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Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst

In dieser Rubrik werden aktuelle Entscheidungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes relevant sind, wiedergegeben.

Lesezeit 2 Min.

Kopftuchverbot; Benachteiligung wegen der Religion

Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 28/20 zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 27.08.2020 – 8 AZR 62/19 –: Der Umstand, dass ein Mitarbeiter der Zentralen Bewerbungsstelle die Klägerin im Anschluss an das Bewerbungsgespräch auf die Rechtslage nach dem sog. Berliner Neutralitätsgesetz angesprochen und die Klägerin daraufhin erklärt hat, sie werde das Kopftuch auch im Unterricht nicht ablegen, begründet die Vermutung, dass die Klägerin wegen der Religion benachteiligt wurde. Diese Vermutung hat das beklagte Land nicht widerlegt. Die Benachteiligung der Klägerin ist nicht nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt.

Untersagung einer Nebentätigkeit gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L

Im Anschluss die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 19.12.2019 – 6 AZR 23/19 –:

  1. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit umfasst auch die Ausübung einer Nebentätigkeit. Will der Arbeitgeber diese untersagen, sind das Interesse des Arbeitnehmers an der Ausübung der Nebentätigkeit und das Interesse des Arbeitgebers an ihrer Unterlassung gegeneinander abzuwägen und so weit wie möglich zum Ausgleich zu bringen (Rn. 21 f.).
  2. Die Regelung des Nebentätigkeitsrechts in § 3 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV-L verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 TV-L haben die Beschäftigten eine beabsichtigte entgeltliche Nebentätigkeit lediglich rechtzeitig schriftlich anzuzeigen. § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L berechtigt den Arbeitgeber, diese Nebentätigkeit ausnahmsweise zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 4 Satz 2 TV-L sind im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen. Bei der Rechtsanwendung sind die Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verfassungskonform zu berücksichtigen (Rn. 23).
  3. § 3 Abs. 4 TV-L verweist anders als § 11 Satz 1 BAT nicht auf beamtenrechtliche Regelungen. Solche dürfen für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Nebentätigkeit auch nicht als Orientierungsmaßstab herangezogen werden (Rn. 27).
  4. § 3 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 TV-L verlangt kein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung berechtigter Interessen des Arbeitgebers. Es genügt, wenn die nicht fernliegende Gefahr einer Beeinträchtigung besteht. Hierfür trägt der Arbeitgeber im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast (Rn. 25).
  5. Der öffentliche Arbeitgeber hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, dass sein öffentliches Erscheinungsbild und seine Integrität durch die entgeltliche Nebentätigkeit eines Arbeitnehmers nicht beschädigt werden (Rn. 29).

Befristung; Erprobung; Führungsposition

Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 19.11.2019 – 7 AZR 311/18 –:

  1. Nach § 31 Abs. 3 TV-L kann einer/einem Beschäftigten vorübergehend eine Führungsposition bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren übertragen werden, wenn bereits ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber besteht. Diese Vorschrift greift nur ein, wenn bereits vor der befristeten Übertragung der Führungsposition ein unbefristetes oder ein mindestens für die Dauer der beabsichtigten Führungstätigkeit befristetes Arbeitsverhältnis begründet war (Rn. 20).
  2. Ist ein Arbeitsvertrag nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TV-L wirksam zum Zwecke der Erprobung befristet, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Vertragslaufzeit unabhängig davon, ob sich die/der Beschäftigte in der Führungsposition bewährt hat oder nicht (Rn. 23).
  3. Die Arbeitsvertragsparteien können die in § 31 Abs. 1 Satz 1 TV-L vorgesehene Gesamtdauer von zwei Jahren jedenfalls dann ausschöpfen, ohne dass dies gegen die Vorgaben des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG verstößt, wenn die Umstände des Einzelfalls eine solche Erprobungsdauer angemessen erscheinen lassen (Rn. 29 ff.).

Claudia Czingon

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