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Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst

In dieser Rubrik werden aktuelle Entscheidungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes relevant sind, wiedergegeben.

Lesezeit 3 Min.

Grundlegende Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen müssen in Rechtsnormen geregelt sein

Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 46/2021 vom 07.07.2021 zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) – 2 C 2.21 – vom 07.07.2021:

Dienstliche Beurteilungen stellen die wesentliche Grundlage für Auswahlentscheidungen nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) dar. Um diese Funktion erfüllen zu können, müssen sie mit einem Gesamtergebnis abschließen. Denn die Auswahlentscheidung knüpft an das abschließende Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung an, das anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet worden ist. Art. 33 Abs. 2 GG gibt drei Kriterien vor; der Gesetzgeber und erst recht die Exekutive sind nicht befugt, eines dieser drei Merkmale bei der Bildung des abschließenden Gesamturteils unberücksichtigt zu lassen. Dementsprechend muss das Gesamturteil sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfassen.

Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) (Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber – VKA); Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG); Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2008/104/EG Leiharbeit

Wortlaut des Vorlagebeschlusses des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16.06.2021 – 6 AZR 390/20 (A)

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um Vorabentscheidung über folgende Fragen ersucht:

  1. Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit Anwendung, wenn – wie in § 4 Abs. 3 TVöD bestimmt – Aufgaben eines Arbeitnehmers zu einem Dritten verlagert werden und dieser Arbeitnehmer bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis zu seinem bisherigen Arbeitgeber auf dessen Verlangen die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft bei dem Dritten erbringen muss und dabei dem fachlichen und organisatorischen Weisungsrecht des Dritten unterliegt?
  2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird:  Ist es mit dem Schutzzweck der Richtlinie 2008/104/EG vereinbar, wenn wie durch § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD aus dem Anwendungsbereich der nationalen Schutzvorschriften bei Arbeitnehmerüberlassung herausgenommen wird, sodass diese Schutzvorschriften auf die Fälle der Personalgestellung nicht anzuwenden sind?

II. Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.

Ein hölzerner Hammer, der auf einem geschlossenen Buch mit einem rustikalen Holztischhintergrund ruht und Recht, Gerechtigkeit oder ein Konzept der menschlichen Ressourcen symbolisiert.
Rechtsprechung 2021-6

Außerordentliche Änderungskündigung; entsprechende Geltung der §§ 2, 4 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Randnummer 20 der Entscheidungsgründe des Urteils des BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 357/20:

Es ist Klage mit einem Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG zu erheben, wenn der Arbeitnehmer ein mit einer ordentlichen Kündigung verbundenes Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen hat. Bei einer außerordentlichen Änderungskündigung gelten die §§ 2, 4 Satz 2 KSchG entsprechend, obwohl der Verweis in § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Bestimmungen nicht unmittelbar erfasst (BAG vom 19.07.2012 – 2 AZR 25/11 – Rn. 19; 28.10.2010 – 2 AZR 688/09 – Rn. 12). Keiner Entscheidung bedarf, ob eine Vorbehaltsannahme im Falle einer außerordentlichen Änderungskündigung mit Auslauffrist entsprechend § 2 KSchG nur unverzüglich erfolgen kann (offengelassen BAG vom 28.10.2010 – 2 AZR 688/09 – Rn. 14). Der Kläger hat das Änderungsangebot unverzüglich unter Vorbehalt angenommen.

Überleitung in die neue Entgeltordnung (EntgO) des TVöD; Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b TVÜ-VKA; Beibehaltung der betragsbezogenen Höhergruppierung für diesen Personenkreis; Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG; mittelbare Altersdiskriminierung

Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 19.11.2020 – 6 AZR 449/19:

  1. Tarifnormen sind von den Gerichten für Arbeitssachen im Rahmen ihres Schutzauftrags aus Art. 1 Abs. 3 GG uneingeschränkt auch am Gleichheitssatz als fundamentaler Gerechtigkeitsnorm zu messen. Art. 3 Abs. 1 GG ist eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie (Rn. 21 f.).
  2. Aus Gründen der Praktikabilität sind Stichtagsregelungen als „Typisierungen in der Zeit“ grundsätzlich zulässig, sofern sich die Wahl des Stichtages am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (Rn. 24).
  3. Bei der Umstellung eines tariflichen Vergütungssystems dürfen die Tarifvertragsparteien den Stichtag in den Grenzen des Vertrauensschutzes frei aushandeln. Ebenso dürfen sie autonom festlegen, ob und für welche Personenkreise es ab welchem Zeitpunkt ggf. Übergangs- oder Besitzstandsregelungen geben soll. Das folgt aus der Tarifautonomie und bedeutet im Ergebnis eine bloße Willkürkontrolle solcher Stichtagsregelungen (Rn. 24).
  4. Der Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung muss nicht zwingend statistisch geführt werden. Eine solche kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Bei Tarifverträgen ist die Gesamtheit der von der Regelung erfassten Personen der Gesamtheit der durch sie benachteiligten Personen vergleichend gegenüberzustellen. Sodann ist zu prüfen, ob die Träger eines der in § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Merkmale besonders benachteiligt sind (Rn. 37).
  5. Neues Tatsachenvorbringen in der Revisionsinstanz ist nach § 72 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), § 559 Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Claudia Czingon

 

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