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Betriebsprüfung : Auf dem Prüfstand

Bei dem Wort „Prüfung“ läuft es vielen von uns schon seit Schulzeitgedenken kalt über den Rücken. Die Angst, zu versagen, ist groß. Dabei ist es damals in der Schule wie heute: Wer seine Hausaufgaben ordentlich erledigt hat, sollte sich keine Sorgen machen. Das gilt auch für Unternehmen bei der Betriebsprüfung. Ob steuer- oder sozialversicherungsrechtlich: Mit der richtigen Vorbereitung und Durchführung können Unternehmer auch nach dem Kontrollbesuch ruhig schlafen.

Philipp R. KinzelFokus
Lesezeit 5 Min.
Ein Geschäftsmann analysiert einen umfassenden Finanzbericht, der auf einer transparenten digitalen Schnittstelle angezeigt wird und Visualisierungen von Bilanz, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Gewinn- und Verlustrechnung und Cashflow enthält.

Das Steuer-Ungeheuer: die Betriebsprüfung – um was geht’s?

Selbstständige, Freiberufler, Unternehmen – sie alle kann eine steuerliche Betriebsprüfung treffen. Dabei handelt es sich um eine Außenprüfung, die das zuständige Finanzamt durchführt. Die steuerliche Gesamtprüfung kündigt die Behörde zuvor im Rahmen einer Prüfungsordnung an. Die Wahrscheinlichkeit, davon häufig betroffen zu sein, ist eher gering. Im Durchschnitt trifft es Großbetriebe alle vier Jahre, Kleinbetriebe dagegen nur alle 31 Jahre. Die Gründe, warum das Finanzamt eine solche Kontrolle veranlasst, sind vielfältig. Hat es aber durch Auffälligkeiten einen Betrieb ins Visier genommen, ist eine Prüfung nur eine Frage der Zeit. Beispielsweise, wenn die Steuererklärung des Betroffenen Lücken aufweist. Wenn Unternehmen die Steuern stets verspätet zahlen oder die Gewinne sehr stark schwanken. Auch hohe Steuernachzahlungen oder das immer wieder verzögerte Einreichen der Steuererklärung stimmen das Finanzamt oftmals stutzig.

Wenn sich der Finanzbeamte ankündigt

Post vom Finanzamt, die Betriebsprüfung steht an. Manch einem Unternehmer mag jetzt der Schweiß auf der Stirn stehen. Circa zwei Wochen – bei Großunternehmen vier – bleiben ihm, um sich auf den Besuch vorzubereiten. Was er mit dem Erhalt der Prüfungsordnung bereits an Informationen erhält: Name des Prüfers, Prüfungsort, Prüfungstermin sowie den relevanten Prüfungszeitraum. Meist sind das die vergangenen drei Jahre. In der Regel findet der Termin in den eigenen Geschäftsräumen statt. Verfügen Betriebe über keine diesbezügliche Möglichkeit, kann die Prüfung gegebenenfalls auch beim Steuerberater oder in Ausnahmefällen beim Finanzamt stattfinden.

Lieber Vor- als Nachsicht

Damit die Betriebsprüfung reibungslos abläuft, gibt es einige Stellschrauben, an denen Unternehmer vorab drehen können. Hier ein paar Tipps:

1. Termincheck

Ist der Termin, den die Finanzverwaltung angekündigt hat, passend? Wegen Urlaub, Krankheit, Umbaumaßnahmen oder wichtigen zeitgebundenen Arbeiten wie beispielsweise den Jahresabschlussvorbereitungen akzeptiert das Finanzamt für gewöhnlich eine Verschiebung. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Der Steuerzahler sollte einen Einspruch nur dann erheben, wenn er die Situation gut begründen kann – ansonsten hat der Prüfer vermutlich von Anfang an Vorbehalte.

2. Den Steuerberater rechtzeitig ins Boot holen

In welchem Umfang kann der Steuerberater die Prüfung begleiten? Ist er im Prüfungszeitraum erreichbar? Das sollten Unternehmen rechtzeitig klären. Außerdem kann er bereits im Vorfeld unterstützend tätig sein: Er weiß, worauf es bei einer Prüfung ankommt und wie diese ablaufen wird. Kleiner Tipp am Rande: Betroffene sollten bereits vorab eine Honorarobergrenze für diesen Zeitraum mit ihm verhandeln – andernfalls droht eventuell eine kostenintensive Überraschung.

3. Alle relevanten Unterlagen vorbereiten

A und O der Vorbereitung ist, dass alle Unterlagen des angesetzten Prüfungszeitraums parat liegen. Das stimmt den Prüfer milde – schließlich ist nichts nerviger als fehlende Unterlagen – und beschleunigt das Verfahren. Zu den wichtigsten Unterlagen gehören unter anderem:

Buchführung:
Q Anlagen- und Finanzbuchführung
Q Lohnbuchführung
Q Personen- und Sachkonten
Q Summen- und Saldenlisten
Q Buchungsbelege
(z. B. Bank- und Kassenbelege,
Ausgangs- und Eingangsrechnungen)
Verträge:
Q Gesellschaftsverträge
Q Anstellungsverträge
Q Tantiemen-Vereinbarungen
Q Geschäftsführerverträge
Q Darlehensverträge
Q Angehörigenverträge
(beispielsw. Arbeits- u. Mietverträge)
Q Leasingverträge
Q Miet- und Pachtverträge
Q Kaufverträge
Q Pensionszusagen
Q Versicherungsverträge
Jahresabschluss:
Q Bilanzen
Q Inventurberichte
Q Unterlagen zu Anspar- und Sonderabschreibungen
sowie Investitionsbeiträgen
Q Unterlagen zur Forderungsbewertung
Q Unterlagen zu Rückstellungen
(z. B. Abfindungen, Garantie, Pension,
Prozesskosten, Urlaub)
Q Unterlagen zu Rücklagen
Sonstiges:
Q Fahrtenbücher
Q Nachweise für Bruttolistenpreis bei
der 1-Prozent-Regel (z. B. Fahrzeugrechnung,
Leasingvertrag, Bestätigung
des Autohauses)
Q Gutachten
Q Unterlagen über
private Nutzungsanteile

Unternehmer sollten diese Unterlagen vor der Prüfung – zumindest auf offensichtliche – Schwachstellen durchsehen und gegebenenfalls – falls noch möglich – berichtigen.

4. Daten bereitstellen und sensible Informationen tabuisieren

Wer Informationen digital archiviert, stellt dem Prüfer die Daten elektronisch zur Verfügung – beispielsweise auf einem maschinell auswertbaren Datenträger. Nach Abschluss der Prüfung ist der Finanzbeamte verpflichtet, den Stick zurückzugeben und die Daten zu löschen. Unternehmer sollten dabei ihre Daten schützen und sicherstellen, dass der Betriebsprüfer keine Informationen einsieht, die nicht in den Prüfungszeitraum gehören. Sensible Daten von Mitarbeitern und Kunden sollten jederzeit tabu und mit einem extra Passwort geschützt sein.

5. Mitarbeiter instruieren, Smalltalk ignorieren

Die Sonne scheint, der Sommer neigt sich dem Ende zu. Typische Smalltalk-Themen können Betroffene natürlich bespielen. Bei Fangfragen oder unbedachten Äußerungen ist allerdings Vorsicht geboten – selbst private Fragen zu Urlaub oder Fahrzeugen können bereits Teil einer Betriebsprüfung sein und am Ende Unannehmlichkeiten verursachen. Wer sich bei Erkundigungen unsicher ist, sollte sich Bedenkzeit einräumen und gegebenenfalls Rücksprache mit dem Steuerberater halten. Zudem sollten Unternehmen gezielt Mitarbeiter bestimmen, die dem Prüfer dezidiert Auskunft erteilen dürfen. Betriebe sind dazu verpflichtet, den Finanzbeamten in seiner Arbeit zu unterstützen. Alle anderen Mitarbeiter sollten instruiert sein, keine wichtigen Unterlagen offen herumliegen zu lassen oder unbedarft Äußerungen zu tätigen.

6. Schlussbesprechung vorbereiten

Gibt es noch offene Fragen? Dann sollten Betroffene diese im Rahmen einer Schlussbesprechung klären.

7. Fristgerecht Einspruch einlegen

Mit dem abschließenden Bericht erhalten Unternehmen die endgültigen Steuerbescheide – ab dann haben Betroffene die Möglichkeit, innerhalb einer vorgeschriebenen Frist Einspruch einzulegen.

Wenn der Betriebsprüfer der Rentenversicherung seinen Besuch ankündigt

Ähnlich ist das Szenario, wenn die Rentenversicherung ihre Betriebsprüfung ankündigt. Sie findet mindestens alle vier Jahre statt. Der Betriebsprüfer kontrolliert, ob im Rahmen der Entgeltabrechnung die folgenden Beiträge, Umlagen und Abgaben richtig berechnet sowie abgeführt worden sind und Betroffene ihren Meldepflichten nachgekommen sind:

  • Beiträge zur Sozialversicherung
  • Umlagen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsgeld
  • Künstlersozialabgabe
  • Insolvenzgeldumlage
  • Unfallversicherungsbeiträge

Außerdem checkt der Prüfer:

  • Beschäftigungsverhältnisse
  • Scheinselbstständigkeiten
  • Wertguthabenvereinbarungen den Bericht der Lohnsteuer-Außenprüfung.

Derzeit ist die elektronische Betriebsprüfung der Rentenversicherung noch freiwillig, das ändert sich aber künftig:

  • Ab 01.01.2022 müssen Arbeitgeber alle Entgeltunterlagen digital führen.
  • Ab 01.01.2023 wird die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP) für Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtend.
  • Bis 31.12.2026 haben Arbeitgeber in einem begründeten Einzelfall auf Antrag die Möglichkeit, von der elektronischen Prüfung entbunden zu werden.

Philipp R. Kinzel

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