Banner Online Kompaktkurse für fundiertes Wissen zu neuesten Gesesetzesänderungen und Abrechnungskriterien
Free

Ein Gespräch mit Tim Schütte : Der neue Mann

Tim Schütte ist neu in unserer Branche. Als Geschäftsführer der Paychex Deutschland GmbH hat sich der überzeugte Teamplayer viel vorgenommen. Im Gespräch mit ihm erlebten wir einen klugen und tatkräftigen Menschen, dessen frische Sicht auf die Dinge nicht nur seinem Arbeitgeber guttun wird.

Markus MattFokus
Lesezeit 4 Min.
Ein lächelnder Mann mit rasiertem Kopf, der einen dunklen Pullover über einem Hemd mit Kragen trägt, vor einem hellen Hintergrund.

Herr Schütte, Sie sind neu in der Payroll-Branche. Welches waren Ihre bisherigen beruflichen Schwerpunkte?

Das ist richtig, naturgemäß bin ich kein Spezialist für Lohn-/Entgeltabrechnung. Tatsächlich komme ich aus der Vertriebs- und IT-Welt großer Tech-Firmen. Ich war lange bei Oracle, Microsoft und auch Sennheiser tätig. Bei Paychex möchte ich die nächste Wachstumsstufe zünden und das Unternehmen weiter vorantreiben.

Sie haben nun zu Beginn Ihrer Tätigkeit noch einen frischen Außenblick, der sehr wertvoll ist. Wie würden Sie die Szene beschreiben?

Im Grunde ist es für mich bei Paychex aktuell so: Viele Bereiche wirken auf den ersten Blick eher eintönig. Wenn man aber tiefer in ein Thema eindringt, wird es ziemlich bunt.

Die Branche wird meiner Meinung nach recht stiefmütterlich behandelt und kennzeichnet sich durch unzureichende Wertschätzung. Dabei bewegen wir zuverlässig Milliarden an Gehältern, Löhnen, Beiträgen etc. und sind in einem Bereich tätig, der nahezu jeden Menschen betrifft. Wir tragen eine große Verantwortung und ermöglichen unseren Kunden, sich zu 100 Prozent auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Allein das schreit schon nach Anerkennung für alle Payroll-Experten.

Es gibt in Deutschland keine wirkliche Ausbildung zur Fachkraft Payroll. Trägt dieser Umstand Ihrer Auffassung nach zur häufig eher mäßigen Bezahlung der „Payroller“ bei?

Der Umstand, dass Entgeltabrechnung kein Ausbildungsberuf ist, ist nicht besonders förderlich. Unternehmen unterschätzen in der Praxis gerne die Komplexität der Lohn- und Gehaltsabrechnung, denn oft wird angenommen, dass die Tätigkeit mal so schnell nebenbei mit erlernt wird und keinerlei großer Expertise bedarf. Dabei sind das Spezialisten, die über ein enormes Expertenwissen verfügen und im Grunde unabdingbar sind – Digitalisierung hin oder her.

Lohn- und Gehaltsabrechner sind der Kern des Geschäftserfolgs in unserer Branche; dennoch werden diese hochspezialisierten Kolleg*innen zum Teil recht stiefmütterlich behandelt.

Wir bei Paychex wollen es besser machen und beim Thema Entlohnung noch genauer hinschauen. Neben einem fairen Gehalt möchten wir aber auch andere Benefits wie Homeoffice, längeren Urlaub, regelmäßige Fortund Weiterbildung etc. ermöglichen und verstärken. Viele Payroll-Spezialisten sehnen sich häufig einfach nach einer festen Vertretung, um auch mal länger als eine Woche Urlaub machen zu können. Das ist in der Branche nicht selbstverständlich. Dazu braucht es ausreichend qualifiziertes Personal, das ständig weitergebildet und angemessen wertgeschätzt wird. Ich bin davon überzeugt, dass zufriedene Mitarbeiter Kunden besser bedienen und so eine nachhaltige Partnerschaft zu diesen entwickeln.

Warum ist das Image dieses Tätigkeitsfeldes oftmals auch in den Unternehmen selbst so grau? Das passt nicht zur diskutierten Systemrelevanz der Entgeltabrechnung.

Grundsätzlich ist das Thema Entgeltabrechnung – unabhängig von der Unternehmensgröße – stets eine Frage des Mindsets und der Priorisierung des Unternehmens. Unternehmen, Kanzleien und deren Klienten, die die Services auslagern, können sich vollständig auf ihr eigentliches Geschäft fokussieren. Entscheiden sie sich für eine Inhouse-Lösung, so muss ihnen klar sein, dass sie gutes, qualifiziertes und motiviertes Personal benötigen, das bereit ist, sich ständig weiterzubilden. Es ist extrem schwierig, das richtige und qualifizierte Personal für diese Themen zu finden. Dabei denke ich, dass in der Praxis vor allem viele Vorurteile existieren. Es wird als einfache, stumpfe Aufgabe abgetan, bei der irgendjemand irgendwo zwei Knöpfe drückt und schon ist der Gehaltszettel fertig. Das prägt natürlich auch das Image. Die dahinterliegende Komplexität und das benötigte Fachwissen werden häufig nicht gesehen und erst im Ernstfall als wichtig anerkannt. Corona und die Kurzarbeiter-Regelungen haben dies verdeutlicht. Unser Auftragsvolumen und unsere Auslastung haben extrem zugenommen, was nicht zuletzt am fehlenden Know-how der Unternehmen lag. Womit wir beim Thema Systemrelevanz wären: Dieses Spezialwissen haben nicht viele. Genau deswegen ist es auch so wichtig, der Branche mehr Bedeutung und Aufmerksamkeit zu geben.

Neue Geschäftsführer haben ähnlich wie gewählte Politiker in den ersten 100 Tagen besondere Chancen zu Paradigmenwechseln. Wie sieht das bei Ihnen aus? Mit welcher Philosophie führen Sie und welche Veränderungen sind Ihnen wichtig?

Meine Stärke ist es, Menschen zu motivieren und mitzunehmen, mit ihnen gemeinsam etwas aufzubauen, Prozesse zu optimieren, Veränderungen zu steuern und Strukturen neu zu überdenken. Ich habe ein Faible für sich wandelnde und wachsende Firmen, für multinationale und multikulturelle Teams. Diesen Spirit möchte ich auf Paychex übertragen. Dabei ist mir ein Austausch mit jedem Mitarbeiter auf Augenhöhe extrem wichtig. Deshalb biete ich auch allen Kolleg*innen das „Du“ an. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, mit jedem Mitarbeiter ein initiales, individuelles 30-Minuten-Gespräch zu führen und genau zuzuhören, wo es Wünsche und Bedürfnisse, aber auch Ideen und Kritik gibt. Daneben führe ich einmal im Monat einen einstündigen All Hands Call, in dem jeder seine Fragen an mich stellen kann. Davon erhoffe ich mir sehr viel. Ansonsten ist das Thema Mitarbeiterzufriedenheit wie gesagt ein strategisch sehr wichtiges für mich. Damit einher gehen viele Veränderungen: Homeoffice-Regelungen, Verbesserung der Arbeitsatmosphäre, mehr Aus- und Weiterbildung, um nur ein paar zu nennen. Meine Tür steht meinen Kolleg*innen immer offen, ich will für sie erreichbar sein, persönlich oder eben über einen Videochat, den wir dank Corona und Homeoffice nun vermehrt nutzen.

Zum Schluss eine persönliche Frage: Welche Dinge bewegen Sie jenseits des Berufes?

Meine Familie und mein Motorrad. Privat bin ich tatsächlich nicht so digital unterwegs wie im Beruf. Ich liebe es, mit dem Motorrad über die schwäbische Alb zu fahren und in meiner Garage herumzubasteln, wenn im Radio die Bundesliga läuft. Das ist wie Urlaub für mich.

Markus Matt

Diesen Beitrag teilen: