Abrechnung des Sozialpartnermodells/Betriebsrenten
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist seit 2018 in Kraft und mit ihm auch das Sozialpartnermodell, das inzwischen hinter den Kulissen Gestalt annimmt. Deshalb haben wir zwei führende HR-Software-Anbieter befragt, wie der Stand der Programme und Unterstützungen ist. Lesen Sie selbst und machen Sie sich ein Bild von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft!
ADP (Automatic Data Processing) – seit 1949 in den USA und seit 1985 am deutschen Markt. Unser Interviewpartner Steven van Tuijl ist General Manager der ADP Deutschland.
Herr van Tuijl, welche Veränderungen waren aufgrund des Betriebsrentenstärkungsgesetzes nötig und wie sind Sie mit den „Kinderkrankheiten“ in der Umsetzung umgegangen?
ADP hat beobachtet, dass die Änderungen sowohl auf Seite der Arbeitnehmer wie auch bei den Arbeitgebern zu großen Verunsicherungen geführt haben. Beispielsweise der mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) eingeführte verpflichtende Arbeitgeberzuschuss zur bAV hat für viele Arbeitgeber erstmal dazu geführt, dass diese sich mit den erheblichen systemseitigen Änderungen auseinandersetzen mussten. Dies ist verbunden mit zusätzlichen Einrichtungskosten sowie einem erhöhten internen Zeit- und Kommunikationsaufwand. Die Arbeitnehmer, welche die neuen Rechte in Anspruch nehmen, haben entsprechend auch vermehrt Rückfragen zu dem neuen System und verlassen sich auf Kompetenz bei ihrem Arbeitgeber. Der durch die Änderungen aufkommende vermehrte Prüfaufwand muss auch künftig in dem betrieblichen Ablauf berücksichtigt werden. Eine informierte und gut besetzte HR-Abteilung ist für eine schnelle und zufriedenstellende Umsetzung der neuen Regelungen daher von Vorteil.
Wie ist Ihr Stand zum Sozialpartnermodell?
ADP unterliegt keiner Tarifbindung und ist an keinen Tarifvertrag gebunden. Daher können wir hierzu keine eigenen Erfahrungen beisteuern. Von außen betrachtet stellt das Sozialpartnermodell aber eine zeitgemäße Lösung dar, die sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern mehr Spielraum und Optionen bei der Gestaltung von vermögenswirksamen Leistungen, Sozialleistungen und betrieblicher Altersvorsorge bietet. Während Arbeitnehmer die Leistungen damit mehr an ihre Lebensrealität anpassen können, ermöglicht es Arbeitgebern, sich attraktiver für potenzielle Bewerber ober bereits bestehende Mitarbeiter zu machen. Allerdings bringt es das komplexere System auch mit sich, dass praxisnahe und individualisierbare Lösungen nötig sind, um Entwicklungen in dem Bereich voranzutreiben.
Dem Vernehmen nach wird gerade die eierlegende Wollmilchsau für die Pilotbranche konfiguriert. Das heißt, bAV-Riester,Geringverdienerzuschuss, Entgeltumwandlung und Arbeitgeberfinanzierung inkl. Sozialersparnis und Sicherheitspuffer in einem Vertragswerk. Wie ist Ihre Software darauf vorbereitet? Welche Unterstützung geben Sie Personalern, HR-Managern und Entgeltabrechnern?
Für die Entwicklung unserer Lösungen rund um das Sozialpartnermodell war es uns wichtig, dass die Nutzer ihre betrieblichen Gegebenheiten so genau wie möglich abgebildet finden und dass komplexe Vertragswerke möglichst genau in unseren Systemen abgebildet werden können. Dazu sind die unterschiedlichen Möglichkeiten und Kombinationen der neuen bAV in unseren Templates vorkonfiguriert und zur Auswahl durch die Nutzer bereit; das Programm übernimmt dann die restliche Berechnung. Allerdings wollen auch wir uns nicht nur auf digitale Lösungen hierzu verlassen, sondern helfen unseren Kunden durch erfahrene Berater, die dabei helfen, die Komplexität der neuen Regelung etwas zu vereinfachen. Das Zusammenspiel zwischen Softwarelösung und Beratungsdienstleistung ist für uns sehr wichtig und hilft unseren Kunden, hier problemlos zu agieren.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wie sieht die Welt des HR-Managements in fünf bis zehn Jahren aus? Was plant Ihr Haus? Wie verändern sich Ihre Produkte und Dienstleistungen?
HR steht heutzutage nicht nur vor der digitalen Transformation im Unternehmen, sondern auch vor einer inneren Transformation. Weg vom Verwalter, hin zum Gestalter und Begleiter. Denn die technischen Neuerungen, die die fortschreitende Digitalisierung unserer Arbeitswelt mit sich bringt, wirken mit unterschiedlicher Kraft auf die Menschen ein. Diese Auswirkungen zu bewerten und in entsprechende Aktionen fürs Unternehmen zu übersetzen, ist umso schwieriger, als die Personalbereiche oft durch Verwaltungstätigkeiten blockiert sind. Wo doch eigentlich Kreativität, die Beschäftigung mit neuen Techniken oder Arbeitsmodellen und vor allem der Kontakt mit den Mitarbeitern gefragt ist. Für diese Aufgaben braucht es aber Ressourcen. Um diese zu schaffen, könnten HR-Services wie die Gehaltsabrechnung oder die Zeiterfassung an Dienstleister abgegeben und die freigewordene Arbeitskraft eben nicht eingespart, sondern auf zukunftswichtige Projekte umverteilt werden. HR wird dann eine deutlich größere Rolle dabei spielen, wie das Unternehmen seine Führungskräfte für das unbekannte Morgen aufstellt, welche Werte und Ziele sie in sich tragen. Dies ist entscheidend, damit HR und die Unternehmensführung trotz der vielen anstehenden Veränderungen auf eine optimistische und zukunftsorientierte Belegschaft bauen können. Der Schlüssel liegt darin, innovativ zu sein, weiterhin zuzuhören und so über die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter auf dem Laufenden zu bleiben.
DATEV — seit 1966 erfolgreich am deutschen Markt. Unsere Interviewpartnerin Annette Ziemer ist verantwortlich für die Marktstrategie im Geschäftsfeld Personalwirtschaft bei der DATEV eG.
Welche Veränderungen waren aufgrund des Betriebsrentenstärkungsgesetzes nötig und wie sind Sie mit den „Kinderkrankheiten“ in der Umsetzung umgegangen?
Als Anbieter, der Wert auf eine schnelle Umsetzung rechtlicher Änderungen in seinen Programmen legt, waren wir leider mit vielen Unklarheiten konfrontiert, die einen hohen Rechercheaufwand mit sich gebracht haben. Trotz dieser intensiven Recherchen waren immer wieder Ergänzungen notwendig. Da die Veröffentlichung des endgültigen BMF-Schreibens erst im Dezember 2017 erfolgte — mit Gültigkeit zum Jahreswechsel! — waren auch wir gezwungen, Programmnachbesserungen vorzunehmen.
Wie ist Ihr Stand zum Sozialpartnermodell?
Bislang sehen wir das als reine Beitragszusage an. Um zu einem sinnvollen Ergebnis zu kommen, ist die Beteiligung der Tarifpartner unumgänglich, so umständlich und zeitaufwändig der Prozess dadurch auch werden mag. Der Arbeitgeber wird lediglich arbeitsrechtlich verpflichtet, die Beiträge zu zahlen, aber es gilt gewissermaßen „pay and forget“. Wegen des Garantieverbots besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer letztlich gegebenenfalls nur die eingezahlten Beiträge ausbezahlt bekommt. Es zeigt sich an mehreren Stellen, dass nach wie vor Rechtsunsicherheit besteht. Insofern ist nachvollziehbar, dass bislang in noch keiner Branche ein Sozialpartnermodell zustande gekommen ist — zumindest ist uns keines bekannt.
Dem Vernehmen nach wird gerade die eierlegende Wollmilchsau für die Pilotbranche konfiguriert. Das heißt, bAV-Riester, Geringverdienerzuschuss, Entgeltumwandlung und Arbeitgeberfinanzierung inkl. Sozialersparnis und Sicherheitspuffer in einem Vertragswerk. Wie ist Ihre Software darauf vorbereitet?Welche Unterstützung geben Sie Personalern, HR-Managern und Entgeltabrechnern?
Derzeit sind uns in diesem Kontext lediglich vage Aussagen bekannt. Um das sinnvoll einordnen zu können, eine Beurteilung vorzunehmen oder gar Maßnahmen daraus ableiten zu können, fehlt einfach noch die Basis. Vorstellen könnten wir uns als mögliche Unterstützungsmaßnahmen neben einer Dokumentation beispielsweise auch Seminarangebote aus unserem Haus. Aber erst einmal müssen wir sehen, wohin die Reise überhaupt führen soll.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft. Wie sieht die Welt des HR-Managements in fünf biss zehn Jahren aus? Was plant Ihr Haus? Wie verändern sich Ihre Produkte und Dienstleistungen?
Eines ist klar: Die HR-Welt wird in fünf bis zehn Jahren deutlich bunter sein als noch heute. Das HR-Management wird sich verstärkt auf Beratungsthemen konzentrieren – nicht zuletzt um in Zeiten des sich verschärfenden Fachkräftemangels gute Mitarbeiter zu gewinnen und natürlich auch zu halten. Der Trend geht hier eindeutig weg vom Personalverwalter hin zum Personalberater. Auch die Rolle des Steuerberaters in seiner Funktion als HR-Outsourcing-Partner des Mittelstands wird sich verändern.
Steht momentan bei diesem Themenfeld vor allem die Lohnabrechnung im Fokus, kann und wird der Steuerberater in Zukunft rund um das Thema Personal sehr viel differenziertere Dienstleistungen anbieten können. Immerhin kennt er die von ihm beratenen Unternehmen gut und kann so bis hin zur Gehaltsberatung vielseitig coachen.
Die Grundlage für die Veränderung im HR-Management bietet eine intelligente Daten- und Produktwelt, die dabei hilft, zeitliche Freiräume zu schaffen. Konsequente Digitalisierung und zunehmende Automatisierung in der Software machen effizientere, schlankere Prozesse möglich, beispielsweise in der Administration des HR-Managements. Dadurch wird die Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen innerhalb des Unternehmens, mit den Arbeitnehmern, aber auch mit dem Steuerberater vereinfacht. Modulare HR-Software sorgt mit leistungsfähigen Schnittstellen dafür, dass sich ohne viel Aufwand gut integrierte Softwarelandschaften aufsetzen lassen, die durchgängige, medienbruchfreie Datenflüsse ermöglichen. So wird das Zusammenspiel mit Partner-Lösungen, etwa bei Spezial-Software für einzelne Branchen, immer wichtiger.
Dass wir auf diesen Trend setzen, zeigt das Wachstum unseres DATEV-Marktplatzes im Internet recht deutlich. Bei den dort gelisteten Partnerlösungen können Nutzer sicher sein, dass sie mit den DATEV-Anwendungen kompatibel sind und über technisch geprüfte Schnittstellen verfügen. Künftig werden Daten aus den Systemen, in denen sie generiert wurden, direkt für das HR-Management genutzt. Über intelligente Selfservices wird auch die Erfassung von Daten des Arbeitnehmers deutlich intuitiver. Insgesamt werden Services und Produkte durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz besser an das Nutzerverhalten angepasst werden können. Bei all diesen Entwicklungen bleibt eines aber unverändert: unser Anspruch, als DATEV der zuverlässigste Anbieter für die Lohnabrechnung zu sein.
Fazit
Trotz der vielen Unsicherheiten ist es für Sie als Entgeltabrechner und Personalverantwortliche wichtig, schon jetzt eigene Überlegungen zur Ausgestaltung der bAV inkl. des Sozialpartnermodells im Hause anzustellen und auch den richtigen Softwareanbieter zu wählen, denn: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!
