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Aktuelles aus der betrieblichen Altersversorgung

Lesezeit 5 Min.

Der Betriebsrentenfreibetrag: Start im Oktober 2020?

Das „Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge“ (GKV-BRG) vom 21.12.2019 (siehe Bundesgesetzblatt 2019 Teil I Nr. 52 vom 30.12.2019, Seiten 2913 und 2914) ist zwar schon am 01.01.2020 in Kraft getreten, die Realisierung in der Entgeltabrechnung für Firmenrentner war bisher aber noch nicht komplett möglich. Die Abrechnungssoftware der Arbeitgeber steht schon „Gewehr bei Fuß“, doch die IT der Krankenkassen soll erst ab Oktober 2020 so weit sein, dass die notwendigen Daten an die Zahlstellen gemeldet werden können. Da es also nun doch „Ernst“ wird, hier eine Übersicht zu den neuen Regeln rund um die Krankenversicherung (KV) von Firmenrentnern.

In § 226 Abs. 2 SGB V: Ab 01.01.2020 wurde zusätzlich zur Einkommensuntergrenze zur Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen KV im Zahlstellen-Meldeverfahren (Krankenversicherung der Rentner (KVdR)) für Versorgungsbezüge ein Freibetrag eingeführt. Damit bleibt monatlich von Versorgungsbezügen ein Betrag bis zu einer Höhe von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße KV (2020 = 159,25 Euro) ohne Abzug von Beiträgen zur gesetzlichen KV.

Das gilt jedoch nur für die KV, nicht für die Pflegeversicherung(PV). Zur Berechnung der Beiträge zur PV bleibt es bei der Einkommensuntergrenze von monatlich 1/20 der monatlichen Bezugsgröße KV (2020 = 159,25 Euro) als Freigrenze.

Der KV-Freibetrag gilt

  • unabhängig davon, wann der Rentenbezug begonnen hat,
  • auch in Verbindung mit Beiträgen, die für 1/120-stel einer Kapitalauszahlung (noch) zu zahlen sind,
  • NICHT für in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) freiwillig Versicherte und Versicherte in der privaten Krankenversicherung (PKV).

Der KV-Freibetrag ist

  • in einem ersten Schritt von den dem Grunde nach gesamten beitragspflichtigen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) abzuziehen (d. h. ohne Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG))
  • und erst in einem zweiten Schritt auf die BBG zu begrenzen.

Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB V gelten als Versorgungsbezug der (gesetzlichen) Rente vergleichbare Einnahmen, z. B.:

  • Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis,
  • Versorgungsbezüge aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen,
  • Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischer Staatssekretäre und Minister,
  • Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen,
  • Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
  • Renten aus der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 SGB V).

Das sind also insbesondere Renten, die aus Beiträgen resultieren, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses eingezahlt wurden

  • aufgrund einer Direktzusage (Firmenrente),
  • aus einer Unterstützungskasse,
  • von einer Direktversicherung,
  • von einer Pensionskasse,
  • von einem Pensionsfonds,

soweit diese Renten aus Beiträgen resultieren, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses erbracht wurden (betriebliche Altersversorgung).

Durch Anwendung des KV-Freibetrags für diese Renten ergibt sich ab Januar 2020 eine monatliche Beitragsersparnis von maximal 14,6 Prozent (allgemeiner Beitragssatz) + 1,1 Prozent (durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz) = 15,7 Prozent von 159,25 Euro = 25,00 Euro.

Ca. 60 Prozent aller Betriebsrentner haben nicht mehr als 318,50 Euro Firmenrente monatlich. Nach der Neuregelung zahlen sie rechnerisch höchstens den halben KV-Beitrag. Die Beitragsentlastung durch den Wegfall der Beiträge für die ersten 159,25 Euro wirkt sich auch bei den Betriebsrentnern aus, deren Firmenrente über 318,50 Euro monatlich liegt.

Der Freibetrag gilt nicht für Renten aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder aus einem Pensionsfonds, die aus Beiträgen resultieren, die nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses eingezahlt wurden (z. B. private Einzahlungen nach Austritt und Übertragung der Versicherung auf den Arbeitnehmer), sowie nicht für Renten aus reinen privaten Altersvorsorgeverträgen (Rürup-Renten).

Ein rotes Absatzsymbol steht auf einem Stapel Dokumente, im Hintergrund sieht man eine Person, die schreibt und an Papierkram arbeitet, und symbolisiert so die juristische Arbeit oder das Studium der Rechtswissenschaften.

Bei gesetzlichen Renten gelten die bisherigen Regelungen weiter, der neue Freibetrag ist hier also nicht anzuwenden. Riester-Renten sind grundsätzlich beitragsfrei.

In § 202 Abs. 1 SGB V ist geregelt, dass die gesetzliche Krankenkasse der Zahlstelle (das ist für Firmenrenten der Arbeitgeber bzw. die Unterstützungskasse) mitteilen muss, ob und in welcher Höhe der Freibetrag anzuwenden ist. Dazu wurde das KVdR-Meldeverfahren angepasst. In der Entgeltabrechnung für Firmenrentner wird dieser Freibetrag berücksichtigt

Die „Hinweise aus dem Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes 2019/734 vom 20.12.2019“ sagen dazu Folgendes:

Es bleibt der Krankenkasse überlassen, welcher Leistung bzw. welchen Leistungen sie in welcher Höhe den Freibetrag zuordnet. Das wird in aller Regel auch davon abhängig sein, welche der zu berücksichtigenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zeitlich zuerst bezogen wird.

Die Krankenkassen sind nur in den Fällen eines Mehrfachbezugs von Leistungen der bAV zur Rückmeldung zum Freibetrag an die Zahlstellen verpflichtet. Die Zahlstellen können also in den Fällen, in denen sie keine Rückmeldung der Krankenkasse über einen Mehrfachbezug von Versorgungsbezügen erhalten haben und daher von einem Einfachbezug ausgehen müssen, auch ohne Anpassung des Zahlstellen-Meldeverfahrens den Freibetrag im Rahmen der Beitragsberechnung selbstständig und zeitnah anwenden.

Bei den Firmenrentnern, die keinen Mehrfach-Rentenbezug haben, konnte der KV-Freibetrag bereits rückwirkend ab Januar 2020 angewendet werden. Das Abrechnungsprogramm kann dabei auf die vorliegenden Informationen aus dem KVdR-Meldeverfahren zugreifen und erkennen, ob der Firmenrentner nur diese Firmenrente erhält.

In den Fällen des Mehrfachbezugs soll die technische Umsetzung bei den Zahlstellen und den Krankenkassen ab Oktober 2020 erfolgen, dann jedoch rückwirkend ab 01.01.2020. Dadurch werden in der Regel Rückrechnungen notwendig. Eine Verzinsung der insoweit vor der Korrektur zu Unrecht entrichteten Beiträge schließt das Gesetz ausdrücklich aus.

Nach Erhalt der entsprechenden KVdR-Meldungen von den Krankenkassen sind bei den Firmenrentnern mit Mehrfach-Rentenbezug entsprechende Rückrechnungen ab Januar 2020 zu erstellen. Ggf. werden diese von der Abrechnungssoftware automatisch angestoßen. Bei Leistungen der bAV (Renten, Kapitalleistung, Kapitalabfindung) muss die Zahlstelle der Krankenkasse das Kennzeichen 5 im Feld ART VB melden.

In der Rückmeldung von der Krankenkasse an die Zahlstelle gibt es dazu zwei Felder:

KENNZFB:            über dieses Kennzeichen erfolgt die Feststellung des Anspruchs auf einen Freibetrag dem Grunde nach. Möglich sind die Angaben Ja/Nein/Anteilig.

FB:                          soweit ein anteiliger Anspruch auf den Freibetrag besteht, wird hier der zu beanspruchende (Rest-) Freibetrag angegeben.

Das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 20.12.2019 enthält viele Beispiele zur Berechnung des ggf. anteiligen Freibetrags. Die ab 01.10.2020 anzuwendenden Grundsätze zum Zahlstellen-Meldeverfahren wurden mit Datum 13.02.2020 veröffentlicht.

Der durch den KV-Freibetrag für Rentner entstehende Beitragsausfall bei den Krankenkassen könnte von diesen nur durch eine Anhebung des Zusatzbeitrags ausgeglichen werden. Das soll vermieden werden, da dieser auch von allen aktiven Arbeitnehmern und deren Arbeitgebern je zur Hälfte zu zahlen ist. Deshalb wird nach § 271 Abs. 2 SGB V die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zurückgefahren von bisher mindestens 25 Prozent der durchschnittlich auf den Monat entfallenden Ausgaben des Gesundheitsfonds auf 20 Prozent.

Die grundsätzlichen Probleme

  • Tragen des vollen Beitragssatzes seit 2004 (bis 2003 nur 50 Prozent),
  • Verbeitragung der Sparleistung und der Auszahlung (z. B. nach § 40b EStG a. F. bei Entgeltumwandlung aus laufenden Bezügen sowie nach § 3 Nr. 63 EStG, soweit die Beiträge über 4 Prozent der BBG liegen),
  • Ansetzen des allgemeinen Beitragssatzes, obwohl kein Anspruch auf Krankengeld besteht, wodurch eigentlich der ermäßigte Beitragssatz anzuwenden wäre, bleiben unverändert.

Thomas Fromme

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