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Im Blick: Lohnsteuerrecht

Im Juni hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG 2024) beschlossen. Das Jahressteuergesetz ist noch nicht endgültig, da bringt die Bundesregierung einen weiteren Referentenentwurf auf den Weg. Zuerst wurde der Entwurf als zweites Jahressteuergesetz 2024 bezeichnet.

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Entwurf eines Steuerfortentwicklungsgesetzes

Im Juni hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG 2024) beschlossen. Das Jahressteuergesetz ist noch nicht endgültig, da bringt die Bundesregierung einen weiteren Referentenentwurf auf den Weg. Zuerst wurde der Entwurf als zweites Jahressteuergesetz 2024 bezeichnet. Der Name des Gesetzes wurde mit Beschluss des Bundeskabinetts in Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz) geändert. Die Begründung für das neue Gesetzesvorhaben ist, dass Deutschland ein Steuerrecht braucht, dass Bürgerinnen und Bürger nicht über Gebühr belastet und ihnen den finanziellen Raum für eigenständige Entscheidungen lässt. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die Steuerlast nicht allein durch die Inflation ansteigt und damit zu Belastungen führt, ohne dass sich die Leistungsfähigkeit erhöht hat. Deshalb müssen nicht nur die Sozialausgaben, sondern auch deren staatliche Finanzierung angemessen an die Preisentwicklung angepasst werden.

Daher plant die Bundesregierung mehrere Maßnahmen, um das oben genannte Ziel zu erreichen. Neben notwendigen Entlastungen bei der Einkommensteuer werden mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen aufgegriffen, die thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbunden sind.

Der im Herbst 2024 zu erwartende 15. Existenzminimumbericht wird den für die Freistellung des Existenzminimums verfassungsrechtlich notwendigen Erhöhungsbedarf für das Jahr 2025 beim Kinderfreibetrag aufzeigen. In Höhe der voraussichtlichen Vorgaben dieses Berichts wird der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) für jeden Elternteil von 3.306 Euro um 30 Euro auf 3.336 Euro erhöht. Der ab dem Veranlagungszeitraum 2025 für ein Kind insgesamt zu berücksichtigende Kinderfreibetrag wird somit von 6.612 Euro um 60 Euro auf 6.672 Euro erhöht. Zusammen mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (2.928 Euro) ergibt sich eine Anhebung des zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Betrags von insgesamt 9.540 Euro um 60 Euro auf insgesamt 9.600 Euro. Weitere Erhöhungen für 2026 sind ebenfalls enthalten. Der Kinderfreibetrag für jeden Elternteil soll demnach von 3.336 Euro um 78 Euro auf 3.414 Euro erhöht werden. Der ab dem Veranlagungszeitraum 2026 für ein Kind insgesamt zu berücksichtigende Kinderfreibetrag wird somit von 6.672 Euro um 156 Euro auf 6.828 Euro erhöht.

Zusätzlich soll das Kindergeld zum 01.01.2025 von 250 Euro auf 255 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem soll geregelt werden, dass das Kindergeld ab 2026 regelmäßig entsprechend der prozentualen Entwicklung der Freibeträge für Kinder angepasst wird. Dementsprechend soll das Kindergeld mit Wirkung zum 01.01.2026 um weitere 4 Euro von 255 Euro auf 259 Euro im Monat für jedes Kind angehoben werden.

Ebenfalls auf Grundlage des Existenzminimumberichts wird auch der Grundfreibetrag erhöht. Ab 01.01.2025 soll der Grundfreibetrag dann um 300 Euro auf 12.084 Euro steigen. Im Vergleich zum geltenden Recht würde dies eine Steuerentlastung 2025 von acht Milliarden Euro bedeuten. Ab 01.01.2026 soll der Grundfreibetrag um 252 Euro auf dann 12.336 Euro erhöht werden. Der Spitzensteuersatz würde auf 69.798 Euro angehoben werden. Die jährliche Steuerentlastung steigt gegenüber dem Jahr 2024 dann auf gut 13,3 Milliarden Euro.

Die Eckwerte des Einkommensteuertarifs – mit Ausnahme des Eckwerts der sogenannten „Reichensteuer“ – werden 2025 entsprechend den voraussichtlichen Ergebnissen des 6. Steuerprogressionsberichts nach rechts verschoben. Dadurch wird die Freistellung des Existenzminimums sichergestellt und insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen trotz steigender Inflation eine lediglich progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung verhindert.

Interessant sind auch die Pläne zur Abschaffung der Steuerklassen III und V und zur Überführung dieser in die Steuerklassenkombination IV und IV bzw. IV und IV mit Faktor. Noch am 11.04.2024 hieß es im Bundestag, dass die Bundesregierung dazu keine Angaben machen könne. Die regierungsinternen Beratungen zur Umsetzung des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag zur Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren dauerten damals noch an. Doch jetzt werden die Planungen aus dem Koalitionsvertrag im Referentenentwurf in die Tat umgesetzt. Der neue § 52 Abs. 35e Einkommensteuergesetz (EStG) besagt, dass die Bestimmungen zur Neuregelung des Faktorverfahrens erstmals ab dem 01.01.2030 anzuwenden sind.

Die Änderungen in § 38b EStG beinhalten die Regelungen zum neuen Faktorverfahren. Das neue Faktorverfahren ist einfach und unbürokratisch anwendbar und schafft mehr Fairness. Insbesondere
wird für jeden Ehegatten, jede Lebenspartnerin oder jeden Lebenspartner die steuermindernde Wirkung des Splitting-Verfahrens bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug für den eigenen Arbeitslohn berücksichtigt, die höhere Besteuerung in der Steuerklasse V vermieden sowie eine gerechtere Verteilung der Lohnsteuerbelastung anhand der in der Ehe/ Lebenspartnerschaft gemeinsam bezogenen Arbeitslöhne erreicht. Durch die weitgehende Digitalisierung und Automatisierung wird das bisherige Verfahren deutlich vereinfacht. Die zusätzliche Erweiterung des neuen Faktorverfahrens um die sogenannte Alleinverdiener-Ehen/-Lebenspartnerschaften macht es zudem möglich, künftig alle familiären Konstellationen im Lohnsteuerabzugsverfahren hinreichend abzubilden.

Der neue automatisierte Faktor wird zukünftig jeweils zum 01.04. eines Kalenderjahres anhand der Daten gebildet, die dem Bundeszentralamt für Steuern von den Landesfinanzbehörden aus den für das vorangegangene Kalenderjahr übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen (§ 41b Abs. 1 EStG) mitgeteilt werden (z. B. der Jahresarbeitslohn, die Sozialversicherungsbeiträge). Dabei sind im Jahr der Eheschließung auch Datensätze der Steuerklassen I oder II mit in die Ermittlung des Faktors einzubeziehen. Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung, Hinterbliebene und Pflegepersonen (§ 39a Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 EStG), die als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal vom Wohnsitzfinanzamt gebildet wurden, sind für die jeweilige Geltungsdauer des Pauschbetrags bei der Bildung des Faktors ebenfalls mit zu berücksichtigen. Der automatisiert gebildete Faktor wird vom Bundeszentralamt für Steuern als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal zum Abruf durch den Arbeitgeber bereitgestellt. In den Fällen, in denen ein Faktor ausgehend davon ermittelt wurde, dass nur ein Ehegatte/Lebenspartnerin oder -partner Arbeitslohn bezieht, wird ab dem folgenden ersten des Monats, an dem der Arbeitgeber für den zweiten Ehegatten/Lebenspartnerin oder -partner ein erstes Dienstverhältnis im Verfahren ELStAM angemeldet hat, ein Steuerklassenwechsel zur Steuerklasse IV für jeden Ehegatten, Lebenspartnerin oder -partner automatisiert durch das Bundeszentralamt für Steuern vorgenommen. Der automatisierte Steuerklassenwechsel zu IV/IV unterbleibt, wenn die Ehegatten/ Lebenspartnerinnen oder -partner beim Wohnsitzfinanzamt den Faktor entsprechend den künftigen Arbeitslöhnen angepasst haben. Durch diese Regelung soll eine unverhältnismäßig hohe Nachzahlung in der Einkommensteuerveranlagung vermieden werden.

Ehegatten/Lebenspartnerinnen und -partner, die anstelle der Steuerklasse IV das Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor) für den Lohnsteuerabzug nutzen möchten, können – wie bisher – dazu einen gemeinsamen Antrag zur Bildung eines Faktors bei dem Finanzamt stellen, das für die Besteuerung des Einkommens (Wohnsitzfinanzamt) zuständig ist. Neu ist, dass nun auch alleinverdienende Ehegatten/Lebenspartnerinnen und -partner das Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor) nutzen können und die Parameter der bisherigen Steuerklasse III im Faktorverfahren abgebildet werden.

Die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag wird ab dem 01.01.2025 von 18.130 Euro auf 19.450 Euro (Steuerklassen I, II,IV, V und VI) und von 36.260 Euro auf 39.900 Euro (Steuerklasse III) erhöht. Die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag wird ab dem 01.01.2026 von 19.450 Euro auf 20.350 Euro (Steuerklassen I, II, IV, V und VI) und von 39.900 Euro auf 40.700 Euro (Steuerklasse III) erhöht.

Beim Abzug vom laufenden Arbeitslohn ist der Solidaritätszuschlag nur zu erheben, wenn die Bemessungsgrundlage im  jeweiligen Lohnzahlungszeitraum bei monatlicher, wöchentlicher oder täglicher Lohnzahlung die im Gesetz genannten Werte nicht übersteigt.

Auch beim Solidaritätszuschlag wird das ab dem 01.01.2030 anzuwendende Faktorverfahren in der Steuerklassenkombination IV und IV redaktionell berücksichtigt.

Weitere Änderungen in diesem Gesetz sind die Steuerbefreiung der Stiftung Generationenkapital und die Digitalisierung der Sterbefallanzeigen.

Das Gesetz muss noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

Grundfreibetragserhöhung 2024

Lange diskutiert und im Steuerfortentwicklungsgesetz bereits erkennbar, hat das Bundeskabinett mit dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 eine Änderung des Steuertarifs beschlossen.

Mit der weiteren Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 180 Euro auf 11.784 Euro wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der einkommensteuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürger für das Jahr 2024 sichergestellt. Der Kinderfreibetrag für das Jahr 2024 soll um 228 Euro auf 6.612 Euro (zusammenveranlagte Ehegatten) erhöht werden.

Nach § 52 Abs. 32a EStG-E soll die Anhebung des Grundfreibetrags für 2024 lohnsteuerlich bei der Lohn-, Gehalts- bzw. Bezügeabrechnung für Dezember 2024 umgesetzt werden. Damit sollen Bürokratiekosten, die durch die Änderung einzelner Abrechnungen entstehen würden, vermieden werden.

Die lohnsteuerliche Berücksichtigung der weiteren steuerlichen Entlastung für 2024 soll ebenfalls bei der Lohn-, Gehalts- bzw. Bezügeabrechnung für Dezember 2024 erfolgen (Nachholung), § 52 Abs. 32a Satz 2 EStG-E. Von der Finanzverwaltung sollen gesonderte Programmablaufpläne aufgestellt werden, die dies berücksichtigen.

Das Gesetz muss noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

Anpassungen bei ELStAM geplant

Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 ist eine Anpassung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) geplant.

Benötigt ein Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM), stellt ihm das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) diese zum Abruf bereit. Grundsätzlich bildet es die ELStAM automatisiert auf der Grundlage der gespeicherten Daten (ELStAM-Datenbank).

Bildet hingegen das Finanzamt auf Antrag von Arbeitnehmenden Lohnsteuerabzugsmerkmale, übermittelt es diese zunächst dem BZSt. Damit den Arbeitgebern die ELStAM zum Abruf bereitgestellt werden können, wird die gesetzliche Aufzählung mit Verkündung des Gesetzes um weitere notwendige Daten ergänzt, die vom BZSt gespeichert werden dürfen. Dies ist nach § 39e Abs. 2 EStG geregelt.

Zu den neuen Merkmalen gehören:

  • bei Verheirateten, ob und in welchem Zeitraum der Ehegatte im Inland nicht meldepflichtig ist oder die Ehegatten dauernd getrennt leben,
  • die Bildung einer geringeren Zahl der Kinderfreibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmal (§ 38b Abs. 3),
  • Freibeträge (§ 39a Abs. 1 EStG),
  • ein Grad der Behinderung sowie der Gültigkeitszeitraum,
  • ob und in welchem Zeitraum der oder die Beschäftigte die Voraussetzungen für einen Hinterbliebenen-Pauschbetrag erfüllt,
  • und das Datum, ab dem die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt werden (Referenzdatum).

Steuerliche Behandlung von betrieblichen Losveranstaltungen

Die Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin hat zur Frage der steuerlichen Behandlung von betrieblichen Losveranstaltungen Stellung genommen.

Mit Erlass vom 10.11.2023 bezieht sich die Finanzverwaltung Berlin ausdrücklich auf zwei Urteile des Bundesfinanzhofs vom 02.09.2008 (X R 8/06 und X R 25/07) und übernimmt die dort getroffenen Aussagen.

Mit den Entscheidungen und auch bei dem Erlass steht die Frage im Vordergrund, unter welchen Voraussetzungen Sachpreise aus einer betrieblichen Losveranstaltung zu Betriebseinnahmen führen.

Nach § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebseinnahmen alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Erforderlich ist ein Wertzuwachs im Betrieb. Zudem muss ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben sein.

Nach dem Erlass sind Sachgewinne aus Verlosungen, an denen nur ein bestimmter Personenkreis wegen besonderer Leistungen teilnimmt, die gegenüber dem Veranstalter erbracht worden sind, regelmäßig Betriebseinnahmen. Hier steht die Belohnung oder Förderung im Mittelpunkt.

Ein Losgewinn ist nicht steuerbar, wenn verschiedene Merkmale kumulativ erfüllt sind. Sind nicht alle Merkmale erfüllt, liegen Betriebseinnahmen vor. Folgende Merkmale gelten:

  • Das Los wurde freiwillig gekauft.
  • Es wurde ein Entgelt für die Teilnahme bezahlt.
  • Das Entgelt für die Teilnahme wurde nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht.
  • Nicht jedes Los führt zu einem Sachgewinn.
  • Das Entgelt für die Teilnahme ist nicht nur symbolisch.
  • Die Gewinner werden zufällig ausgewählt.

 

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