Im Blick: Lohnsteuerrecht
Kürzung der Verpflegungsmehraufwendungen gilt auch für Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte
BFH-Urteil vom 12.07.2021 – VI R 27/19
Mit Urteil vom 12.07.2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Verpflegungspauschalen im Fall einer Mahlzeitengestellung auch dann zu kürzen sind, wenn der Steuerpflichtige nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt.
Der Kläger war als Offizier auf See an Bord von Schiffen tätig. Dort erhielt er seine Mahlzeiten unentgeltlich. In den Heuerabrechnungen wurden sie als steuerfreier Sachbezug behandelt. An einzelnen „Hafentagen“ blieb die Bordküche jedoch kalt, so dass sich der Kläger selbst versorgen musste. Den trotz der unentgeltlichen Gestellung der Mahlzeiten geltend gemachten Abzug der Verpflegungspauschale für alle Tage an Bord des Schiffes lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht ließ den Abzug der Verpflegungspauschale für die Tage der Selbstversorgung zu, für die übrigen Tage lehnte es den Werbungskostenabzug ab.
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Das Gesetz enthält eine umfassende Verweisung auf die entsprechenden Regeln für Arbeitnehmer mit erster Tätigkeitsstätte. Es ordnet insoweit eine Gleichstellung beider Gruppen an.
Arbeitnehmer, die außerhalb ihrer Wohnung und ihrer ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig sind (auswärtige berufliche Tätigkeit), können zur Abgeltung tatsächlich entstandener, beruflich veranlasster Mehraufwendungen nach Abwesenheitszeiten gestaffelte Verpflegungspauschalen abziehen. Diese sind allerdings zu kürzen, wenn vom Arbeitgeber Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden. Werden sämtliche Mahlzeiten gestellt, entfällt der Abzug der Verpflegungspauschalen vollständig. Auf der anderen Seite muss der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil – hier in Form der Mahlzeitengestellung – nicht lohnversteuern. Für Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügen, ordnet das Gesetz eine entsprechende Handhabung an. Während der Kläger meinte, der gesetzliche Verweis umfasse die Kürzung der Verpflegungspauschalen bei unentgeltlicher Mahlzeitengestellung nicht, sah der BFH die Verweisung als umfassend an. Daher gelte die Kürzung der Verpflegungspauschalen im Fall der Mahlzeitengestellung auch für solche Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügten. Nur diese nach Wortlaut, Systematik und erkennbarem Willen des Gesetzgebers gebotene Gesetzesauslegung stelle sicher, dass Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte gegenüber solchen mit erster Tätigkeitsstätte nicht systemwidrig begünstigt würden. Entsprechend bestätigte der BFH die Steuerfreiheit der Mahlzeitengestellung.
Mit Urteil vom 07.07.2020 (VI R 16/18) hatte der BFH in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass dem Steuerpflichtigen dem Grunde nach zustehende Verpflegungspauschalen auch bei Nichteinnahme der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten zu kürzen sind.
Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei Auslandsreisen ab 2022
BMF-Schreiben vom 03.12.2020 – IV C 5 – S 2353/19/10010 :002
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichte am 29.09.2021 die aktuellen Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten bei betrieblich veranlassten Auslandsdienstreisen. Pandemiebedingt gelten die Pauschalen des Jahres 2021 unverändert auch im Kalenderjahr 2022 und werden nicht neu festgesetzt. Das am 03.12.2020 veröffentlichte Anwendungsschreiben regelt die Reisekosten und Reisekostenvergütungen „ab dem 01.01.2021“ und muss damit nicht für das Kalenderjahr 2022 angepasst werden.
Konsultationsvereinbarung mit Belgien verlängert
BMF-Schreiben vom 29.09.2021 – IV B 3 – S 1301-BEL/20/10002 :001
Die Konsultationsvereinbarung zwischen dem Königreich Belgien und der Bundesrepublik Deutschland wurde bis zum 31.12.2021 verlängert. Die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern läuft grundsätzlich am Ende eines Monats aus, wenn sie nicht spätestens eine Woche vor Ablauf des vorhergehenden Monats verlängert wird. Mit schriftlicher Vereinbarung der zuständigen Behörden vom 23.09.2021 wurde sie nunmehr bis zum 31.12.2021 verlängert.
Konsultationsvereinbarung mit Frankreich verlängert
BMF-Schreiben vom 30.09.2021 – IV B 3 – S 1301-FRAU/19/10018 :007
Die Konsultationsvereinbarung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland wurde bis zum 31.12.2021 verlängert. Angesichts dessen, dass es sich bei der Konsultationsvereinbarung um eine außergewöhnliche und vorübergehende Maßnahme handelt, werden die zuständigen Behörden Deutschlands und Frankreichs vor dem 31. Dezember 2021 die Entwicklung der COVID-19-Pandemielage beurteilen und einander hinsichtlich der Kündigung oder der Dauer einer weiteren Verlängerung der Konsultationsvereinbarung besprechen.
Konsultationsvereinbarung mit Österreich verlängert
BMF-Schreiben vom 07.10.2021 – IV B 3 – S 1301-AUT/20/10001 :002
Die Konsultationsvereinbarung zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland wurde ebenfalls bis zum 31.12.2021 verlängert. Die Konsultationsvereinbarung ist am 30.09.2021 in Kraft getreten und findet auf Arbeitstage im Zeitraum vom 11.03.2020 bis nunmehr zum 31.12.2021 Anwendung. Die Konsultationsvereinbarung verlängert sich nach dem 31.12.2021 automatisch vom Ende eines Kalendermonats zum Ende des nächsten Kalendermonats, sofern sie nicht von der zuständigen Behörde eines der Vertragsstaaten mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats durch schriftliche Erklärung an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats gekündigt wird.
Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen
BMF-Schreiben vom 28.09.2021 – IV C 3 – S 2221/21/10016 :001
Das BMF-Schreiben vom 24.05.2017 wird nach aktueller BFH-Rechtsprechung angepasst. Leistungen, die nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Einkommensteuergesetz (EStG) steuerbare Einkünfte darstellen, mindern die als Sonderausgaben abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen nicht (vgl. BFH vom 07.07.2020, BStBl 2021 II S. XX). § 10 Absatz 4b EStG ist in diesen Fällen nicht anzuwenden.
Übersteigen die vom Steuerpflichtigen erhaltenen Erstattungen zzgl. steuerfreier Zuschüsse die im Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG, sind – soweit § 10 Abs. 4b EStG anzuwenden ist (siehe Randziffer 56a) – die Aufwendungen mit Null anzusetzen. Für den insoweit entstandenen Erstattungsüberhang ist entsprechend § 10 Abs. 4b Satz 2 und 3 EStG zu verfahren (gültig ab Veranlagungszeitraum 2012). Ein Erstattungsüberhang, der sich bei den Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3a EStG ergibt, ist in den Veranlagungszeitraum der Zahlung zurückzutragen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
Markus Stier