Abo

Lohnsteuer – KOMPAKT für die Personalpraxis : Klarstellung des BFH zur Pauschalversteuerung für Betriebsveranstaltungen

Darf eine Pauschalversteuerung der Aufwendungen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG als Betriebsveranstaltung mit 25 Prozent vorgenommen werden, wenn bei der betreffenden Veranstaltung nicht alle Arbeitnehmer eines Bereichs oder eines Betriebs teilnehmen konnten?

Lesezeit 4 Min.

Die Richter des BFH haben mit Urteil vom 27.03.2024 zum Aktenzeichen VI R 5/22 die Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen erörtert.

Sachverhalt

Im Urteilsfall veranstaltete eine Firma im Jahr 2015 Weihnachtsfeiern, zu denen nur ausgewählte Teilnehmer aus dem Führungskreis eingeladen worden waren (sog. Führungskräfteveranstaltungen). Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die eine bestimmte Karrierestufe erreicht hatten, aber keinen eigenständigen Betriebsteil bildeten.

Der Arbeitgeber behandelte diese Feiern als Betriebsveranstaltungen und versteuerte die Aufwendungen dafür gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 Prozent pauschal. Dem widersprach das Finanzamt und erließ einen Nachforderungsbescheid. Das Finanzamt verneinte eine Betriebsveranstaltung und versteuerte die Veranstaltungen mit 30 Prozent.

Lohnsteuer. Denn der Begriff der Betriebsveranstaltung setze voraus, so die Finanzverwaltung, dass die Teilnahme an der Veranstaltung allen Arbeitnehmern des Betriebs oder des Betriebsteils offenstehe.

Dagegen klagte der Arbeitgeber. Er begründete dies damit, dass die Pauschalversteuerung eine Betriebsveranstaltung voraussetze. Diese habe aber auch bei der Führungskräfteveranstaltung vorgelegen, weil auch hier Arbeitnehmer beteiligt waren. Das Offenstehen verlange das Gesetz nicht bei der Definition einer Betriebsveranstaltung, sondern lediglich bei der Anwendung des Freibetrags von 110 Euro je Arbeitnehmer. Die Finanzverwaltung gehe daher über den Gesetzeswortlaut seit 2015 hinaus.

Entscheidung

Die Richter des BFH gaben dem Arbeitgeber recht und stellten damit die Pauschalversteuerung für Betriebsveranstaltungen endgültig klar. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung erkannte der BFH nach aktueller Rechtslage die Aufwendungen als im Rahmen von Betriebsveranstaltungen entstanden an und ließ eine Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 Prozent zu. Dass die Veranstaltungen nicht allen Betriebsangehörigen offenstanden, steht laut BFH der Pauschalversteuerung nicht entgegen.

Die Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erfordere als Betriebsveranstaltung lediglich eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, so die Richter. Bis zu der gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2015 hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung unter den Begriff der Betriebsveranstaltung nur Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter subsumiert, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offenstand (z. B. Urteile vom 16.05.2013 – VI R 94/10, 16.05.2013 – VI R 7/11).

Mit der gesetzlichen Regelung ab 2015 wurde das bisherige Begriffsverständnis des Senats in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch nur teilweise aufgegriffen, so die Richter. So hat das auf der Rechtsprechung des Senats gründende Tatbestandsmerkmal des Offenstehens in der gesetzlichen Legaldefinition der Betriebsveranstaltung keinen Niederschlag gefunden. Diese Voraussetzung findet sich, so die Richter weiter, nur in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG und steht damit nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 Euro. Die Richter haben in dem Urteil den Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG herangezogen.

Danach setzt eine Betriebsveranstaltung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 mithin nur noch eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter voraus. Nach Auffassung der Richter lag dies bei der streitbefangenen Veranstaltung, an der ausschließlich Beschäftigte des Betriebs und deren Begleitpersonen teilnehmen konnten, vor, auch wenn diese Veranstaltung nicht allen Angehörigen eines Betriebs offensteht.

Nach Ansicht der Richter geht davon offensichtlich auch die Finanzverwaltung aus und sieht Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, wie beispielsweise Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern und Jubiläumsfeiern, als Betriebsveranstaltungen an, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt. Ein Offenstehen der Veranstaltung für alle Beschäftigten wird anders als in den bis zum Veranlagungszeitraum 2014 geltenden Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) R 19.5 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr gefordert. So auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.10.2015, BStBl I 2015, 832, unter 1. Nach Ansicht der Richter existiert das Kriterium des Offenstehens auch weiterhin im Gesetzeswortlaut, steht jedoch in einem anderen Kontext. Nunmehr ist das Offenstehen für alle Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils ausschließlich Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung des Freibetrags von 110 Euro.

Aus Sicht der Richter kann das Kriterium daher nicht als (ungeschriebenes) einschränkendes Kriterium des Betriebsveranstaltungsbegriffs im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG herangezogen werden. Nach Auffassung der Richter gebieten auch Sinn und Zweck der Vorschrift kein vom Wortlaut abweichendes Verständnis des Begriffs der Betriebsveranstaltung. Die Neuregelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG dient der Steuervereinfachung.

Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG im Rahmen eines Systemwechsels einen eigenständigen Besteuerungsgegenstand geschaffen, für den die bisherigen Rechtsgrundsätze nur noch insoweit herangezogen werden können, als sie im Wortlaut ihren Niederschlag gefunden haben. Hätte der Gesetzgeber das Kriterium des Offenstehens als Tatbestandsmerkmal einer Betriebsveranstaltung sehen wollen, so hätte er es eindeutig formulieren müssen, so die Richter weiter. Nach Ansicht der Richter ist das Tatbestandsmerkmal der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG entsprechend der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auszulegen.

Das Offenstehen für alle Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils ist seit der Gesetzesänderung mit Wirkung ab 2015 ausschließlich Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung des Freibetrags von 110 Euro gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 3 EStG.

Es bleibt nun abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses BFH-Urteil reagiert. Mit einer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt wäre die Entscheidung seitens der Finanzverwaltung in allen vergleichbaren offenen Fällen nach aktueller Rechtslage anzuwenden.

Praxishinweis

Das Urteil hat nicht nur steuerliche Auswirkungen. Werden Sachbezüge für die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen anstatt nach dem häufig von Unternehmen optierten § 37b EStG mit 30 Prozent nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 Prozent pauschal versteuert, verringert sich nicht nur die steuerliche Belastung. Zudem tritt gem. § 1 Abs. 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung ein. Bei der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG ist eine Sozialversicherungsabführung zu prüfen.

Bei Betriebsveranstaltungen ist die klarstellende Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.04.2024 (B 12 BA 3/22 R) zu beachten, nach der eine Beitragsfreiheit durch eine Nachholung der Pauschalbesteuerung nur bis zu dem Zeitpunkt möglich ist, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss. Dieser Zeitpunkt ist spätestens Ende Februar des Folgejahres.

Foto: Apirak/stock.adobe.com

Diesen Beitrag teilen: