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Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst

In dieser Rubrik werden aktuelle Entscheidungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes relevant sind, wiedergegeben.

Lesezeit 3 Min.

Benachteiligung eines schwerbehinderten Bewerbers; Einladung zu einem Vorstellungsgespräch; interne Stellenausschreibung

Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 18/20 zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25.06.2020 – 8 AZR 75/19:

Geht dem öffentlichen Arbeitgeber die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zu, muss er diese nach § 82 Satz 2 SGB IX in der bis zum 29. Dezember 2016 geltenden Fassung (aF) zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Das gilt auch bei einer (ausschließlich) internen Stellenausschreibung.

Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz

Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 17/20 zum Urteil des BAG vom 25.06.2020 – 8 AZR 145/19 –:

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) haben „Beschäftigte“ zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16. Nach § 5 Abs. 2 EntgTranspG sind u. a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes. Die Begriffe „Arbeitnehmerin“ und „Arbeitnehmer“ in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG sind nicht eng i. S. d. Arbeitnehmerbegriffs des innerstaatlichen Rechts, sondern unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2006/54/EG weit auszulegen. Danach können im Einzelfall auch arbeitnehmerähnliche Personen i. S. d. innerstaatlichen Rechts Arbeitnehmer i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG sein.

 „Große Station“ i. S. d. Entgeltgruppe P 13 TVöD/VKA

Aus der Pressemitteilung Nr. 13/20 zum Urteil des BAG vom 13.05.2020 – 4 AZR 173/19 –:

Eine „große Station“ i. S. d Tätigkeitsmerkmals des TVöD/VKA liegt regelmäßig vor, wenn der Stationsleitung mehr als 12 Vollzeitkräfte fachlich unterstellt sind. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann bei einer solchen Anzahl unterstellter Beschäftigter das Tarifmerkmal „große Station“ verneint werden. Umgekehrt leitet eine Stationsleitung bei einer geringeren Anzahl unterstellter Vollzeitbeschäftigter regelmäßig keine „große Station“. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn sich die Station ihrer Struktur nach aus anderen Gründen als „groß“ im Tarifsinn darstellt.

Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst; Schadensersatzanspruch des zurückgewiesenen Bewerbers

Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 28.01.2019 – 9 AZR 91/19 –: 1.

  1. Begehrt die klagende Partei ein Feststellungsurteil hinsichtlich zukünftig fällig werdender Ansprüche auf Schadensersatz, kann sie zwischen einer Feststellungsklage und einer Klage auf zukünftige Leistung wählen. Der Grundsatz, dass die Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage Vorrang hat, gilt in diesem Zusammenhang nicht.
  2. Ist ein Teil des Schadens schon entstanden und mit der Entstehung eines weiteren Schadens zu rechnen, ist die klagende Partei nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten.
  3. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Bewerber ein subjektives Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Einem übergangenen Bewerber kann deshalb gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung zustehen, der sich auf Geldersatz richtet.
  4. Legt der Arbeitgeber auf der Grundlage der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien die Voraussetzungen für die Teilnahme am Bewerbungsverfahren in einem Anforderungsprofil fest, entfaltet diese Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren. Der Arbeitgeber verletzt den verfassungsrechtlich verbürgten Bewerbungsverfahrensanspruch des Stellenbewerbers, wenn er seine Auswahlentscheidung nicht an den in einem solchen Anforderungsprofil genannten Voraussetzungen orientiert, sondern ihr abweichende Kriterien zugrunde legt.
  5. Die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs allein ist nicht ausreichend, um eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers zu begründen. Vielmehr hat der zurückgewiesene Bewerber nur dann Anspruch auf Ersatz seines Schadens, wenn ihm anstelle des Konkurrenten das Amt hätte übertragen werden müssen.
  6. Für den kausalen Zusammenhang zwischen dem Auswahlfehler des Arbeitgebers und dem eingetretenen Schaden trägt der zurückgewiesene Bewerber die Darlegungs- und Beweislast. In diesem Zusammenhang hat er Tatsachen vorzutragen, die es dem Gericht ermöglichen, den hypothetischen Kausalverlauf, der bei rechtmäßigem Vorgehen des Arbeitgebers an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, zu ermitteln. Benennt der Arbeitgeber neben dem erfolgreichen Bewerber andere Bewerber, trifft den zurückgewiesenen Bewerber die Obliegenheit, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass er nicht nur im Vergleich mit dem erfolgreichen Bewerber, sondern auch im Vergleich mit den übrigen Bewerbern der bestgeeignete Bewerber gewesen ist.

Claudia Czingon

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