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Betrieb & Ausbildung : Azubi-Recruiting-Trends

Der Wurm muss dem Fisch schmecken – nicht dem Angler. Diese Binsenweisheit wird von vielen Unternehmen bei der Suche nach künftigen Fachkräften gern vergessen. Recruiting-Konzepte, die für ausgebildete Fachkräfte greifen mögen, gehen oft an der Zielgruppe der jungen Bewerber um einen Ausbildungsplatz vorbei.

Lesezeit 3 Min.

Die Studie

Manchmal ist man auch überrascht, was die Befragung von potenziellen Bewerbern zu Tage fördert. Der U-Form Verlag (www.testsysteme.de) macht jährlich eine doppelperspektivische Studie zum Thema Azubi-Recruiting und -Marketing. Die Studie wird wissenschaftlich begleitet und ist die größte ihrer Art in Deutschland.

Ein paar Zahlen

Interessant ist immer wieder die Diskrepanz zwischen dem, was die jungen Befragten wünschen, und dem, was die Unternehmen glauben, was sie wünschen würden. Ein Beispiel: Bei der Frage nach der Motivation der Ausbildungsverantwortlichen gaben diese zu 58,2 Prozent eine hohe Motivation an. Das empfanden aber nur 35,5 Prozent der Bewerber und Auszubildenden so.

Während knapp die Hälfte der Ausbildungsverantwortlichen es schlecht fand, wenn die Vorauswahl von geeigneten Kandidaten einem Algorithmus (künstliche Intelligenz) überlassen wird, lehnten 86 Prozent der Bewerber ein solches automatisiertes Verfahren ab.

Bei der Frage nach dem Interesse an Auslandsaufenthalten zum Zwecke der Ausbildung winkten nur 18 Prozent der Jugendlichen ab. Die anderen waren daran interessiert. Ein entsprechendes Angebot machen aber nur weniger als 8 Prozent der befragten Unternehmen. Die Gründe reichten von „organisatorisch zu aufwendig“ (32 Prozent) über „zu hohe Kosten“ (24 Prozent) bis zur Aussage, „die Auszubildenden interessieren sich nicht dafür“.

Eklatant ist auch die Einschätzung zu ausreichendem Feedback. 12,5 Prozent der Auszubildenden sagten, dass sie niemals ein Feedback erhalten würden, 57,4 Prozent nur selten. Anders die Zahlen bei den potenziellen Feedbackgebern: Nur 1,3 Prozent gaben zu, dass sie niemals eine Rückmeldung in Form eines ausführlichen Gesprächs geben würden. Immerhin 47,5 Prozent gaben an, dies oft zu tun (die Azubis konnten das nur 30 Prozent bestätigen). Während die Mehrheit der Recruiter auf klassische Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften setzt (55 Prozent), fühlen sich nur 21,5 Prozent der Jugendlichen davon angesprochen. Sie reagieren eher auf Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln, Plakate oder TV-Werbung.

Was bedeutet das für Ihr Azubi-Recruiting?

Erste Aufgabe: Stellen Sie zusammen, auf welchen Recruiting-Wegen Sie versuchen, Ihren potenziellen Nachwuchs zu erreichen. Und mit welchem Aufwand (finanziell und Manpower) Sie dies tun.

Finden Sie trotzdem ausreichend Bewerber, bedeutet das allerdings noch lange nicht, dass Sie alles richtig machen. Haben Sie Probleme bei der Suche, muss trotzdem nicht alles falsch sein, was Sie machen – das zur Beruhigung. Die Bewerberlage hängt natürlich von vielen Faktoren ab, etwa von der Region, der Branche, dem Ruf und dem Bekanntheitsgrad des Unternehmens usw.

Trotzdem werden Sie ein gewisses Optimierungspotenzial haben. Sie können die Ergebnisse der Studie nutzen, um Ihre bisherigen Recruiting-Wege zu hinterfragen und ggf. zu optimieren.

Eine Idee

Fragen Sie doch mal Ihre eigenen Auszubildenden und andere junge Leute aus Ihrem Umfeld. Lassen Sie Ihre Anzeigen von diesen kritisch beurteilen: Wie aussagekräftig, wie ansprechend sind sie für die Zielgruppe? Fragen Sie, ob diese sich dadurch angesprochen fühlen, ob etwas fehlt und vor allem: Können sie alles verstehen? Wenn Sie beispielsweise schreiben: „Der Urlaubsanspruch richtet sich nach dem Tarifvertrag XY“, ist die Information für einen potenziellen Bewerber wertlos. Welcher junge Mensch kennt schon den Tarifvertrag XY? Versuchen Sie also – mit Unterstützung der jungen Mitarbeiter –, Ihre Informationen zielgruppengerecht zu formulieren.

Jürgen Heidenreich

Zwei stilisierte Fische, ein großer und ein kleiner, schwimmen nach rechts mit einem hellen Hintergrund, der den Eindruck einer ruhigen Wasserumgebung vermittelt.
Ein neugieriger Fisch beäugt einen hinterhältigen Wurm, der unwissentlich als Köder an einem Angelhaken dient, während eine ahnungslose Garnele auf dem Wurm reitet und sich der drohenden Gefahr nicht bewusst ist.

Wie wäre es mit einem Praktikum?

Jetzt mal ohne Corona: Ein Schulpraktikum hatten fast 86 Prozent der befragten Jugendlichen absolviert – nicht wirklich überraschend. Allerdings haben immerhin 28,4 Prozent ein freiwilliges Ferienpraktikum, 18,7 Prozent Probearbeit und 15,8 Prozent einzelne Praxistage in einem Unternehmen abgeleistet. Das zeigt eine hohe Motivation und ein großes Interesse – das nicht von allen Unternehmen so geteilt wird. Ein größerer Teil (35,1 Prozent) bietet gar keine Praktika an oder bemüht sich zumindest nicht aktiv um Praktikanten. Schade eigentlich, denn ein Praktikum bietet beiden Seiten eine gute Gelegenheit, sich kennenzulernen. Die Praktikanten erfahren aus erster Hand und am eigenen Leib, wie es in dem angestrebten Ausbildungsberuf zugeht. Viele Fehlurteile oder -einschätzungen können so frühzeitig korrigiert werden. Das kann zu einem neu geweckten Interesse führen oder aber vor der Wahl einer falschen Berufsrichtung bewahren. Praktikum lohnt sich also – für beide Seiten.

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