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Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung : Kommt sie oder kommt sie (noch) nicht?

Jeder Beschäftigte, jeder Arbeitgeber kennt ihn seit Jahrzehnten: den „gelben Schein“. Von manchen auch „gelber Urlaubsschein“ genannt. Offiziell handelt es sich um die ärztliche Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit. Es ist ein offizieller Vordruck, dessen Aussehen im Bundesmantelvertrag Ärzte (für Kassenärzte) festgelegt ist. Für privat krankenversicherte Beschäftigte können andere, formlose Bescheinigungen ausgestellt werden.

Lesezeit 2 Min.
Fokussiert auf Papierkram: Eine Nahaufnahme einer Person, die Dokumente mit Liebe zum Detail durchliest.

Mit der Bescheinigung weist der Beschäftigte seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit nach, Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In den meisten Unternehmen ist die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung erst bei einer Erkrankung von mehr als drei Tagen erforderlich. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit muss aber in jedem Fall sofort und unverzüglich am ersten Tag erfolgen.

Schon seit 2017 hat die Techniker Krankenkasse für ihre Mitglieder die Möglichkeit einer elektronischen Krankschreibung im Rahmen eines Pilotverfahrens ermöglicht. Allerdings war die Zahl der teilnehmenden Ärzte und Arbeitgeber begrenzt. Gleichwohl wurden dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt, die auch Auswirkungen auf das neue – jetzt gesetzlich vorgeschriebene – Verfahren hatten.

Ab 2021 sollen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für gesetzlich Krankenversicherte auf elektronischem Weg ausgetauscht werden – zunächst allerdings nur zwischen Arzt und Krankenkasse. Ab 2022 sollen dann auch die Arbeitgeber in das elektronische Verfahren einbezogen werden.

Und so funktioniert es:

  1. Schritt: Die Arztpraxis erstellt einen Datensatz mit den Inhalten, wie sie im Wesentlichen auch heute auf dem Vordruck stehen.
  2. Schritt: Der Datensatz wird verschlüsselt auf sicheren Leitungen an die zuständige Krankenkasse übermittelt.
  3. Schritt: Die Daten werden bei der Krankenkasse für ihre Zwecke verarbeitet.

Ab 2022 werden die Daten dann zugleich in einer gesonderten Datei – hier ohne Befunde und Diagnosen – zum Abruf für den Arbeitgeber bereitgestellt.

  1. Schritt: Wenn der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter über die Arbeitsunfähigkeit informiert wurde, kann er den Datensatz mittels seines Entgeltprogramms von der Krankenkasse abrufen und in sein System übernehmen.

Durch das neue Verfahren bleibt der Beschäftigte zwar in der Pflicht, die Arbeitsunfähigkeit bei seinem Arbeitgeber anzuzeigen, wird aber von der Pflicht zur Vorlage der entsprechenden Bescheinigung entbunden. Damit entfallen künftig Probleme zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei einer verspäteten Vorlage der Bescheinigung. Gleiches gilt für Probleme zwischen Krankenkasse und Mitglied, wenn etwa während des Bezugs von Krankengeld die Meldung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit zu spät eingeht.

Eine Hand, die eine deutsche „Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ hält, die normalerweise von einem Arzt ausgestellt wird, um zu bestätigen, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit oder Verletzung arbeitsunfähig ist. Das Dokument verdeutlicht die Bedeutung und den offiziellen Charakter solcher Zertifikate am Arbeitsplatz sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.

Aufgrund der anspruchsvollen technischen Umsetzung und der datenschutzrechtlichen Problematik gibt es eine längere Übergangsfrist. Der Austausch zwischen Arzt und Krankenkasse soll – anders als im Gesetz vorgesehen – nicht schon ab 01.01.2021, sondern erst ab 01.10.2021 verpflichtend werden. Sind allerdings die technischen Voraussetzungen in der Arztpraxis zu einem früheren Zeitpunkt vorhanden, muss die Datenübermittlung dann auch erfolgen. Das Bundesgesundheitsministerium hat der Übergangsregelung bereits zugestimmt.

Für die Unternehmen hat das neue Verfahren durchaus Vorteile. So entfallen bei der Abrechnung mit der Entgeltfortzahlungsversicherung Rück- und Nachfragen, da die gemeldeten Arbeitsunfähigkeitszeiten bei Krankenkasse und Arbeitgeber zwangsläufig übereinstimmen müssen – ausgenommen die ersten drei Tage, für die aber auch für die Abrechnung mit der Versicherung kein ärztlicher Nachweis erforderlich ist.

Die elektronisch gemeldeten Arbeitsunfähigkeitszeiten können automatisch in die internen Arbeitszeitkonten übernommen werden und müssen nicht mehr händisch eingegeben werden. Allerdings müssen ggf. interne Strukturen und Abläufe angepasst werden, damit die über das Entgeltprogramm eingegangenen Informationen an die zuständigen Führungskräfte und andere Stellen im Unternehmen weitergeleitet werden. Für diese Aufgabe ist die Verlängerung der Umsetzungsfrist von Vorteil – Sie sollten sie nutzen.

Jürgen Heidenreich

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