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Erfolgreiches Payrollmanagement : Compliance in der Entgeltfortzahlung

Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, bei gesetzlichen Feiertagen sowie bei gesetzlich, tarifvertraglich oder einzelvertraglich vereinbartem Erholungsurlaub.

Lesezeit 8 Min.

Wenn Arbeitgeber diese Ansprüche nicht vollständig befriedigen, so handelt es sich um einen arbeitsrechtlichen Verstoß. Weitere Risiken bestehen, wenn Arbeitgeber im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung von der Deutschen Rentenversicherung geprüft werden.

Entgeltfortzahlung

Entgeltfortzahlung

Rechtsgrundlage

während des Erholungsurlaubs

Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)

an gesetzlichen Feiertagen

Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)

bei ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit (AU)

EFZG

Risiko Phantomlohn: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung werden solche Pflichtverstöße aufgegriffen, um zu vermeiden, dass den Sozialversicherungsträgern Beitragseinnahmen entgehen. Arbeitgeber haften für die Sozialversicherungsbeiträge, da es sich in diesen Fällen stets um laufendes Arbeitsentgelt handelt. Die Beitragsschuld erwächst bereits mit Entstehen des arbeitsrechtlichen Entgeltanspruchs (sog. Entstehungsprinzip).

Dieser Tatbestand wird unter dem Begriff des Phantomlohns (oder Fiktivlohns) subsumiert. Die Wirkung tritt auch dann ein, wenn die Entgeltdifferenz weder von den Arbeitnehmern bemerkt noch von diesen nachgefordert wird. Die Arbeitgeberhaftung greift gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV bis zu vier Jahre rückwirkend und umfasst sowohl den gesetzlichen Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil, denn der Arbeitgeber ist Beitrags- und Haftungsschuldner. Bei Vorsatz verlängert sich die Frist gem. § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auf 30 Jahre. Im Übrigen fallen Säumniszuschläge in Höhe von ein Prozent für jeden Monat der verspäteten Zahlung an. Zusätzlich steht der Vorwurf im Raum, der Arbeitgeber habe Arbeitsentgelt gem. § 266a Strafgesetzbuch (StGB) vorenthalten und veruntreut. Die vom Arbeitgeber zu übernehmenden Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung stellen einen geldwerten Vorteil dar, und folglich muss der Arbeitgeber hierfür Lohnsteuern abführen. Aus den genannten Gründen sind die gesetzlichen Bestimmungen zwingend zu beachten, denn es gibt Unterschiede bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für die erwähnten Sachverhalte. Angesichts der Fülle von Entgeltbestandteilen in Verbindung mit einer Vielzahl flexibler Arbeitszeitgestaltungen gilt es für die Mitarbeiter im Lohnmanagement, nicht den Überblick zu verlieren.

Höhe der Entgeltfortzahlung

Die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestimmt sich nach dem sog. Entgeltausfallprinzip. Das heißt, der Arbeitnehmer ist so zu vergüten, als hätte er während der Krankheitszeit gearbeitet. Das Urlaubsentgeltbemisst sich hingegen nach dem durchschnittlichen Verdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn bezogen hat.

Erhalten Arbeitnehmer üblicherweise Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit (SFN- Zuschläge), so sind diese auch bei der Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts bei Krankheit und Urlaub zu berücksichtigen. Hier gibt es die Besonderheit, dass diese Vergütungsbestandteile dann nicht steuerfrei gezahlt werden können. Denn die Steuerfreiheit der SFN-Zuschläge gilt nur bei tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Da während der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, an Feiertagen und während des Erholungsurlaubs keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird, greift weder die Steuerbefreiung noch die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Dies führt wie oben beschrieben zum sog. Phantomlohnrisiko für den Arbeitgeber. Insgesamt können tarifvertragliche Regelungen eine abweichende Berechnung vorsehen. Dies beinhaltet auch mögliche Ansprüche auf fortzuzahlende Zuschläge.

Entgeltfortzahlung bei Urlaub

Die Rechtsgrundlage, aus der sich die Höhe des während des Urlaubs vom Arbeitgeber zu zahlenden Entgelts ergibt, ist § 11 BUrlG. Demnach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Unter diesen Arbeitsverdienst fallen: allgemein geschuldetes Entgelt (Lohn /Gehalt), Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtzuschläge, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, Prämien für besondere Leistungen, wenn sie innerhalb der letzten 13 Wochen erbracht und vergütet wurden, sowie die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Verdiensterhöhungen wirken sich steigernd aus. Verdienstkürzungen infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis sind für die Berechnung des Urlaubsentgelts unbeachtlich. Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. Von der Regelung des § 11 BUrlG kann in Tarifverträgen zugunsten von Arbeitnehmern abgewichen werden.

Entgeltfortzahlung

Entgeltfortzahlung

Berechnung

Urlaubsentgelt

Durchschnittsentgelt

Entgeltfortzahlung (Feiertage)

Entgeltausfallprinzip

Entgeltfortzahlung (Arbeitsunfähigkeit)

Entgeltausfallprinzip

Für die oben genannten Beträge gilt, dass sie im Referenzzeitraum geleistet sein müssen oder der Arbeitnehmer sie bereits beanspruchen können muss. Vermögenswirksame Leistungen werden auch während des Urlaubs gezahlt. Nicht zum Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen zählen: Über- und Mehrarbeitsvergütungen, Weihnachtsgeld sowie Gratifikationen. Der Betrag ist weder auf die Wochen vor dem Urlaubsantritt umzurechnen, noch ist er bei einem Urlaub unmittelbar nach dem Auszahlungsdatum insgesamt zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat die ausgefallene Arbeitszeit zu bezahlen, die der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, wenn er an diesem Tag nicht im Urlaub gewesen wäre. Auf die Arbeitszeit im Bezugszeitraum der letzten 13 Wochen kommt es nicht an.

Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit

Dem Arbeitnehmer ist gem. § 4 EFZG während einer Erkrankung sowie bei einer Spende von Organen, Gewebe etc. das ihm bei der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Hierunter fallen die folgenden Entgeltbestandteile: regelmäßig zustehendes Arbeitsentgelt (Lohn/Gehalt), Zuschläge, wie Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge, Erschwerniszulagen, Funktionszulagen, Gefahrenzulagen, Leistungszulagen. Naturalleistungen sind weiter zu gewähren (Bsp.: Dienstwagen).

Erhält der Arbeitnehmer einen Leistungslohn, so ist gem. § 4 Abs. 1a Satz 2 EZFG der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zu Grunde zu legen. Auch hier kommt es darauf an, was der Arbeitnehmer während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit durchschnittlich verdient hätte, und nicht darauf, was für einen Leistungslohn er in der Vergangenheit erzielt hat. Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sind ungeachtet der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen, sofern der Anspruch in dieser Zeit entsteht. Entgeltanpassungen etwa aus einer tariflichen Entgelterhöhung wirken sich unmittelbar auf die Entgeltfortzahlung aus. Reisekosten, Spesen und Wegeentschädigungen sind zu leisten, wenn diese pauschal und damit unabhängig vom tatsächlichen Entstehen der Kosten gezahlt werden. Ebenso sind Tantiemen, Prämien (bei leistungsorientierter Bezahlung des Arbeitnehmers) und vermögenswirksame Leistungen zu gewähren.

Zum Arbeitsentgelt gehört gem. § 4 Abs. 1a Satz 1 EZFG nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt. Dies gilt auch für die Leistung von Aufwendungen des Arbeitnehmers, soweit der Anspruch auf sie im Falle der Arbeitsfähigkeit davon abhängig ist, dass dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, und dem Arbeitnehmer solche Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen. Liegt ein Fall der Entgeltfortzahlung wegen Krankheit oder einer Spende von Organen etc. vor und ist die Arbeitszeit gleichzeitig aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausgefallen, bemisst sich die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nach der Berechnung der Entgeltzahlung an Feiertagen. Aus § 4 Abs. 4 EZFG ergibt sich, dass durch einen Tarifvertrag – sowie in dessen Geltungsbereich auch einzelvertraglich – eine andere Bemessungsgrundlage für die Höhe des Entgelts festgelegt werden kann.

Dem Arbeitnehmer ist grundsätzlich das Entgelt während des Entgeltfortzahlungszeitraums zu zahlen, das er erhalten hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte und nicht arbeitsunfähig gewesen wäre. Folglich ist die Arbeitszeit maßgeblich, die der Arbeitnehmer gearbeitete hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre. Entscheidend ist die vom Arbeitnehmer geschuldete individuelle Arbeitszeit. Bei Schwankungen der individuellen Arbeitszeit ist eine vergangenheitsbezogene Betrachtung vorzunehmen. Hier ist ein Vergleichszeitraum von zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen. Die vergangenheitsbezogene Betrachtung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass allein die Arbeitszeit maßgeblich ist, die der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, wäre er nicht arbeitsunfähig erkrankt. Treten also im Entgeltfortzahlungszeitraum Änderungen der Arbeitszeit ein, die den Arbeitnehmer getroffen hätten, wenn er gearbeitet hätte, so sind diese Änderungen bei der Feststellung der regelmäßigen Arbeitszeit zu berücksichtigen.

Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen

Die Rechtsgrundlage für die Entgeltzahlung an gesetzlichen Feiertagen ergibt sich aus § 2 EZFG. Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage.

Für Feiertage sind nach Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 06.12.2017 abweichende Regelungen in Tarifverträgen möglich. Der Arbeitgeber schuldet das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn der Feiertag ein Arbeitstag für den Arbeitnehmer gewesen wäre. Die Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen setzt sich grundsätzlich aus den gleichen Entgeltbestandteilen zusammen wie bei Krankheit. Werden an Feiertagen Gratifikationen oder Weihnachtsgeld fällig, so sind diese Leistungen unabhängig vom Feiertag zu erbringen.

Unterschied zwischen Feiertagen und Krankheit

Abweichend gilt, dass an Feiertagen im Gegensatz zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch die Überstunden-/Mehrarbeitsvergütung gezahlt wird. Die Regelung in § 4 Abs. 1a EZFG nimmt Überstunden von der Berechnung des zu zahlenden Entgelts im Fall von Krankheit bzw. bei der Spende von Organen etc. aus. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die in § 2 EZFG geregelten Feiertage. Deshalb besteht an Feiertagen ein Anspruch auf Überstunden- und Mehrarbeitsvergütung. Es kommt auf die Arbeitszeit an, die individuell am Feiertag zu leisten gewesen wäre. Erhält der Arbeitnehmer ein variables Entgelt, ist festzustellen, wie viel Zeit an dem Feiertag ausgefallen ist. Bei einem variablen Entgelt haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung, wenn diese auch an dem Feiertag geleistet worden wäre. Es wird darauf abgestellt, ob vor und nach dem Feiertag Mehrarbeit geleistet wurde. Ist dies der Fall, so ist davon auszugehen, dass auch am Feiertag Mehrarbeit zu leisten gewesen wäre. Beim Zusammentreffen von Krankheit und Feiertag erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, deren Höhe sich nach den Regeln des Feiertagsrechts bestimmt. Der Arbeitnehmer hat danach z. B. auch Anspruch auf Zahlung der Feiertagszuschläge.

Zusammenfassung

In der Sozialversicherung besteht abweichend vom Steuerrecht eine wichtige Unterscheidung zur Fälligkeit von Beitragszahlungen. So gilt für laufende Arbeitsentgelte das Entstehungsprinzip und für Einmalzahlungen das Zuflussprinzip. Damit fallen Beiträge auch auf arbeitsrechtlich geschuldetes, aber nicht gezahltes laufendes Arbeitsentgelt an. Angesichts der Vielzahl von Entgeltbestandteilen in Verbindung mit flexiblen Arbeitszeitgestaltungen ist es für die Mitarbeiter im Lohnmanagement wichtig, stets den Überblick zu behalten.

Dies beinhaltet, die regelmäßigen gesetzlichen Änderungen genauso im Blick zu behalten wie Änderungen in der Rechtsprechung des BAG. Regelmäßige Schulungen sind ebenso notwendig wie die standardisierte Arbeitsweise mit Checklisten und Leitfäden. Dies hat zum Ziel, die notwendigen Arbeiten zur Erstellung einer sachlich und rechnerisch richtigen Entgeltabrechnung auf effiziente Weise zu erledigen und die anstehenden Prüfungen erfolgreich zu bestehen.

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