38 Absatz 2 Satz 2 EStG, R 38.2 Absatz 3 Satz 1 LStR).
Sofern die Einlösung beim Arbeitgeber erfolgt, dann gilt als Zufluss des Sachbezugs der Zeitpunkt der Einlösung (§ 38 Absatz 2 Satz 2 EStG, R 38.2 Absatz 3 Satz 2 LStR). Die funktionale Begrenzung der Gutscheine und Geldkarten ist durch technische Vorkehrungen und die Vertragsvereinbarungen sicherzustellen.
Die konkrete aufsichtsrechtliche Einordnung einer Geldkarte als Zahlungsdienst oder eine Bescheinigung über die aufsichtsrechtliche Erfüllung der Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist für die Finanzverwaltung nicht bindend.
Fazit
Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben weiterhin die kostenschonende Gewährung einer Fülle von steuerfreien Zuwendungen. Es ist in der betrieblichen Umsetzung strikt darauf zu achten, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und die künftig weiterhin zu erwartenden Regelungen ständig im Blick zu halten. Dies trägt zu einer attraktiven Vergütungspolitik bei und fördert die Motivation der Beschäftigten sowie die Attraktivität des Arbeitgebers.
Raschid Bouabba, MCGB GmbH