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Steuerberater empfiehlt : Steuerliche Folgen virtueller Arbeitnehmerentsendungen

Im Zuge der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie werden grenzüberschreitende Bewegungen in vielen Bereichen auf ein Minimum reduziert. Wo möglich, verlagert sich die Kommunikation auf digitale Medien. Welche Auswirkungen hat die momentane Situation auf Arbeitnehmerentsendungen?

Dr. Simone WickMagazin
Lesezeit 3 Min.
Geschäftsleute nehmen an einer strategischen Planungssitzung mit einer digitalen Multimedia-Schnittstelle im Vordergrund teil.

Es ist gut vorstellbar, dass auch diese nunmehr in vielen Fällen „virtuell“ stattfinden, der Arbeitnehmer also im bisherigen Wohnund Tätigkeitsstaat verbleibt, aber für ein ausländisches Unternehmen tätig wird. Im Folgenden werden die steuerlichen Folgen einer solchen virtuellen Entsendung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer kurz beleuchtet.

Folgen für Arbeitgeber – Outbound-Fall

Beispiel: Arbeitnehmerin A wohnt in Deutschland und war bisher bei der deutschen D-GmbH tätig. Sie soll ab Oktober für zwei Jahre zu einer spanischen Tochtergesellschaft entsendet werden und würde nur in Spanien leben und arbeiten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wird sie für den Zeitraum der Entsendung allerdings nicht nach Spanien ziehen, sondern von Deutschland aus für die spanische Gesellschaft tätig sein. Dafür mietet die spanische Gesellschaft extra Büroräume an.

Im Outbound-Fall (d. h. ausländisches „aufnehmendes“ Unternehmen) ist grundlegend zu prüfen, ob die in Deutschland verbleibende Arbeitnehmerin eine deutsche Betriebsstätte des ausländischen Unternehmens begründet. Dazu bedarf es grundsätzlich einer festen Einrichtung, die der Tätigkeit des Unternehmens dient und die in nicht nur vorübergehender Verfügungsmacht des Unternehmens steht. Bitte beachten: Ist die am bisherigen Arbeitsort verbleibende Arbeitnehmerin berechtigt, für das ausländische Unternehmen bindende Verträge abzuschließen, hat sie also eine Zeichnungsbefugnis, die sie regelmäßig ausübt, kann auch ohne feste Einrichtung eine sogenannte Vertreterbetriebsstätte vorliegen.

Eine deutsche Betriebsstätte des ausländischen Unternehmens hat steuerlich weitreichende Folgen: die abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) weisen Deutschland regelmäßig das Besteuerungsrecht für die Einkünfte zu, die der Betriebsstätte zuzuordnen sind, sodass eine beschränkte Steuerpflicht entsteht. Der ausländische Staat rechnet entweder die deutsche Steuer an oder stellt die Gewinne der Betriebsstätte (unter Progressionsvorbehalt) steuerfrei. Ob sich dadurch Unterschiede in der Steuerbelastung für die Gesellschaft ergeben, hängt von den konkreten Steuersätzen und der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ab.

Zudem ist Folgendes zu beachten: Inländische Arbeitgeber sind in Deutschland zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet. Begründet ein ausländisches Unternehmen eine deutsche Betriebsstätte, ist für die Arbeitnehmerin Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.

Zurück zum Beispiel: Es wird eine Betriebsstätte der spanischen Tochtergesellschaft in Deutschland begründet und die spanische Gesellschaft ist mit den auf die Betriebsstätte entfallenden Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Spanien vermeidet die Doppelbesteuerung, indem es die in Deutschland erhobene Steuer auf die entsprechende spanische Steuer anrechnet. Die spanische Tochtergesellschaft ist verpflichtet, für A Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.

Folgen für Arbeitnehmer – Outbound-Fall

Eine Arbeitnehmerin mit alleinigem Wohnsitz in Deutschland, die im Rahmen der virtuellen Entsendung weiterhin nur in Deutschland tätig ist, ist nur in Deutschland (unbeschränkt) steuerpflichtig. Es kommt nicht zu einem Doppelbesteuerungskonflikt. Im Fall einer tatsächlichen Entsendung hätte dagegen in vielen Fällen der ausländische Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.

Fortsetzung des Beispiels: Weil A ihre Tätigkeit für die spanische Foto: metamorworks, Adobe Stock Gesellschaft von Deutschland aus ausübt, bleibt sie nur in Deutschland steuerpflichtig. Ihr Arbeitslohn unterliegt allein in Deutschland der Steuer. Wäre A im Rahmen der Entsendung nach Spanien gezogen, würde ihr Arbeitslohn in unserem Beispiel der spanischen Steuer unterliegen.

Folgen für Arbeitgeber – Inbound-Fall

Im Inbound-Fall wird ein Arbeitnehmer, der bisher für ein ausländisches Unternehmen tätig war, von seinem bisherigen Arbeitsort aus für ein deutsches Unternehmen tätig. Steuerliche Konsequenzen ergeben sich genau umgekehrt zu obigem Beispiel, wenn der Arbeitnehmer eine Betriebsstätte des deutschen Unternehmens im Ausland begründet. Ob dies der Fall ist, ist nach dem jeweiligen nationalen Recht und dem einschlägigen DBA zu bestimmen. Liegt eine Betriebsstätte vor, wird die deutsche Gesellschaft mit den Betriebsstätteneinkünften im Ausland beschränkt steuerpflichtig. In der Regel ist in deutschen DBA die Freistellungsmethode verankert, sodass es hinsichtlich der Einkünfte der Betriebsstätte bei der ausländischen Steuerbelastung verbleibt. In einigen Fällen greift allerdings auch die Anrechnungsmethode. Eine eventuelle Pflicht zum Lohnsteuereinbehalt für den im Ausland tätigen Arbeitnehmer ist zu prüfen

Folgen für Arbeitnehmer – Inbound-Fall

Für den Inbound-Fall gelten die obigen Ausführungen spiegelbildlich: Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in dem Staat, in dem er für ein deutsches Unternehmen tätig ist, ist nur in diesem Staat unbeschränkt steuerpflichtig. Nach rein nationalem Recht kann sich abhängig von der Tätigkeit eine beschränkte Steuerpflicht ergeben, wobei zum Teil eine Einschränkung durch das jeweilige DBA erfolgt. Im Fall einer tatsächlichen Entsendung hätte dagegen Deutschland das Besteuerungsrecht (vorbehaltlich einer Anwendung der 183-Tage-Regel).

Abschließender Hinweis: Neben den steuerlichen Folgen sind in grenzüberschreitenden Entsendefällen immer auch arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu würdigen.

Dr. Simone Wick, Dierkes Partner, Hamburg

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