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Selbstständige Payroller : Mit beiden Beinen fest in der Selbstständigkeit

Was Sie bei der Gründung eines Buchhaltungsbüros beachten sollten.

Fokus
Lesezeit 4 Min.
Auf einem Bild ist eine berufstätige Frau im gepunkteten Blazer zu sehen, die fleißig an ihrem Schreibtisch mit einem Computer und Dokumenten arbeitet, auf dem anderen Bild lächelt sie selbstbewusst an ihrem Arbeitsplatz.

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Es stürmt. Heftig. Der Deutsche Wetterdienst hat eine Unwetterwarnung herausgegeben und ermutigt jeden, der die Möglichkeit dazu hat, heute zu Hause zu bleiben. Für Sie kein Problem: Sie schlüpfen in Ihre Hausschuhe, brühen sich eine heiße Tasse Kaffee und bemitleiden jeden Arbeitnehmer, der heute seine eigenen vier Wände verlassen muss. Sie dagegen schlürfen ins Nachbarzimmer und schalten Ihren PC an. Ihre To-do schreiben Sie sich selbst. Schließlich sind Sie Ihr eigener Chef. Niemand sagt Ihnen, was Sie zu tun haben. Und wie viel Sie verdienen? Darauf haben Sie selbst einen entscheidenden Einfluss. Klingt traumhaft? Ist es auch. Damit aber aus der romantischen Vorstellung der Selbstständigkeit nicht selbst und ständig wird, sollten Sie aber einige Aspekte beachten, bevor Sie Ihr eigenes Buchhaltungsbüro gründen.

Was Sie fachlich und persönlich mitbringen sollten

Journalist darf sich jeder in Deutschland schimpfen – ohne je eine Zeile zu Papier oder einen geraden Satz vor einer Kamera herausgebracht zu haben. Anders ist das als Buchhalter. Wer selbstständig agieren möchte, muss die gesetzlichen Vorgaben nach dem Steuerberatungsgesetz (§ 6 Nr. 4 StBerG) erfüllen:

„… Personen, die nach Bestehender Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Vorbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind“

Eine gleichwertige Vorbildung kann entweder ein wirtschaftswissenschaftliches Studium oder eine erfolgreich abgelegte Bilanzbuchhalterprüfung vor dem Gremium der IHK-Akademie sein. Bei einer GmbH müssen bei den Geschäftsführern, bei einer GbR bei den Gesellschaftern die Voraussetzungen nach § 6 Nr. 4 StBerG vorliegen.

Der Beruf erfordert umfangreiche Kenntnisse im Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht und dem allgemeinen Wirtschaftsrecht. Füße hochlegen und Däumchen drehen ist da leider nicht drin. Im Gegenteil: Wer seinen Wissensstand aktuell halten möchte, besucht kontinuierlich Fort- und Weiterbildungen. Schließlich verdreht Ihnen der Gesetzgeber stetig Paragraphen – Ihr Wissen von heute ist demnach alsbald das von gestern.

Die richtige Rechtsform implementieren

Ob Einzelfirma, GmbH oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – für welche Rechtsform Sie sich auch entscheiden: Sie unterliegen unterschiedlichen Anforderungen bei der Einrichtung Ihres Büros, dem Betrieb oder der Liquidation. Beachten Sie zudem die Regelungen hinsichtlich des Grundkapitals, der Anzahl und Verpflichtungen der Gesellschafter sowie der Geschäftsführerbefugnisse und Bilanzierungspflicht.

Als Einzelfirma oder GbR melden Sie eine gewerbliche Tätigkeit beim Gewerbeamt nach § 14 Gewerbeordnung an. Das müssen Sie auch dann, wenn Sie nur als Nebentätigkeit selbstständig sind.

Eine lächelnde Frau in einem Büro, die verspielt hinter einem Stapel Ordner auf ihrem Schreibtisch hervorlugt, umgeben von Computermonitoren und Büromaterial.

Name geben und Aufmerksamkeit erregen

Einfach und verständlich soll er sein. Aufmerksamkeitsstark. Und Ihre Mandanten sollten ihn im Kopf behalten. Ja – Ihr Name entscheidet ein Stück weit auch über Ihren Erfolg. Deswegen verkünsteln Sie sich besser nicht zu sehr und bleiben Sie authentisch auf dem Boden der Tatsachen.

Gemäß § 8 Abs. 4 StBerG dürfen Sie sich als Buchhalter, geprüfter Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt bezeichnen. Diese Berufsbezeichnung darf nur in Zusammenhang mit der Einschränkung „Buchung laufender Geschäftsvorfälle“ beziehungsweise „laufende Lohnabrechnung und Lohnsteueranmeldung“ verwendet werden.

Werbung. Werbung. Werbung.

Diesen Zusatz benötigen Sie auch, wenn Sie sich in das Branchenbuch eintragen lassen. Eine kostengünstige und daher recht wirksame Methode, um auf sich aufmerksam zu machen. Wo wir beim Punkt Werben wären. Denn auch das gehört dazu, möchten Sie Mandanten gewinnen. Weitere Möglichkeiten sind Inserate, direkte Werbung bei potenziellen Mandanten, eine eigene Homepage oder die Listung bei Verbänden.

Die beste Werbung sind natürlich zufriedene Mandanten. Zudem können Sie Ihr Fachwissen nutzen und in Vorträgen vor potenziellen Kunden glänzen. Übrigens: Als Dozent unterliegen Sie nicht den Beschränkungen des Steuerberatungsgesetzes.

Das können Sie verlangen

Wie viel Sie verdienen, bestimmen Sie. Denn als selbstständiger Buchhalter unterliegen Sie keiner Gebührenverordnung. Allerdings gibt es Richtwerte, an denen Sie sich orientieren können – sogenannte Gebührentabellen. Entscheiden Sie sich beispielsweise, nach Zeit abzurechnen, liegt der durchschnittliche Stundensatz bei selbstständigen Buchhaltern schätzungsweise bei 30 bis 50 Euro. Es empfiehlt sich – gerade als Lohnbuchhalter – eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abzuschließen. Sollten Sie für Fehler haftbar gemacht werden, sind Sie dadurch unter Umständen abgesichert.

Mit der richtigen Software arbeiten

Soll’s lieber der Ferrari unter den Abrechnungsprogrammen sein oder entscheiden Sie sich für die bodenständige, kostengünstige Variante? Wie im Rennsport sollten Sie vorher genau abwägen, welche Software Sie künftig sicher und schnell an Ihr Ziel bringen soll. Überlegen Sie: Was soll Ihr Programm können und auf was verzichten Sie lieber? Was darf es kosten? Lesen Sie Erfahrungsberichte von Anwendern und nutzen Sie kostenlose Testversionen zum Ausprobieren. Denn eines sollte Ihnen klar sein: Ihre Software ist im Idealfall wie Ihr Ehepartner – der will nicht allzu schnell gewechselt werden.

Den Plan vom eigenen Business

Eine lächelnde Frau mit den Händen hinter dem Kopf in einer entspannten Haltung, den Blick nach oben und zur Seite vor einem weißen Hintergrund gerichtet.

Ein Businessplan erleichtert Ihnen die Existenzgründung. Schritt für Schritt entwickeln und durchdenken Sie Ihr Konzept hin zur beruflichen Freiheit. Sie haben Ihre Zahlen schwarz auf weiß und können diese bei Bedarf Geldgebern vorlegen, sollten Sie finanzielle Unterstützung bei Ihrem Vorhaben benötigen. Mit einer Gründung, die von Anfang an Hand und Fuß hat, blicken Sie den Stürmen des Lebens gelassen entgegen.

Philipp R. Kinzel

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