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Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

Praxis
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Konsultationsvereinbarung mit Belgien verlängert

Am 31.08.2020 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) die bereits dritte Verlängerung der Konsultationsvereinbarung mit dem Königreich Belgien über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns für Grenzpendelnde. Die deutsch-belgische Vereinbarung wurde erstmals am 06.05.2020 abgeschlossen und am 20.05.2020 sowie 22.06.2020 verlängert. Die zuständigen Behörden Deutschlands und Belgiens haben nun vereinbart, die Anwendung der Konsultationsvereinbarung bis zum 31.12.2020 zu verlängern.

Quelle: BMF-Schreiben vom 28.08.2020 – IV B 3 – S 1301-BEL/20/10002:001

Entwurf Jahressteuergesetz 2020

Das Bundeskabinett hat am 02.09.2020 den Entwurf für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen.

In dem Gesetzesentwurf sind eine Vielzahl von Änderungen enthalten. Ziel für die Bundesregierung ist es, wichtige steuerliche Verbesserungen für die zielgenaue Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, die Kurzarbeit und verbilligte Wohnraumvermietung umzusetzen. Außerdem sind Maßnahmen für mehr Digitalisierung und zur Bekämpfung von Steuergestaltungen vorgesehen.

Die Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld wird bis zum 31.12.2021 verlängert und damit der Beschluss des Koalitionsausschusses vom 25.08.2020 umgesetzt.

Dadurch wird die durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom 16.06.2020 eingeführte begrenzte und befristete Steuerfreiheit von Arbeitgeberzuschüssen zum Kurzarbeitergeld im bestehenden Umfang auf die Lohnzahlungszeiträume des Kalenderjahres 2021 ausgedehnt.

Gehaltsverzicht oder -umwandlung kann im Hinblick auf die soziale Absicherung des Arbeitnehmers problematisch sein. Denn der sozialversicherungspflichtige Grundarbeitslohn wird dadurch zugunsten von Zusatzleistungen regelmäßig dauerhaft abgesenkt. Nunmehr wird klargestellt, dass nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind.

Eine echte Zusatzleistung liegt vor, wenn der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt oder die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird. Wird die Leistung anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Arbeitslohnerhöhung gewährt oder wird bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn erhöht, liegt keine Zusatzleistung vor. Die Regelungen betreffen z. B. die Zuschüsse zu Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, zur Übereignung betrieblicher Fahrräder und zur Anwendung der 44-Euro-Freigrenze bei Gutscheinen und Geldkarten. Diese Änderung erfolgt aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Um die Entgeltabrechnung von privat kranken- und pflegeversicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu digitalisieren, wird ein Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern etabliert, der im Lohnsteuerabzugsverfahren die bestehenden Verfahren mittels Papierbescheinigungen vollständig ersetzt. Der Datenaustausch soll durch den Ausbau des ELStAM-Verfahrens stattfinden.

Weitere Änderungen außerhalb des Bereichs der Entgeltabrechnung sind:

Die Mobilitätsprämie kann mittels Einkommensteuerbescheid festgesetzt werden. Die zusätzlich zur Entfernungspauschale gewährte Mobilitätsprämie wird in das bestehende Verfahren der Einkommensteuerfestsetzung integriert. Damit wird die Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vereinfacht.

Investitionen kleinerer und mittlerer Unternehmen werden steuerlich stärker gefördert. Hierzu wird die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen verbessert. Die Änderungen dienen der Liquiditätssteigerung und der zielgenaueren Ausrichtung der Investitionsförderung auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Corona-Krise. Die Investitionsabzugsbeträge werden dazu auf 50 Prozent erhöht.

Zusätzlich gibt es Erleichterungen in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen: Die Nutzungsvoraussetzungen, das heißt, die Größenmerkmale zur Abgrenzung begünstigter Betriebe, werden vereinheitlicht und eine höhere einheitliche Gewinngrenze (in Höhe von 150.000 Euro) wird eingeführt. Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen können künftig auch für vermietete begünstigte Wirtschaftsgüter uneingeschränkt in Anspruch genommen werden.

Die Neuregelungen bei den Anspruchsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen sind für das Veranlagungsjahr 2020 anwendbar. Damit werden bereits 2020 Liquiditätsimpulse ausgelöst und konjunkturfördernde Investitionen in den Folgejahren angelegt.

Die steuerrechtliche Berücksichtigung von Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung wird erweitert. Damit soll günstiger Wohnraum gefördert werden.

Konkret ist vorgesehen, dass Vermieter ihre Werbungskosten auch bei sehr günstiger Vermietung vollumfänglich abziehen können. Das gilt, wenn das Entgelt mindestens 50 Prozent (bisher: 66 Prozent) der ortsüblichen Miete beträgt. Liegt das Entgelt zwischen 50 und 66 Prozent der ortsüblichen Miete, wird eine Prognose zur Einkünfteerzielungsabsicht vorgenommen. Wenn diese positiv ausfällt, werden die Werbungskosten aus diesem Mietverhältnis nicht gekürzt. So wird einer missbräuchlichen Nutzung der Neuregelung entgegengewirkt.

Der Gesetzentwurf enthält zudem Maßnahmen, mit denen Steuergestaltungen bekämpft werden sollen und das Steueraufkommen gesichert werden soll:

  • Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Kapitalvermögen

Mit einer zielgenauen Neuregelung unterliegen Einkünfte des Gläubigers von Kapitalerträgen nicht dem Abgeltungssteuertarif, wenn diese Zahlungen aufseiten des Schuldners bereits tariflich besteuert werden.

  • Reverse-Charge-Verfahren

Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Reverse-Charge-Verfahren) wird auf Telekommunikationsdienstleistungen an sogenannte Wiederverkäufer erweitert. Ziel dieser Erweiterung ist es, Umsatzsteuerausfälle zu verhindern. Bislang traten diese dadurch ein, dass nicht sichergestellt werden konnte, dass leistende Unternehmer vollständig im allgemeinen Besteuerungsverfahren erfasst werden bzw. der Fiskus den Steueranspruch beim Leistenden realisieren kann.

Der Gesetzgeber plant, weitere Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. Hierzu zählen folgende Maßnahmen:

  • Mehrwertsteuer-Digitalpaket

Die zweite Stufe des sogenannte Mehrwertsteuer-Digitalpakets wird umgesetzt. Diese EU-weit umzusetzenden Maßnahmen tragen zu einer wesentlichen Vereinfachung und zum Bürokratieabbau für Unternehmen bei, die entsprechende Leistungen in mehreren EU-Mitgliedstaaten ausführen. Zugleich sichert die Umsetzung das Steueraufkommen.

So wird durch die Erweiterung des Leistungsspektrums der zentralen Anlaufstelle der Mini-One-Stop-Shop zum OneStop-Shop. Durch die zentrale Anlaufstelle müssen sich insbesondere Onlinehändler nicht mehr in jedem EU-Mitgliedstaat ihrer Kunden umsatzsteuerlich registrieren lassen.

Das Leistungsspektrum wird für in der EU ansässige Unternehmer, die Rundfunk-, Fernseh- oder Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3a Absatz 5 UStG) erbringen, auf Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaates, innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführte Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz in der EU erweitert.

Um dem international stark gestiegenen E-Commerce Rechnung zu tragen, wird für Fernverkäufe von Gegenständen in Sendungen aus Ländern außerhalb der EU mit einem Sachwert bis 150 Euro ein neuer Import-One-Stop-Shop (IOSS) eingeführt. Dieser ermöglicht – als Alternative zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch die Zollverwaltung – eine einfache und effiziente Erhebung der Umsatzsteuer auf in die EU eingeführte Sendungen.

Zudem werden bestehende Wettbewerbsverzerrungen zulasten EU-ansässiger Händler abgebaut.

Auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert gesetzgeberische Klarstellungen in verschiedenen Bereichen:

  • Neben der Änderung bei Gehaltsverzicht- oder Gehaltsumwandlung erfolgen noch weitere Klarstellungen aufgrund der Rechtsprechung.
  • Steuererstattungsansprüche des Erblassers als steuerpflichtiger Erwerb

Eine Änderung im Erbschaftsteuergesetz führt zur steuerlichen Gleichbehandlung von Steuererstattungsansprüchen und Steuerschulden, die das Todesjahr des Erblassers betreffen. Künftig sind gleichermaßen die das Todesjahr des Erblassers betreffenden Steuererstattungsansprüche anzusetzen und die Steuerschulden abzuziehen.

  • Kürzung des Schuldenabzugs bei wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreitem Vermögen

Bisher waren Schulden und Lasten nicht mehr begrenzt abzugsfähig, wenn mangels direkter Zuordnung zu den Vermögensgegenständen, die ganz oder teilweise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit sind, kein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben war. Nunmehr wird ein ungerechtfertigter doppelter steuerlicher Vorteil aus der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung einerseits und zusätzlich ungekürztem Schuldenabzug andererseits ausgeschlossen.

Freifahrtberechtigungen, die Soldatinnen und Soldaten nach dem Soldatengesetz erhalten, können anstelle der individuellen Besteuerung auch pauschal mit 25 Prozent der Aufwendungen des Arbeitgebers besteuert werden. Mit der neuen Pauschalbesteuerungsmöglichkeit wird eine vereinfachte Besteuerung durch den Dienstherrn geschaffen, da eine individuelle Versteuerung dieser Freifahrten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Soldatinnen und Soldaten sollen als Bürgerinnen und Bürger in Uniform Engagement und Verantwortungsbewusstsein zeigen; dafür müssen sie sichtbar und erkennbar sein.

Darüber hinaus hat sich in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts fachlich notwendiger Gesetzgebungsbedarf ergeben. Dies betrifft insbesondere notwendige Anpassungen an EU-Recht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie unvermeidlichen technischen Regelungsbedarf.

Muster der Lohnsteuer-Anmeldung 2021 veröffentlicht

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat das Vordruckmuster für die „Lohnsteuer-Anmeldung 2021“ und die „Übersicht über die länderunterschiedlichen Werte in der Lohnsteuer-Anmeldung 2021“ bekanntgemacht.

Quelle: BMF-Schreiben vom 20.08.2020 – IV C 5 – S 2533/19/10026:001

BFH: Kein Vorsteuerabzug für Badrenovierung im vermieteten Homeoffice

Vermietet ein Arbeitnehmer eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen unternehmerische Zwecke, kann er grundsätzlich die ihm für Renovierungsaufwendungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer steuermindernd geltend machen. Dies gilt nicht nur für die Aufwendungen zur Renovierung des beruflich genutzten Büros oder Besprechungsraums, sondern auch für Aufwendungen eines Sanitärraums; ausgeschlossen vom Abzug sind dagegen die Aufwendungen für ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 07.05.2020 (V R 1/18).

Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Homeoffice des Klägers umsatzsteuerpflichtig an dessen Arbeitgeber. Die Kläger renovierten das Homeoffice und bezogen hierfür Handwerkerleistungen, von denen 25.780 Euro auf die Renovierung des Badezimmers entfielen. Die hierauf entfallende Umsatzsteuer machten sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärung als Vorsteuer geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung ordnete das Finanzamt die Aufwendungen für das Badezimmer dem privaten Bereich zu und erkannte die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht an.

Das Finanzgericht gab der Klage nur insoweit statt, als es um die Aufwendungen für die Sanitäreinrichtung (vor allem Toilette und Waschbecken) ging. Die dagegen eingelegte Revision, mit der die Kläger einen weitergehenden Vorsteuerabzug begehrten, wies der BFH als unbegründet zurück. Danach berechtigen Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber vermieteten Homeoffice grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, soweit es beruflich genutzt wird. Bei einer Bürotätigkeit kann sich die berufliche Nutzung auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer.

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 030/20 vom 30.07.2020

BFH: Pauschale Bonuszahlung der gesetzlichen Krankenkasse mindert nicht den Sonderausgabenabzug

Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt – wie der Bundesfinanzhof (BFH) am 06.05.2020 (X R 16/18) entschieden hat – auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.

Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte von seiner Krankenkasse für „gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 Euro erhalten, u. a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts. Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.

Der BFH nimmt in seiner Entscheidung, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen gemäß § 65a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989) weiterentwickelt, eine differenzierte Betrachtung vor. Danach mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z. B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 036/20 vom 27.08.2020

FG: Zuschüsse in Form von Restaurantschecks sind Sachbezug

Ein bereits im November 2019 gefälltes Urteil ist gerade in Anbetracht der geplanten Änderungen im Jahressteuergesetz 2020 von Interesse: Ein Sachbezug liegt vor, wenn Arbeitnehmern Gutscheine überlassen werden, die sie zum Bezug einer von ihnen selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind. Gegen die Einordnung als Sachbezug spricht weder, dass die streitgegenständlichen Restaurantschecks im täglichen Leben ähnlich dem Bargeld verwendbar sein mögen, noch die Angabe einer Wertobergrenze auf dem einzelnen Scheck. Das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt entschied bereits mit Urteil vom 14.11.2019 den strittigen Sachverhalt.

Darin ging es um die Versteuerung von Essenszuschüssen in Form von Restaurantschecks (sogenannte „R.-Restaurantschecks”). Die Schecks wurden mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet und nach § 37b EStG durch den Arbeitgeber pauschal versteuert.

Die Klägerin, eine GbR, verwies auf die Anweisung der Oberfinanzdirektion (OFD) Nordrhein-Westfalen. In dieser Anweisung vom 07.07.2015 zum Thema „Gehaltsumwandlung; Nettolohnoptimierung durch steuerfreie und pauschalbesteuerte Arbeitergeberleistung” geht die OFD von einer zulässigen Steuervergünstigung aus.

Vor dem FG hatte die Klage Erfolg. Die Richter führten dazu aus, dass die Ausgabe der Restaurantschecks der Verpflegung der Arbeitnehmer dient. Sie ist mit einer Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber im Wesentlichen vergleichbar und daher mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten und anzusetzen. Dass die Restaurantschecks nicht nur in Gaststätten, sondern auch in Supermärkten einlösbar sind, steht der Vergleichbarkeit mit einer Mahlzeitengestellung nicht entgegen, wenn die Einlösbarkeit wie im Streitfall begrenzt ist auf den Erwerb von „Mahlzeiten” bzw. Nahrungsmitteln, die für den direkten Verzehr bestimmt sind, während Alkohol, Tabakwaren und „Non-Food” ausdrücklich ausgenommen sind.

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sich für jeden unter Einsatz von Restaurantschecks getätigten Erwerbsvorgang den Kassenbon vom Arbeitnehmer vorlegen zu lassen, geschweige denn diesen aufzubewahren. Auch treffen den Arbeitgeber keine weitergehenden Kontrollpflichten in Bezug auf die Einhaltung der wechselseitig vereinbarten Einlösebeschränkung von nur einem Restaurantscheck pro Tag.

Bei nicht bestimmungsgemäßem Einsatz der Restaurantschecks durch einzelne Arbeitnehmer kann der geldwerte Vorteil mit dem tatsächlichen Wert nur individuell bei jedem Arbeitnehmer nachversteuert werden.

Dass die Mahlzeit innerhalb einer Mittagspause von 30 Minuten am selben Tage beschafft und verzehrt werden muss, kann auch aus den Regelungen der Lohnsteuerrichtlinie nicht entnommen werden. So stellt die Lohnsteuerrichtlinie auf nur „zum unmittelbaren Verzehr geeignete oder zum Verbrauch während der Essenspause bestimmte Lebensmittel” ab. Beide genannten – alternativen – Voraussetzungen betreffen aber ihrerseits nur die Beschaffenheit des Lebensmittels, treffen aber zur räumlichen Belegenheit der Akzeptanzstelle tatsächlich keinerlei Aussagen. Deshalb liegt ein den Fällen der üblichen Mitarbeiterverpflegung vergleichbarer Fall auch insbesondere in den Fällen vor, in denen die Restaurantschecks bei regionalen Akzeptanzpartnern eingelöst worden sind, die wegen der Entfernung (30 bis 50 km) zum Hauptsitz der Klägerin ohne Zweifel nicht während einer 30-minütigen Mittagspause aufgesucht werden können.

Soweit man, um den notwendigen Bezug zur Arbeitsstätte und zur Arbeitszeit herzustellen, überhaupt eine bestimmte räumliche Entfernung zur Arbeitsstätte fordert, kann allenfalls der wesentlich weitere Radius maßgeblich sein, den die Rechtsprechung des BFH zur sogenannten „doppelten Haushaltsführung” zulässt.

Ein rotes Absatzsymbol, das auf einem Dokument steht, mit einer arbeitenden Person im Hintergrund, symbolisiert juristische Arbeit oder das Studium der Rechtswissenschaften.

Wenn danach Fahrtzeiten von täglich etwa einer Stunde (einfache Strecke) für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von einer Vielzahl von Arbeitnehmern auf sich genommen werden und deshalb dem einzelnen Arbeitnehmer zumutbar sind, kann im Umkehrschluss der Erwerb von Mahlzeiten/Nahrungsmitteln in einem solchen räumlichen Radius für sich allein nicht schon den Verdacht begründen, dass dem Erwerb ein rein privater Anlass zugrunde gelegen hat.

Quelle: Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 14.11.2019 – 2 K 768/16

Markus Stier

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