Besondere Regelungen : Mehrfachbeschäftigungen richtig abrechnen
Gerade in den Sommer- und Ferienmonaten werden häufig Aushilfen als geringfügig entlohnte Beschäftigung oder als kurzfristige Beschäftigung abgerechnet. Zu beachten ist dabei, dass auch Mehrfachbeschäftigungen vorkommen können, die u. U. Auswirkungen auf die Abrechnung haben.
Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV werden zunächst mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen zusammengerechnet. Dies bedeutet, dass für die Einhaltung der 450-Euro-Grenze beide Beschäftigungen von Bedeutung sind. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung wird nicht mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung zusammengerechnet. Beide Beschäftigungen werden für sich allein betrachtet.
Eine Zusammenrechnung setzt voraus, dass dem Grunde nach zwei oder mehrere Einzelbeschäftigungen bestehen. Liegt ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor, scheidet eine Zusammenrechnung aus.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben hierzu abgrenzbare und einheitliche Kriterien definiert, die für die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses sprechen.
Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden in der Sozialversicherung als eine Einheit betrachtet. Die Art der jeweils ausgeübten Beschäftigung ist dabei unbedeutend; es ist also nicht erforderlich, dass bei einem Arbeitgeber gleiche oder funktionsverwandte Tätigkeiten ausgeübt werden. Für die Bestimmung des Arbeitgebers ist danach wesentlich, wer die wirtschaftliche und organisatorische Dispositionsbefugnis über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat, ist in der Regel derjenige, der Vertragspartei ist. Eine Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion durch vertragliche Abreden führt nicht zu einer „Verdopplung“ des Arbeitgebers.
Wird im unmittelbaren Anschluss an eine geringfügig entlohnte Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine auf längstens drei Monate befristete Beschäftigung vereinbart, prüfen Sozialversicherungsprüfer genauer. Die Geringfügigkeits-Richtlinien der Sozialversicherung geben eine widerlegbare Vermutung vor, dass es sich um die Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung handelt, und somit ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
Die Folge ist, dass bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 450 Euro im Monat ab dem Zeitpunkt der Vereinbarung der befristeten Beschäftigung die Arbeitsentgeltgrenze überschritten wird und damit Versicherungspflicht eintritt. Bei einem monatlichen Arbeitsentgelt bis 450 Euro liegt durchgehend eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor. Wenn zeitgleich Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt werden, ist grundsätzlich eine getrennte versicherungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Beschäftigungen organisatorisch und wirtschaftlich eng verflochten sind und die Dispositionsbefugnis über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in allen Beschäftigungen ein und derselben Person oder einer einheitlichen Leitung obliegt.
Werden mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern nebeneinander ausgeübt, sind die Arbeitsentgelte aus den einzelnen Beschäftigungen zusammenzurechnen, und dabei ist die 450-Euro-Grenze zu beachten. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Übersteigen beide Beschäftigungen die Grenze nicht, sind alle Beschäftigungen weiterhin als geringfügig entlohnt abzurechnen. Übersteigen beide Beschäftigungen die Grenze von 450 Euro im Monat, unterliegen alle Beschäftigungen der Sozialversicherungspflicht.
Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben kurzfristiger Beschäftigung
Die Zusammenrechnung nach § 8 Abs. 2 SGB IV betrifft nur mehrere zeitgleich ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigungen oder mehrere nacheinander ausgeübte kurzfristige Beschäftigungen.
Eine Zusammenrechnung kommt nicht in Betracht, wenn eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einer kurzfristigen Beschäftigung zusammentrifft. Die Beschäftigungen sollten bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt werden. Ansonsten könnte eine missbräuchliche Gestaltung unterstellt werden. Eine auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres befristete Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt, welches die Minijob-Entgeltgrenze von 450 Euro im Monat nicht überschreitet, kann sowohl als kurzfristige als auch als geringfügig entlohnte Beschäftigung behandelt werden. Werden diese Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt, ist darauf zu achten, ob die jeweiligen Voraussetzungen für das Vorliegen von Geringfügigkeit erfüllt sind.
Praxishinweis:
In der Zeit vom 01.03. bis 31.10.2021 ist die Zeitdauer für kurzfristige Beschäftigungen von drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen auf vier Monate bzw. 102 Arbeitstage ausgedehnt worden.
Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben versicherungspflichtiger Beschäftigung
Häufig arbeiten Arbeitnehmer neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bei anderen Arbeitgebern geringfügig. Hier schreibt § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV vor, dass geringfügig entlohnte Beschäftigungen – mit Ausnahme einer geringfügig entlohnten Beschäftigung – mit einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammenzurechnen sind.
Die Einschränkung „mit Ausnahme einer geringfügig entlohnten Beschäftigung“ bedeutet, dass stets für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung die Zusammenrechnung mit der nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung entfällt. In der Folge darf der Arbeitnehmer neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung einen Minijob ausüben, ohne dass es zu einer Zusammenrechnung kommt. Übt der Arbeitnehmer neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen aus, dann scheidet für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung die Zusammenrechnung mit der nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Ausgenommen von der Zusammenrechnung wird dabei diejenige geringfügig entlohnte Beschäftigung, die zeitlich zuerst aufgenommen worden ist. Für diese Beschäftigung gelten weiterhin die besonderen versicherungs-, beitrags- und melderechtlichen Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Minijob).
Die weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigungen sind mit der nicht geringfügigen (sozialversicherungsrechtlichen) Beschäftigung zusammenzurechnen. In diesen Fällen besteht dann auch in der zweiten geringfügig entlohnten Beschäftigung bzw. in jeder weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigung Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung. Die Vorgaben zur Zusammenrechnung von Beschäftigungen können auch dazu führen, dass eine für sich allein gesehen geringfügig entlohnte Beschäftigung infolge der Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung zum Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze führt.
Praxishinweis:
Damit die Mehrfachbeschäftigung zukünftig von den Sozialversicherungen und der Finanzverwaltung besser geprüft werden kann, haben die Arbeitgeber die Steuer-ID bei der Meldung von Minijobs mit anzugeben. Hierdurch kann festgestellt werden, ob ein Arbeitnehmer mehrfach von Arbeitgebern gemeldet wurde. Insofern ist es notwendig, auch von geringfügig Beschäftigten und von kurzfristig Beschäftigten bereits bei der Einstellung in einem Personalfragebogen die Steuer-ID abzufragen und in den Stammdaten zu hinterlegen.
Daniela Karbe-Geßler