Interne Kontrollsysteme : Vertrauen ist gut, interne Kontrolle ist besser
Szenario 1: Mario Freitag erhält monatlich ein Gehalt von 2.500 Euro brutto – über Jahre hinweg. Erst viel später stellt sich heraus, dass dieser Mitarbeiter niemals existierte. In Wahrheit hatte ein Angestellter der Personalabteilung diesen fiktiv angelegt und über Umwege sein Gehalt bezogen. Szenario 2: Irgendwie ist der Wurm drin. Beim aktuellen Monatsabschluss stellt die Finanzbuchhaltung Unstimmigkeiten fest. Bei der ausführlichen Analyse kommt heraus: Urlaubsrückstellungen sind falsch berechnet worden. Sie fallen deutlich höher aus als erwartet. Das hätte bereits vor der Durchführung der Gehaltsabrechnung auffallen müssen – dann wären die Daten erst gar nicht falsch an die Finanzbuchhaltung übermittelt worden.
Zwar sind diese beiden Szenarien fiktiv und gerade Mario Freitag ein Extrembeispiel, was sie jedoch verdeutlichen: Mögen Personalprozesse heute noch so gut sein, ohne spezielle Prüfsysteme sind Risiken kaum noch zu kontrollieren. Die Einrichtung eines internen Kontrollsystems (IKS) bietet sich daher für jeden Betrieb an.
IKS – was bringt es?
Wer Löhne und Gehälter abrechnet, weiß: Die monatliche Entgeltabrechnung ist ein komplexes Feld und birgt zahlreiche Risiken. Das Steuer- und Sozialversicherungsrecht ist umfangreich, gesetzliche Ansprüche ändern sich kontinuierlich. Getreu dem Motto „doppelt hält besser“ sollte jeder, der nicht in der Haftung landen möchte, lieber einmal zu viel als zu wenig überprüfen, was er abgerechnet hat. Ein IKS bietet Prozesssicherheit, zusätzlich behalten Unternehmen ihre Personalkosten im Blick. Sachverhalte sind präzise dokumentiert, Betriebe dadurch leichter in der Lage, nach innen wie außen Rede und Antwort zu stehen.
IKS – Prinzipien
Doch bevor es in die Praxis geht, erst einmal ein paar – eher abstrakte – theoretische Fakten, die bei der Implementierung eines Kontrollsystems eine Rolle spielen. Dabei gibt es ein paar Grundprinzipien, die ein IKS bei einer erfolgreichen Einführung erfüllen sollte.
- Wie ein offenes Buch: Nach dem Prinzip der Transparenz sorgen klare Richtlinien in einem Kontrollsystem dafür, dass jeder weiß, was er zu tun hat. Zuständigkeiten sind klar verteilt – auch Außenstehende können durch das Regelwerk die Arbeit beurteilen.
- Vier Augen sehen mehr als zwei: Nach dem Vier-Augen-Prinzip erfordern alle wesentlichen Vorgänge eine Gegenkontrolle.
- Die Spreu vom Weizen trennen: Nach dem Prinzip der Funktionstrennung sollten Unternehmen nicht ein Allround-Genie anstellen, das sich um alles kümmert. Ganz im Gegenteil. Vollziehende, verbuchende und verwaltende Tätigkeiten innerhalb eines Prozesses sollten von verschiedenen Händen ausgeführt werden.
- Wissen bedeutet wissen, wo es geschrieben steht. Das wusste schon Albert Einstein. Nach dem Prinzip der Nachvollziehbarkeit sollten Prüfungen und Korrekturen sauber dokumentiert sein – sodass sie zu jeder Zeit für jeden nachvollziehbar sind.
- Integration setzt Toleranz voraus. Damit ist gemeint, dass Kontrollwerkzeuge so in einem Abrechnungssystem toleriert, ja sogar implementiert sein sollten, dass eine effiziente Verarbeitung von Hinweisen und Korrekturen gewährleistet ist.
IKS – wie sieht’s im Personalwesen aus?
Nun aber Butter bei die Fische und von der Theorie direkt in die Praxis. Die Implementierung eines IKS im Personalwesen hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: zum einen von der Größe des Unternehmens, zum anderen von den vorhandenen Prozessstrukturen.
Nachfolgend ein paar Beispiele, wie Kontrollmechanismen im Sinne eines IKS in der Entgeltabrechnung aussehen könnten.
Darauf sollten Sie bei der Abrechnung achten:
- Vergeben Sie ein Berechtigungskonzept, das die Funktionstrennung sicherstellt. Ein Beispiel: Die Erfassung von entgeltbezogenen Daten und die Erstellung der Entgeltabrechnung sollten nicht aus einer Hand erfolgen.
- Doppelt hält besser: Gleichen Sie die Daten aus dem Abrechnungssystem mit denen aus dem Zeiterfassungssystem ab.
- Bestimmen Sie: Wer darf die Entgelte festlegen?
- Überprüfen Sie die korrekte Zuweisung der Lohnart anhand des Mitarbeiterstatus und des Personengruppenschlüssels.
- Geben Sie dem oben beschriebenen Szenario 1 erst gar keine Chance und lassen Sie die erfassten Entgeltempfänger regelmäßig durch die jeweilige Fachabteilung überprüfen. Stellen Sie sicher, dass es keine doppelten Auszahlungen gab, und analysieren Sie den Personalstamm auf doppelte bzw. fehlende Bankverbindungen, Personalnummern und Personen.
- Gleichen Sie die Summe der Entgeltüberweisungen mit den Auszahlungsnummern der Entgeltlisten ab.
- Stimmen Sie die Gesamtbeträge der Entgeltzahlungen im Zeitablauf hin – sichtlich der Entwicklung der Gesamtsumme, der Zahlungen für Überstunden und der Summe der Abzüge ab. So identifizieren Sie Unregelmäßigkeiten.
- Achten Sie auf das korrekte Timing. Bestimmen Sie mittels eines Planes, wer wann die Daten an das Finanzamt und an die Sozialversicherungsträger schickt.
Darauf sollten Sie bei der Auszahlung achten:
- Holen Sie sich eine unabhängige Person ins Boot, die regelmäßig die Personalkonten checkt und die Banksalden bestätigt.
- Tätigen Sie Personalauszahlungen von einem separaten Zahlkonto oder einem Null-Saldo-Personalkonto.
- Lassen Sie Ihre Bank Auszahlungsanforderungen verifizieren. So decken Sie Verarbeitungsfehler auf.
Fazit: Mehr Kontrolle für mehr Effizienz
Ja – ein internes Kontrollsystem ist heutzutage ein Muss. Machen Unternehmen mehr aus einem IKS als nur eine lästige Pflicht, können sie da – von durchaus profitieren. So sichern IKS-Prozesse gerade kleinen und mittleren Unternehmen häufig das Überleben. Sie senken Risiken, die nun einmal mit der Entgeltabrechnung verbunden sind, und steigern die Effizienz der kompletten Personalabteilung.
Philipp R. Kinzel