Experten antworten 6/2021

Zahlstellenverfahren – mehrere Versorgungsbezüge
Wir haben Ruhegeldempfänger, die von uns ein eigenes Ruhegeld und einen Hinterbliebenenbezug ausgezahlt bekommen. Dürfen die beiden Bezüge addiert und in einem Betrag gemeldet werden oder müssen sie getrennt gemeldet werden? Wir denken dabei an die Beurteilung der Krankenkasse, ob ein Mehrfachbezug vorliegt oder nicht. In den Beispielen, die wir gefunden haben, ist bei einem Mehrfachbezug immer von mehreren Zahlstellen.
Der Begriff „Mehrfachbezug“ ist unabhängig davon zu sehen, ob die Versorgungsbezüge von einer oder mehreren Zahlstellen gewährt werden. Als Mehrfachbezieher gilt jemand, der mehrere Versorgungsbezüge erhält. Auch wenn eine Zahlstelle mehrere Versorgungsbezüge zahlt, müssen diese getrennt gemeldet werden. Wenn ein Versorgungsbezugsempfänger mehrere Versorgungsbezüge erhält, entscheidet die Krankenkasse, bei welchem Bezug der Freibetrag anzuwenden ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen mehrere Versorgungsbezüge von einer Zahlstelle gewährt werden.
Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Wie berechnet sich der Jahreszeitraum für den Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG? Handelt es sich um ein Kalenderjahr oder um ein Zeitjahr, das mit dem ersten Tag der Entschädigungszahlung beginnt?
Wenn der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, haben erwerbstätige Personen nach § 56 Abs. 1a IfSG einen Anspruch auf eine Entschädigung von 10 Wochen (Alleinerziehende 20 Wochen) pro Jahr, wenn die Betreuungseinrichtung oder Schule des Kindes auf behördliche Anordnung geschlossen wurde, das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine alternative Betreuung des Kindes nicht möglich ist und die erwerbstätige Person einen Verdienstausfall erleidet.
Der Jahreszeitraum orientiert sich weder am Kalenderjahr noch am ersten Tag des Entschädigungsanspruchs. In der Begründung des Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen heißt es: Der Jahreszeitraum beginnt mit der erstmaligen Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (28.03.2020). Dies gilt auch dann, wenn das Fortbestehen der epidemischen Lage festgestellt wird. Bei Fortbestehen der epidemischen Lage über den 28.03.2021 hinaus beginnt der Anspruch von Neuem. Damit endete der erste Jahreszeitraum am 28.03.2021. Der neue Jahreszeitraum begann am 29.03.2021.
Altersteilzeit – Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit bei Kurzarbeitergeld
Wenn ein Arbeitnehmer in Altersteilzeit geht, beträgt die Arbeitszeit 50 Prozent der vor der Altersteilzeit gültigen Arbeitszeit, umfasst höchstens jedoch den Durchschnitt aus den letzten 24 Monaten. Wir haben einen Mitarbeiter, der in den vergangenen 24 Monaten mehrere Monate in Kurzarbeit war. Wie wirkt sich die Kurzarbeit auf die Ermittlung der wöchentlichen Arbeitszeit aus?
Die bisherige wöchentliche Arbeitszeit ist die Arbeitszeit, die mit dem Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbart war, höchstens der Durchschnitt der letzten 24 Monate.
Ist die unmittelbar vor der Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit geringer als der errechnete Durchschnittswert der letzten 24 Monate, ist nur die unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit Ausgangsbasis für die Halbierung der Arbeitszeit, da es sich bei dem Durchschnitt nur um eine Höchstgrenze handelt, die sich selbst nicht erhöhend auswirkt.
Im Rundschreiben zum Altersteilzeitgesetz vom 02.10.2010 findet man unter Punkt „2.2.3 Arbeitszeit während der Altersteilzeit“ folgenden Hinweis:
Zeiten des Entgeltersatzleistungsbezugs, des unbezahlten Urlaubs, des Fortbestands der Beschäftigung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV, der Kurzarbeit oder einer Pflegezeit nach § 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) verlängern den Bemessungszeitraum von 24 Monaten nicht. Sie bleiben aber bei der Ermittlung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit unberücksichtigt. Dies gilt auch für Zeiten der Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung.
Die Zeiten der Kurzarbeit wirken sich somit nicht auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit aus. Diese Zeiten werden aus den 24 Monaten herausgerechnet, und aus den verbleibenden Monaten wird die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ermittelt.
Betriebliches Beschäftigungsverbot und Arbeitsunfähigkeit
Welche Leistung erhält eine schwangere Arbeitnehmerin, die während eines betrieblichen Beschäftigungsverbots arbeitsunfähig erkrankt?
Nach § 18 Mutterschutzgesetz (MuSchG) wird Mutterschutzlohn gezahlt, wenn die Frau wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor und nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf. Die Arbeitnehmerin bietet ihre Arbeitsleistung an, aber der Arbeitgeber darf aufgrund der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote die Arbeitnehmerin nicht beschäftigen. Die Ursache muss somit im Beschäftigungsverbot (betrieblich/ärztlich) liegen.
Vom Beschäftigungsverbot zu unterscheiden ist die Arbeitsunfähigkeit, welche entweder aus einer Erkrankung oder einem Unfall ohne Kausalzusammenhang zur Schwangerschaft entsteht. Wird die Arbeitnehmerin aus Gründen krankgeschrieben, die mit der Schwangerschaft in keinem Zusammenhang stehen, ist das (betriebliche) Beschäftigungsverbot nicht mehr dafür verantwortlich, dass die Arbeitnehmerin ihre Arbeitsleistung nicht anbieten kann. Nur wenn ausschließlich das Beschäftigungsverbot dazu führt, dass die Arbeitnehmerin ihrer Arbeit nicht nachkommen kann, besteht ein Anspruch auf Mutterschutzlohn. Die Abgrenzung zum Beschäftigungsverbot ist nicht immer einfach und sollte gewissenhaft erfolgen. Finanzielle Aspekte dürfen dabei keine Rolle spielen.
Im Fall der Arbeitsunfähigkeit während eines Beschäftigungsverbots hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ggf. nach sechs Wochen Anspruch auf Krankengeld.
Sabine Törppe-Scholand
Leiterin der alga-Akademie und
Mitglied des alga-Competence-Centers
Thomas Fromme
Steuerberater, Mitglied des alga-
Competence-Centers und Leiter der
ARGEn Entgeltabrechnung, Bremen