Fokus-Thema #1: Personalabbau
In wirtschaftlich angespannten Zeiten sehen sich viele Unternehmen gezwungen, Personal abzubauen. Diese Maßnahme ist nicht nur strategisch, sondern auch rechtlich anspruchsvoll. Was die wichtigsten Fragen rund um das Thema Personalabbau sind, stellen wir in diesem Beitrag verständlich und praxisnah dar.

Welche Schritte sind im Vorfeld eines Personalabbaus erforderlich?
Die Vorbereitung eines Personalabbaus bedarf einer rechtlichen Bestandsaufnahme, ob etwa Kündigungshindernisse bestehen, die den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen erschweren. Wenn im betroffenen Betrieb ein Betriebsrat besteht, müssen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bewertet werden.
Die erforderlichen Schritte, von der Erstinformation des Betriebsrats oder der Belegschaft bis zum Ausspruch der Kündigungen, werden in einem Stufenplan festgehalten. Der Stufenplan ermöglicht eine einfache Übersicht zum aktuellen Stand der Dinge und zu den Verantwortlichkeiten der eingebundenen Stakeholder*innen.
Wie läuft ein Personalabbau konkret ab?
In einem ersten Schritt muss die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall der Arbeitsplätze führt, ausgearbeitet werden. Dabei muss die rechtliche Umsetzbarkeit der geplanten unternehmerischen Entscheidung bewertet werden. Die Aufgabe von Rechtsanwält*innen besteht dabei darin, die unternehmerische Planung realistisch zu bewerten und im Rahmen der rechtlichen Rahmenbedingung Lösungen aufzuzeigen. Ohne eine hinreichende rechtliche und strategische Bewertung der unternehmerischen Planung besteht ein erhebliches Risiko, dass sich die unternehmerische Entscheidung im Nachhinein als nur erschwert umsetzbar herausstellt oder operative Erfordernisse nicht hinreichend berücksichtigt werden können.
Soweit der rechtliche Rahmen des Personalabbaus bewertet und die unternehmerische Entscheidung über den Personalabbau getroffen wurde, sollten frühzeitig die erforderlichen Unterlagen und Entwürfe vorbereitet werden. Dazu gehören insbesondere die Erstkommunikation gegenüber dem Betriebsrat und der Belegschaft, der Entwurf von Unterlagen für die Verhandlung mit dem Betriebsrat, die Durchführung einer Sozialauswahl sowie die Erstellung einer Kalkulationsgrundlage zu den Kosten des Personalabbaus.
Wenn die Vorbereitungen auf Arbeitgeber*seite abgeschlossen sind, erfolgt die Kommunikation der geplanten Maßnahme gegenüber dem Betriebsrat und der Belegschaft. Die Kommunikation bildet den Startpunkt für die Umsetzung des Personalabbaus, entweder für die weitere Unterrichtung des Betriebsrats oder Gespräche mit den betroffenen Mitarbeiter*innen, wenn kein Betriebsrat besteht.
Welche typischen Fehler passieren bei der Planung und Durchführung?
Häufig werden rechtliche und operative Aspekte bei der Planung unterschätzt. Dies kann im schlimmsten Fall zu einem Nachjustieren der unternehmerischen Entscheidung führen, was zu Verzögerungen bei der Umsetzung des Personalabbaus führt.
Besonders bei Einbindung des Betriebsrats kann es zu Verzögerungen kommen, die zusätzliche Kosten verursachen. Die unerwarteten Verzögerungen führen häufig zu nichtkalkulierten Mehrkosten, die den Druck auf das Verhandlungsteam der Arbeitgeberseite unnötig erhöhen. Abhilfe schaffen hier frühzeitige Best-Case/Wort-Case Betrachtungen, die unrealistische Erwartungshaltungen dämpfen.
Auch die interne und externe Kommunikation wird oft vernachlässigt – mit möglichen Reputationsschäden. Frühzeitige Szenarienplanung und klare Kommunikationsstrategien sind hier entscheidend. Wichtig: Der Verlust der Kommunikationshoheit kann nicht nur zu Reputationsschäden führen, sondern auch wirtschaftlich nachteilig sein, wenn Mitarbeiter*innen die angebotenen oder mit dem Betriebsrat vereinbarten Abfindungspakete für unzureichend erachten und den Gang zum Arbeitsgericht einschlagen.
Gibt es Alternativen zur betriebsbedingten Kündigung?
Ja, es gibt verschiedene Alternativen: Kurzarbeit bei vorübergehendem Auftragsrückgang, natürliche Fluktuation, Auslaufen befristeter Verträge oder Vorruhestandsregelungen. Freiwilligenprogramme bieten die Möglichkeit, Personalabbau sozialverträglich zu gestalten – allerdings mit der Herausforderung, dass der Erfolg nicht garantiert ist.
Wichtig: Bei der Planung der oben beschrieben unternehmerischen Entscheidung sollten alternative Szenarien bedacht werden. Bei einem nur vorübergehenden Auftrags- oder Nachfragerückgang sollte die Möglichkeit zur Anordnung von Kurzarbeit geprüft werden. Dabei muss bedacht werden, dass mit der Anordnung von Kurzarbeit zunächst Kosten für Arbeitgeber*innen verbunden sein können, wenn Arbeitszeitkonten abgebaut werden müssen, um die Anordnung von Kurzarbeit zu ermöglichen.
Bei der unternehmerischen Planung des Personalabbaus sollte die natürliche Fluktuation, die in einzelnen Bereichen eines Unternehmens durchaus unterschiedlich sein kann, einbezogen werden. Ein “geräuschloser” Personalabbau lässt sich zudem erreichen, wenn befristete Arbeitsverträge nicht verlängert oder Vorruhestandsregelungen getroffen werden.
Mit Freiwilligenprogrammen können Arbeitsplätze abgebaut werden, ohne dass betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden müssen. Dabei wird Mitarbeiter*innen oder bestimmten Gruppen von Mitarbeiter*innen ein freiwilliges Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung angeboten. Regelmäßig sehen Freiwilligenprogramme eine sog. doppelte Freiwilligkeit vor, wonach sowohl die Mitarbeiter*innen als auch die Arbeitgeber*innen der Teilnahme am Freiwilligenprogramm zustimmen müssen. Die Herausforderungen bei Freiwilligenprogrammen bestehen darin, dass der Abbauerfolg ungewiss ist und die Gefahr besteht, dass sich Leistungsträger*innen für eine freiwilliges Ausscheiden entscheiden, die eigentlich im Unternehmen verbleiben sollen.
