Im Blick: Sozialversicherungsrecht
Grenzwerte 2024
Wie in jedem Jahr ändern sich auch zum Jahreswechsel 2023/2024 wieder zahlreiche Grenzwerte in der Sozialversicherung. Hier der Überblick:
Hinweis: Bei Redaktionsschluss waren noch nicht alle Änderungen endgültig verabschiedet, deshalb können noch Abweichungen eintreten.
Beitragsbemessungsgrenzen
In der Kranken- und Pflegeversicherung sind die Beitragsbemessungsgrenzen in Ost und West schon seit vielen Jahren identisch. Unterschiede zwischen den neuen und den alten Bundesländern gibt es aber noch in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Allerdings nähern sich diese Werte mit jedem Jahr weiter an. Die Vereinheitlichung ist für 2025 vorgesehen (siehe Tabelle 1).
In der knappschaftlichen Rentenversicherung gelten höhere Beitragsbemessungsgrenzen. Auch hier besteht in den beiden Rechtskreisen nur noch ein kleiner Unterschied (siehe Tabelle 2).
Krankenversicherungspflichtgrenze (jährlich)
- allgemein 69.300 Euro
- besondere Grenze 62.100 Euro
Die Krankenversicherungspflichtgrenze ist um fast 3.000 Euro angehoben worden. Damit wird der Wechsel in die private Krankenversicherung für Beschäftigte schwieriger. Die besondere Grenze entspricht der Beitragsbemessungsgrenze. Sie gilt für Personen, die mit ihrem Entgelt die am 31.12.2003 geltende Versicherungspflichtgrenze überschritten hatten und privat krankenversichert waren. Es handelt sich um eine Art Besitzstandswahrung. Die besondere Grenze gilt für die Betroffenen auch dann, wenn sie zwischenzeitlich ein geringeres Einkommen erzielen und deshalb krankenversicherungspflichtig werden oder sich von der Versicherungspflicht befreien lassen.
Bezugsgröße
- West 3.535 Euro
- Ost 3.465 Euro
Die Bezugsgröße ist Ausgangswert für eine Vielzahl von Grenzwerten in der Sozialversicherung, die davon abgeleitet werden. Beispiele sind Mindesteinstufungen für freiwillig Krankenversicherte, aber auch die Hinzuverdienstgrenzen von Beziehern einer Erwerbsminderungsrente.
geringfügige Beschäftigung 538 Euro
Gleitzone (Midijob) 538,01 Euro bis 2.000,00 Euro
Faktor F 0,6846
Die Einkommensgrenze für versicherungsfreie Minijobs ist inzwischen dynamisch gestaltet und richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestlohn. Dieser wird mit zehn Wochenstunden angesetzt und dieser Wert auf einen Monat umgerechnet (Wochenlohn × 13/3 und aufgerundet). Ausgehend vom Vor-schlag der Mindestlohn-Kommission von 12,41 Euro pro Stunde ergibt sich eine Entgeltgrenze für Minijobs von 538 Euro.
Entsprechend verändert sich der sogenannte Übergangsbereich (auch Gleitzone genannt). Dieser beginnt dann bei 538,01 Euro. Der obere Wert von 2.000 Euro monatlich bleibt unverändert.
Der Faktor F für die Umrechnung des tatsächlichen in das beitragspflichtige Entgelt innerhalb des Übergangsbereichs wird aus den Beitragssätzen zur Sozialversicherung berechnet (28 geteilt durch Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz). Dazu gehören die Beitragssätze zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung.
Geringverdiener 325 Euro
Bei Auszubildenden, deren Arbeitsentgelt nicht mehr als 325 Euro beträgt, muss der Arbeitgeber den Gesamtbeitrag, also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, allein tragen. Außerdem gilt das auch für den Zusatzbeitrag und ggf. den Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung. In der Praxis hat diese Regelung nur noch für einige Praktikanten Bedeutung, da durch die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung im normalen Ausbildungsbereich dieser Grenzwert nicht mehr unterschritten werden kann.
Ausnahmsweise wird in diesen Fällen nicht der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz herangezogen, sondern der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz.
Zu beachten: Wird die Geringverdienergrenze nur durch eine Einmalzahlung überschritten, so trägt der Arbeitgeber die gesamten Beiträge bis zur Grenze von 325 Euro allein. Die auf den überschießenden Betrag entfallenden Beiträge werden nach den üblichen Regelungen aufgeteilt.
Sachbezüge
- Freie Verpflegung 313 Euro
- Freie Unterkunft 278 Euro
- Gesamt1 591 Euro
Die Sachbezüge werden für die vereinfachte Berechnung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen genutzt. Mehr dazu und alle relevanten Sachbezugswerte hatten wir in der letzten Ausgabe der LOHN+GEHALT veröffentlicht.
1 Für Jugendliche und Auszubildende gelten abweichende Beträge.
Beitragssätze
Bei den Beitragssätzen hat es keine größeren Veränderungen gegeben. Lediglich der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung wurde erhöht. Auch die Insolvenzgeldumlage und die Künstlersozialabgabe bleiben unverändert. Änderungen kann es allerdings bei den kassenindividuellen Sätzen geben, also beim jeweiligen Zusatzbeitrag und den Umlagesätzen in der Entgeltfortzahlungsversicherung U1 und U2.
Krankenversicherung
- allgemeiner Beitragssatz 14,6 v. H.
- ermäßigter Beitragssatz 14,0 v. H.
- ggf. zuzüglich eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags
- durchschnittlicher Zusatzbeitrag 1,7 v. H.
- pauschaler Beitragssatz für geringfügig Beschäftigte 13,0 v. H.
Pflegeversicherung
- allgemeiner Beitragssatz 3,4 v. H.
- Beitragszuschlag für Kinderlose 0,6 v. H.
Rentenversicherung
allgemeiner Beitragssatz 18,6 v. H.
Beitragssatz Knappschaft 24,7 v. H.
pauschaler
Beitragssatz für geringfügig Beschäftigte 15,0 v. H.
Arbeitslosenversicherung 2,6 v. H.
Entgeltfortzahlungsversicherung
- U1 nach Satzung der
- U2 jeweiligen Kasse
Insolvenzgeldumlage 0,06 v. H.
Künstlersozialabgabe 5,00 v. H.
Schwerbehindertenausgleichsabgabe steigt
Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen auf wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Tun sie dies nicht, müssen sie für jeden nicht mit einem Schwerbehinderten besetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zahlen. Fällig werden
- 140 Euro bei einer Beschäftigungsquote von drei bis fünf Prozent,
- 245 Euro bei einer Beschäftigungsquote von zwei bis weniger als drei Prozent und
- 360 Euro bei einer Beschäftigungsquote von weniger als zwei Prozent.
2024 wird eine vierte Staffel eingeführt: Ist gar kein Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten besetzt, liegt die Beschäftigungsquote also bei null Prozent, sind 720 Euro zu zahlen.
Grund für die Neuregelung ist, dass noch immer etwa 45.000 beschäftigungspflichtige Arbeitgeber – das ist rund ein Viertel – keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Diese Arbeitgeber sollen künftig eine höhere Ausgleichsabgabe zahlen als diejenigen Arbeitgeber, die wenigstens in geringem Maße schwerbehinderte Menschen beschäftigen.
Änderungen im Meldeverfahren
Zum 01.01.2024 ändert sich auch wieder einiges beim Meldeverfahren zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherung:
Bilaterale Sozialversicherungsabkommen
Die Beantragung einer Entsendebescheinigung A1 wird schon seit einiger Zeit digital vorgenommen, ebenso wie die Rückmeldung der Krankenkasse bzw. der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) oder der Rentenversicherung.
Entsendebescheinigungen aufgrund bilateraler Sozialversicherungsabkommen konnten auch weiterhin nur über Vordrucke beantragt werden. Diese sind ab 2024 in das Meldeverfahren und den digitalen Austausch integriert.
Auch für Großbritannien, für das bisher übergangsweise das klassische A1-Verfahren weitergenutzt wurde, gibt es jetzt eine gesonderte Regelung mit entsprechender digitaler Antragstellung.
Anforderung von Unbedenklichkeitsbescheinigung digital
Schon 2023 wurden die Vordrucke für die Beantragung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen vereinheitlicht. Im zweiten Schritt gibt es ab Januar 2024 einheitliche Regelungen zur elektronischen Anforderung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Unbedenklichkeitsbescheinigungen werden zum Beispiel für die Bewerbung um öffentliche Aufträge benötigt. Mit der Ausstellung bestätigen die Krankenkassen bzw. die Minijobzentrale, dass der Arbeitgeber seinen Pflichten im Bereich der Sozialversicherung ordnungsgemäß nachkommt, insbesondere die Beiträge pünktlich zahlt.
Der elektronische Antrag muss entweder aus einem dafür zugelassenen Entgeltabrechnungsprogramm oder über das Meldeportal gestellt werden. Die Rückmeldung der Einzugsstelle erfolgt dann ebenfalls auf diesem Weg.
Besondere Meldung zur Elternzeit
Die Meldung von Elternzeiten durch den Arbeitgeber stand schon länger auf dem Wunschzettel der Krankenkassen. Sie wurde vielfach auf freiwilliger Basis bereits erstellt. Jetzt ist die Meldung verpflichtend geworden.
Ab 2024 müssen Beginn und Ende einer in Anspruch genommenen Elternzeit der zuständigen Krankenkasse gesondert gemeldet werden, sofern die Beschäftigung durch Wegfall des Anspruchs auf Entgelt unterbrochen wird.
Besonderheit: Bei krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungen muss die Meldung nur abgegeben werden, wenn eine Unterbrechung der Entgeltzahlung für mindestens einen Kalendermonat vorliegt. Das hängt damit zusammen, dass in diesen Fällen die Mitgliedschaft ohnehin (und ohne Beitragszahlung) für einen Monat erhalten bleibt. Die Elternzeitmeldung ist mit der nächsten Entgeltabrechnung abzugeben, spätestens innerhalb von sechs Wochen.
Abfrage der zuständigen Krankenkasse
Die Krankenkasse spielt als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag eine zentrale Rolle im Melde- und Beitragsverfahren. Es kann aber vorkommen, dass der Arbeitgeber die zuständige Krankenkasse nicht ermitteln kann, insbesondere, wenn der Beschäftigte seiner entsprechenden Auskunftspflicht nicht oder nicht zeitnah nachkommt.
In diesen Fällen können Arbeitgeber und Zahlstellen von Versorgungsbezügen über den Spitzenverband Bund der Krankenkassen die aktuelle Mitgliedschaft des Beschäftigten in einer gesetzlichen Krankenkasse elektronisch abfragen.
Der Spitzenverband Bund ermittelt die aktuelle Mitgliedschaft durch eine entsprechende Abfrage bei den Krankenkassen. Für die Abfrage sind die Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort und Versicherungsnummer des Versicherten erforderlich. Der Spitzenverband Bund meldet dann die Betriebsnummer der Krankenkasse zurück, in der der Beschäftigte Mitglied ist.
Jürgen Heidenreich