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Der Steuerberater empfiehlt : Blick in die Zukunft der Entgeltabrechnung

Durch die zunehmende Digitalisierung und die damit einhergehende Transformation befürchten viele Entgeltabrechner*innen, überflüssig zu werden. Wir sprechen mit HR-Referentin Pamela Reidt und Steuerberaterin und Teamleiterin Lohn Sina Schmidt von Dierkes Partner.

Jörg BantelmannMagazin
Lesezeit 3 Min.
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Die Entgeltabrechner*innen und die Digitalisierung: Wo stehen wir?

Zwei professionelle Porträtaufnahmen von Frauen mit ihren Namen, Sina Schmidt und Pamela Reidt, unter jedem Bild beschriftet.

 

Sina Schmidt: Im Bereich der Personalabrechnungen hat die Digitalisierung in den letzten Jahren sehr stark Einzug gehalten. Der Austausch von Unterlagen erfolgt fast ausschließlich auf verschiedenen elektronischen Wegen. Die Ablage der Dokumente im System ist bereits vollumfänglich digitalisiert; Papierakten gibt es bei uns nicht mehr. Verschiedene Tools und Schnittstellen, die uns bei der Vorerfassung der Daten oder beim Import der Daten helfen sollen, sind zwar zum Teil vorhanden, werden aber nicht flächendeckend und umfänglich genutzt. Im Bereich der Personalabrechnungen erfolgt ein Großteil der gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen elektronisch. In diesem Bereich gibt es somit keine Alternativen mehr, es muss digital bzw. elektronisch gearbeitet werden.

Pamela Reidt: Wir müssen die Mitarbeiter dahin bringen, diese neuen Möglichkeiten zu testen und zu nutzen und sich selbst mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Wenn die Mitarbeiter offen sind für Neues, können sie die vorhandenen Tools und Möglichkeiten an die Mandanten bringen.

Welche Auswirkungen hatte dies auf die Arbeitsabläufe der Entgeltabrechner*innen?

Sina Schmidt: Durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden Möglichkeiten für elektronische Belegablagen, Datenimporte, Automatismen und Ähnliches werden die Arbeitsprozesse sehr stark neu definiert. Manuelle Eingaben sind durch Vorerfassungssysteme deutlich weniger geworden. Da aber in Unternehmen interne HR-Systeme häufig nicht vorhanden sind oder keine Verknüpfungen zu den Abrechnungsprogrammen bestehen, können Prozesse noch nicht vollständig digital und effizient abgebildet werden.

Wie wirkt sich dies auf die Anforderungen an die Entgeltabrechner*innen aus?

Pamela Reidt: Aufgrund der zunehmenden Komplexität im Steuer- und Sozialversicherungsrecht hat eine starke fachliche Spezialisierung der Entgeltabrechner*innen Einzug gehalten. Allerdings sind neben diesen sehr guten fachlichen Kenntnissen und der ständigen Weiterbildung bei den Entgeltabrechner*innen auch technische Kenntnisse und Interesse an den Abläufen und Programmen von hoher Relevanz. Somit müssen sie auf der technologischen und der fachlichen Ebene gut aufgestellt sein, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Hand ruht in der Nähe eines Fensters mit Jalousien, getaucht in den warmen Schein des Sonnenlichts.

Wird sich dadurch an der Zusammenarbeit im Team etwas ändern?

Pamela Reidt: Ja, es wird Veränderungen oder zumindest Anpassungen Sina Schmidt Pamela Reidt geben müssen. Um effizient arbeiten und Informationen reibungslos austauschen zu können, müssen nun drei Bereiche stärker miteinander kommunizieren: die HR-Abteilung, die IT-Abteilung und die Entgeltabrechner*innen. Somit müssen die zukünftigen Entgeltabrechner*innen zusätzlich Kommunikationsstärke, Organisationstalent und Teamfähigkeit mitbringen. Bei ihnen müssen die Informationen zusammenlaufen und richtig verarbeitet werden. Sie werden die Schnittstellen zwischen den Bereichen sein und Informations- und Datenflüsse koordinieren.

Und welche Auswirkungen hat das auf die Entgeltabrechnung in der Zukunft?

Sina Schmidt: Zukünftig wird die manuelle Eingabe von Daten einen immer geringeren Anteil an der täglichen Arbeit haben und langfristig möglicherweise vollkommen wegfallen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Entgeltabrechner*innen in Zukunft nichts mehr zu tun haben werden. Wir gehen eher davon aus, dass die Beratung und die Optimierung immer mehr in den Vordergrund rücken werden. Dazu gehören die korrekte steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der verschiedenen Gehaltsbestandteile und die Beratung im Bereich der Optimierung der Gehälter der Mitarbeiter.

Müssen die Entgeltabrechner*innen Angst vor Outsourcing der Prozesse in das günstigere Ausland haben?

Sina Schmidt: Nein. Wir nehmen aktuell verstärkt wahr, dass die Entgeltabrechnung ein hochsensibles Thema ist. Durch die zunehmende Komplexität des deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrechts werden die Entgeltabrechnungsprozesse wenig outgesourced, sondern verbleiben wie bisher in Deutschland bzw. outgesourcte Prozesse werden zurückgeholt.

Also werden die Entgeltabrechner*innen auch in Zukunft notwendig sein?

Sina Schmidt: Definitiv ja. Trotz der Automatisierung der Prozesse und der automatischen Datenverarbeitung werden durch die gesetzlichen Vorgaben und die Komplexität der Abrechnungen die Entgeltabrechner*innen unverändert eine weiterhin wichtige Rolle einnehmen.

Pamela Reidt: Das sehe ich auch so. Trotz Einspielungen und Automatisierung werden immer Fachleute die finalen Entscheidungen treffen müssen, um steuer- und sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte korrekt zu bewerten und zu beurteilen. Die Ergebnisse der automatisierten Prozesse müssen weiterhin auf Richtigkeit oder mögliche Fehler geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Die Tätigkeitsschwerpunkte werden sich verlagern und die Mitarbeiter fachlich mehr fordern, da sie eine kontrollierende und prüfende Rolle einnehmen. Dies ist vor allem für die Entgeltabrechner*innen von Vorteil, denen die Ablage und die Datenpflege bereits heute lästig sind. Durch den Wegfall dieser Tätigkeiten kann langfristig Platz für neue Aufgaben in der Beratung oder in anderen Bereichen geschaffen werden.

Jörg Bantelmann, Dierkes Partner, Hamburg

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