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Lesezeit 4 Min.

Bundesfinanzhof urteilt über Stornokosten bei Betriebsveranstaltungen

Die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) haben mit Urteil vom 29.04.2021, zum Aktenzeichen VI R 31/18, welches am 15.07.2021 veröffentlicht wurde, über diese Frage geurteilt.

Urteil: 

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Sachverhalt

Die Arbeitgeberin beschäftigte 30 Arbeitnehmer und plante Ende des Jahres 2016 die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier, zu der sie alle Betriebsangehörigen einlud.

Insgesamt 27 Arbeitnehmer sagten ihre Teilnahme zu. Die Arbeitgeberin kalkulierte mit 27 Arbeitnehmern. Zwei Arbeitnehmer sagten kurzfristig ab. Dies führte zu keiner Verminderung der Veranstaltungskosten. Der Veranstalter rechnete für 27 Arbeitnehmer ab. Bei der Aufteilung der Kosten rechnete die Arbeitgeberin die Kosten, die auf die beiden angemeldeten, aber nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfielen, nicht ein.

Demgemäß teilte sie die Gesamtkosten der Weihnachtsfeier zunächst durch die Anzahl der angemeldeten (27) Arbeitnehmer. Diesen Anteil multiplizierte sie mit 25 und zog davon die Freibeträge für 25 Arbeitnehmer à 110 Euro ab. Den restlichen Betrag versteuerte die Arbeitgeberin pauschal. Das Finanzamt setzte mit Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid Nachforderungsbeträge fest: Die zu berücksichtigenden Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung seien zu gleichen Teilen auf die anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Das Finanzgericht Köln gab der Arbeitgeberin Recht und urteilte, dass die No-Show-Kosten nicht auf die anwesenden Arbeitnehmer umzulegen seien.

Entscheidung

Die Richter des BFH hingegen gaben dem Finanzamt Recht. Das Finanzgericht hat die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer anlässlich der Betriebsveranstaltung zugewandten Arbeitslohns fehlerhaft bemessen. Denn es hat hierbei zu Unrecht auf die Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer und nicht auf die an der Betriebsveranstaltung Teilnehmenden abgestellt.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören seit 2015 zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen). Zuwendungen in diesem Sinne sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG). Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Nicht im Streit stand, dass die in Form eines Kochkurses durchgeführte Weihnachtsfeier als Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter und damit als Betriebsveranstaltung i. S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu beurteilen ist.

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Ebenfalls steht nicht in Streit, dass die hierfür aufgewandten Zuwendungen des Arbeitgebers gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG nur insoweit als Arbeitslohn anzusetzen sind, als sie den Freibetrag von 110 Euro je teilnehmenden Arbeitnehmer überschreiten, weil die Teilnahme an dem Kochkurs allen Betriebsangehörigen offen gestanden hat.

Die Richter des BFH urteilten, dass die Zuwendungen des Arbeitgebers gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG anzusetzen sind. Es handelt sich bei § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 i. V. m. Satz 2 EStG um eine eigenständige Bewertungsvorschrift, so die Richter weiter, die in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG verdrängt. Nach Ansicht der Richter sind alle der Betriebsveranstaltung direkt zuzuordnenden Aufwendungen des Arbeitgebers in die Bemessungsgrundlage einzustellen.

Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen, sind hingegen nicht zu berücksichtigen. Ebenso sind rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers für den äußeren Rahmen und steuerfreie Leistungen für Reisekosten nicht in die Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung einzubeziehen. Es besteht keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen des Arbeitgebers aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, so die Richter weiter. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sind in die Bemessungsgrundlage alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon einzubeziehen, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Einschränkungen oder Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz nicht vor.

Es kommt für die Einbeziehung von Aufwendungen des Arbeitgebers in die anzusetzenden Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung insbesondere nicht (mehr) darauf an, ob eine betreffende Aufwendung, sofern sie der zu bewertenden Zuwendung (Veranstaltung) direkt zurechenbar ist, ihrerseits (isoliert betrachtet) zu einem Vorteil des Zuwendungsempfängers führen würde, so die Richter weiter. Bei der Aufteilung der Gesamtkosten ist nach Auffassung der Richter auf die teilnehmenden Arbeitnehmer/Begleitpersonen abzustellen. Die Richter des BFH schließen sich somit nicht der entgegenstehenden Auffassung der Richter des Finanzgerichts an, nach der bei der Bemessung des dem einzelnen Arbeitnehmer zufließenden Vorteils auf die Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer abzustellen ist.

Eine dahingehende Aufteilung der Gesamtkosten ist weder im Gesetzeswortlaut angelegt noch entspricht sie dem Sinn und Zweck der Neuregelung, so die Richter weiter. Die Aufteilung der Gesamtkosten auf die angemeldeten/eingeladenen Teilnehmer und die Zurechnung des so ermittelten individuellen Vorteils auf die tatsächlich an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer/Begleitpersonen würde im Übrigen dazu führen, dass nicht alle Aufwendungen des Arbeitgebers als Arbeitslohn angesetzt würden, und damit dem dahingehenden Anliegen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Nicht teilnehmende Arbeitnehmer und Personen, die beim Arbeitgeber Kosten verursacht haben, mindern den nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG anzusetzenden Wert der Zuwendung daher nicht. Praxishinweis: Mit dem Urteil ist die lange diskutierte Frage der steuerlichen Behandlung von Stornokosten zunächst höchstrichterlich entschieden. Die Auffassung der Finanzverwaltung wurde bestätigt.

Daniela Karbe-Geßler

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