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Im Blick: Sozialversicherungsrecht

Die Bundesregierung hat das Rentenpaket 2025 beschlossen: gesichertes Rentenniveau, Mütterrente III, flexibleres Arbeiten im Alter und mehr Stabilität. Ergänzt wird dies durch das neue Tariftreuegesetz und die aktualisierte MISSOC-Datenbank zum europäischen Sozialschutz.

Lesezeit 4 Min.

Bundesregierung verabschiedet Rentenpaket 2025

Mit dem Kabinettsbeschluss vom 06.08.2025 setzt die Bundesregierung nach eigenen Angaben ein starkes und richtungsweisendes Signal: Das Rentenpaket 2025 steht für Stabilität, Fairness und Flexibilität – zentrale Werte einer modernen Arbeits- und Sozialordnung.

In einer Zeit, in der viele Bürgerinnen und Bürger mit wirtschaftlicher Unsicherheit, demografischem Wandel und strukturellen Arbeitsmarktveränderungen konfrontiert sind, schafft das neue Gesetz Vertrauen und Perspektive. Es adressiert drei der drängendsten rentenpolitischen Baustellen und bringt bedeutende Weichenstellungen auf den Weg:

Rentenniveau gesichert – Haltelinie bis 2031 verlängert

Das Rentenniveau bleibt stabil bei mindestens 48 Prozent bis zum 01.07.2031 – eine zentrale Maßnahme zur langfristigen Einkommenssicherung im Alter. Ohne die Verlängerung der Haltelinie drohte ein Absinken auf rund 47 Prozent. Damit wäre Altersarmut nicht länger eine ferne Debatte, sondern eine reale Gefahr geworden.

Mütterrente III – Gerechtigkeit wird vollendet

Die vollständige Gleichstellung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder ist nicht weniger als ein überfälliger Akt rentenpolitischer Gerechtigkeit.

Ab dem 01.01.2027 werden für diese Kinder drei Jahre Erziehungszeit anerkannt. Damit wird eine zentrale Lücke in der Anerkennung familiärer Sorgearbeit geschlossen – unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes. Die Auszahlung erfolgt rückwirkend ab dem Jahr 2027. Rund fünf Milliarden Euro jährlich stellt der Bund bereit – eine Investition in Fairness, die ihren Wert nicht in Zahlen, sondern in Respekt und Anerkennung misst.

Aufhebung des Anschlussverbots – Arbeiten im Alter erleichtert

Die Aufhebung des Anschlussverbots bei sachgrundlosen Befristungen öffnet älteren Beschäftigten neue Wege, nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze flexibel und freiwillig im Arbeitsleben zu bleiben – auch beim früheren Arbeitgeber.

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein praxisnaher Hebel zur Entlastung des Arbeitsmarkts und zur Würdigung erfahrener Fachkräfte. Die Politik schafft hier keine Verpflichtung – sondern ermöglicht Teilhabe und verlängerte Berufsbiografien ohne Hürden.

Zusätzliche Stabilitätsmaßnahme – Erhöhung der Nachhaltigkeitsrücklage

Um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung zu stärken, wird die Untergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage von 0,2 auf 0,3 Monatsausgaben angehoben. Damit wird ein zusätzlicher Puffer geschaffen, um Leistungsauszahlungen auch bei kurzfristigen Einnahmeschwankungen zuverlässig sicherzustellen.

Finanzierung solide und nachhaltig

Die zusätzlichen Aufwendungen werden aus Steuermitteln getragen. Damit wird ein Anstieg der Beitragssätze vermieden und zugleich die langfristige Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung gesichert. Bis 2031 rechnet der Bund mit einem Finanzierungsvolumen von über 20 Milliarden Euro – ein klares Bekenntnis zur Stärkung der sozialen Sicherungssysteme.

Ein klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft

Mit dem Rentenpaket 2025 beweist die Bundesregierung, dass soziale Sicherheit, Generationengerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft kein Widerspruch sein müssen.

Die Reform ist kein „Weiter so“, sondern ein Schritt hin zu einem zukunftsfesten Rentensystem – stabil, gerecht und flexibel.

Kabinett beschließt Tariftreuegesetz

Mit dem Tariftreuegesetz setzt die Bundesregierung ein neues Fundament für mehr Fairness und Transparenz bei öffentlichen Aufträgen. Öffentliche Vergaben des Bundes – etwa für Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsverträge – werden künftig nur noch an Unternehmen vergeben, die sich verpflichten, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einzuhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob das Unternehmen selbst tarifgebunden ist oder nicht.

Bisher konnten Unternehmen durch das Umgehen tariflicher Standards Wettbewerbsvorteile erzielen, insbesondere durch niedrigere Löhne. Das führte nicht nur zu Preisdumping, sondern auch zu einer schleichenden Erosion der Tarifbindung. Das neue Gesetz soll diesem Trend nun entschieden entgegenwirken und insbesondere kleine und mittelständische Betriebe (KMU) stärken, die sich freiwillig tariflichen Regelwerken unterwerfen.

MISSOC aktualisiert zentrale Vergleichsdatenbank

In einer Zeit wachsender Mobilität, alternder Gesellschaften und zunehmender Herausforderungen für nationale Sicherungssysteme gewinnt der strukturierte Vergleich europäischer Sozialsysteme weiter an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat das Netzwerk MISSOC – das „Mutual Information System on Social Protection“ – am 16.07.2025 die neueste Version seiner Online-Datenbank veröffentlicht. Sie enthält aktualisierte Informationen zum Stand Januar 2025 über den Aufbau, die Leistungen und die Zugangsvoraussetzungen der sozialen Sicherungssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in ausgewählten Partnerländern.

MISSOC wurde bereits 1990 ins Leben gerufen, um den kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den europäischen Staaten zu erleichtern. Seither hat sich das Instrument zu einem unverzichtbaren Bestandteil der sozialpolitischen Landschaft entwickelt – nicht nur für Verwaltung und Politik, sondern auch für Wissenschaft, Sozialverbände und unternehmensnahe Beratung. In einer immer komplexeren Gesetzeswelt bietet die Datenbank Orientierung und Vergleichbarkeit: verständlich aufbereitet, mehrsprachig zugänglich und thematisch differenziert.

Die jetzt veröffentlichte Aktualisierung enthält die jüngsten Entwicklungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und Arbeitslosenabsicherung, bei Renten- und Pflegeleistungen, in der Familienförderung sowie beim sozialen Schutz bei Erwerbsunfähigkeit und Alter. Auch die spezifischen Regelungen für Selbstständige wurden erneut umfassend dokumentiert. Die Daten werden direkt aus den zuständigen Ministerien und Institutionen der jeweiligen Staaten bezogen und durch das MISSOC-Sekretariat im Auftrag der Europäischen Kommission redaktionell koordiniert.

Ein besonderer Mehrwert der Plattform liegt in ihrer Funktion als Dialogbrücke zwischen den Systemen. Sie ermöglicht es, nicht nur Unterschiede sichtbar zu machen, sondern auch strukturelle Ähnlichkeiten und übertragbare Reformansätze zu identifizieren. Dabei geht es nicht um vereinfachte Bewertungen, sondern um ein präzises Verständnis von Systemlogiken und politischen Prioritäten in den einzelnen Ländern. Wer wissen will, wie etwa Elternzeitregelungen in Skandinavien gestaltet sind, wie Frankreich mit der Pflegefinanzierung umgeht oder welche Rentenanpassungsmodelle in den Niederlanden greifen, findet hier detaillierte und vergleichbare Informationen auf einen Blick.

Auch im Lichte wachsender Anforderungen an den Sozialstaat – von den Folgen des demografischen Wandels bis hin zur Digitalisierung von Leistungen – leistet MISSOC einen wertvollen Beitrag zur europäischen Lernkultur. Gerade für grenzüberschreitend tätige Unternehmen, Trägerorganisationen und politische Entscheidungsträger bietet die Plattform fundiertes Orientierungswissen in einer Zeit, in der soziale Sicherheit zunehmend zur Standortfrage wird.

Die Nutzung der Datenbank ist kostenlos und ohne Registrierung möglich. Sie steht in deutscher, englischer und französischer Sprache zur Verfügung und wird regelmäßig aktualisiert. Die aktuelle Version ist ab sofort online abrufbar unter: www.missoc.org.

Janette Rosenberg

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