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Teil 1 : Loben oder meckern – was ist besser?

„Nicht geschimpft ist gelobt genug!“ oder „Solange ich nichts sage, ist alles in Ordnung!“ Sicher kennen Sie solche Aussagen auch – und leider nicht nur von Führungskräften alter Schule.

Lesezeit 4 Min.
Ein Miniatur-Vintage-Rollermodell vor einem verschwommenen städtischen Hintergrund, das ein Gefühl nostalgischer Fortbewegung in einer modernen Umgebung einfängt.

Noch immer ist Deutschland das Land in Europa, in dem am wenigsten gelobt wird. Dabei wollen die Mitarbeiter ein regelmäßiges Feedback. Sogar eine kritische Rückmeldung ist besser als gar keine. Wie sollen die Mitarbeiter denn auch besser werden, wenn sie kein Feedback – positiv oder negativ – erhalten?

In unserer Miniserie beschäftigen wir uns mit der Frage, wie und wann der Vorgesetzte lobt und wie man Kritik wirksam, aber wohlwollend „rüberbringt“.

Richtig loben

Es gibt ein paar Grundregeln, wie man „richtig“ lobt. Hier die wichtigsten:

Persönlich Ein Lob ist wertvoll und sollte auch so behandelt werden. Das kommt direkt vom Chef, es wird nicht über Dritte gegeben, kann also nicht delegiert werden. Persönlich heißt auch: von Angesicht zu Angesicht. Wenn das tatsächlich nicht möglich ist, geht es auch am Telefon oder per Web-Schaltung.

Konkret Ein allgemeines „gute Arbeit“ ist schön, aber oft kann der Betroffene damit nichts anfangen, weil er nicht weiß, worauf genau sich die Aussage bezieht. Besser ist, eine bestimmte Tätigkeit oder ein konkretes Verhalten zu benennen.

Ehrlich Loben um des Lobens willen bewirkt nichts (oder das Gegenteil), weil sich der Mitarbeiter nicht ernst genommen fühlt. Es muss ernst gemeint sein und von Herzen kommen. Einen Anlass findet man immer – manchmal muss man vielleicht ein wenig danach suchen oder besonders aufmerksam sein. Es muss auch nicht immer die große Heldentat sein. Auch im Kleinen, Alltäglichen ist es wichtig, die Arbeit gut zu machen. Die Engländer sagen: „Catch him at being good!“ und das ist jeder mal – auf seine Art.

Uneingeschränkt Ein Lob ist ein Lob und sollte uneingeschränkt erteilt werden. Eine Einschränkung („Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“ oder „Warum machen Sie das nicht immer so gut?“) macht das Lob kaputt. Auch die Verbindung mit gleichzeitig geäußerter Kritik ist keine gute Idee.

Zeit und Ort Ein Lob vor versammelter Mannschaft ist ein zwiespältiges Ding. Einige (wenige) mögen das und blühen dabei regelrecht auf, den meisten ist es aber eher peinlich. Also besser unter vier Augen loben.

So schnell wie möglich Die (positive) Reaktion sollte in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Leistung stehen. Sonst verpufft die Wirkung, weil sich der Gelobte vielleicht schon längst von dem Thema verabschiedet hat oder sich gar nicht mehr daran erinnern kann.

Weitergeben Behalten Sie Lob von externer Stelle nicht für sich, sondern geben Sie es zeitnah weiter. Etwa wenn sich ein Kunde positiv geäußert hat. Das gilt für ein Lob an den Einzelnen oder auch an das ganze Team.

Loben ist oft deshalb so schwierig, weil die Führungskräfte es nicht gewohnt sind. Sie haben es selbst viel zu wenig erfahren. Zudem wird Lob längst nicht in allen Führungslehrgängen thematisiert. Es fehlt also einfach an Übung und eigener Erfahrung. Man kann es aber lernen. Nehmen Sie sich als eigene Aufgabe vor, auf lobenswerte Ergebnisse oder positives Verhalten zu achten, und sprechen Sie das dann auch an. Es tut nicht weh – ganz im Gegenteil. Es ist eine gute Motivation – für beide Seiten, denn Sie werden sehen, wie gut es Ihnen selbst tut, wenn Sie einen Mitarbeiter loben.

Und: Loben wirkt, motiviert und kostet nichts. Manche Führungskräfte haben Angst, dass der Mitarbeiter nach einem Lob gleich mit einer Gehaltsforderung kommt. Das ist aber ein Gerücht (oder eine willkommene Begründung, nicht zu loben), passiert allerdings so gut wie nie.

Also: Versuchen Sie es doch einfach mal – es ist gar nicht so schwer.

Azubis brauchen besonders viel Lob!

Die Generation Z und folgende sind von zu Hause einiges gewohnt: ganz viel Lob selbst für Kleinigkeiten zum Beispiel. Liefen noch wenige Generationen zurück die Kinder eher „nebenbei“, stehen sie seit einigen Jahren im Mittelpunkt. Alles dreht sich um den Nachwuchs. Was bedeutet, dass die Kinder sehr früh nach ihrer Meinung gefragt werden und mitentscheiden können. Und sie werden von Kindesbeinen an immer wieder gelobt – oft nur für Kleinigkeiten.

Zwei Wegweiser an einem Baum, die in entgegengesetzte Richtungen zeigen, wobei die Worte „kritik“ auf dem roten Schild nach links zeigen und „lob“ auf dem grünen Schild nach rechts zeigen, was die Wahl zwischen Kritik und Lob symbolisiert.

Hinzu kommt, dass die Jugendlichen häufig Online-Spiele nutzen. Dort besteht das Prinzip in immer neuen „Belohnungen“ für erreichte (manchmal winzige) Fortschritte. All das prägt natürlich die jungen Menschen. Und dann kommen sie in ein Unternehmen und beginnen dort ihre Ausbildung – oft ein Kulturschock! Plötzlich werden sie nicht mehr gefragt, was und wie sie es denn gerne hätten, sondern sie bekommen klare Anweisungen – ohne vorher gefragt zu werden. Ordentliche Arbeit wird vielfach als selbstverständlich vorausgesetzt, ein Lob gibt es nur selten.

Auf diese Sozialisierung des Berufsnachwuchses sollten die Ausbilder Rücksicht nehmen – in moderater Form. Also ruhig öfter mal loben (ohne zu übertreiben). Das hilft den jungen Leuten, sich im Unternehmen zurechtzufinden und sich einzugewöhnen.

Davon abgesehen: Feedback ist natürlich für alle Mitarbeiter wichtig, für die jungen Leute aber ganz besonders. Denn wie sollten sie sonst erkennen, was sie gut oder nicht so gut gemacht haben.

Jürgen Heidenreich

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