Blog „Entgelt & Co.“ : KI in der Payroll – zwischen Turbo und Prüfstein
Wer heute über Payroll spricht, spricht nicht mehr ausschließlich über Abrechnungsläufe, Lohnarten und Fristen. 2025 hat sich die Diskussion spürbar verschoben: Künstliche Intelligenz (KI) ist nicht länger Zukunftsmusik, sondern längst im Maschinenraum der Lohn- und Gehaltsabrechnung angekommen, und sie verändert nicht nur die Effizienz, sondern auch die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Compliance.
Was ich derzeit wahrnehme

Auf Fachveranstaltungen, in Webinaren und im Austausch mit Kolleg:innen höre ich immer öfter dieselben Aussagen:
- „Unsere KI hat den Fehler gefunden, bevor er teuer wurde.“
- „Seit wir Machine Learning einsetzen, haben wir keine doppelten Zahlungen mehr.“
Ich sehe Systeme, die sich nicht nur anpassen, sondern mitdenken. Payroll-Lösungen, die Abweichungen in Sekunden erkennen, Korrekturvorschläge liefern, Datenquellen abgleichen und Änderungen automatisch dokumentieren und dies oft schneller, als ein Mensch reagieren könnte.
Praxisbeispiele aus der KI-Payroll-Welt
In internationalen Unternehmen sehe ich inzwischen Pilotprojekte, bei denen KI selbstständig erkennt, wenn Arbeitszeitdaten aus dem Zeiterfassungssystem nicht mit den Lohnarten im Payroll-System übereinstimmen. Andere nutzen KI, um saisonale Gehaltsschwankungen vorherzusagen, beispielsweise bei Schichtprämien oder variablen Boni.
Heute können viele moderne Payroll-Systeme bereits gesetzliche Änderungen wie neue Beitragssätze, Steuerparameter oder Sozialversicherungsgrenzen über regelmäßige Updates einspielen. Diese Aktualisierungen werden zentral vorbereitet und automatisiert in die Systeme übertragen. Die finale Freigabe oder ein Testlauf liegt jedoch meist noch in den Händen der Payroll-Verantwortlichen.
Die Vision, dass eine KI eigenständig Gesetzestexte analysiert, Änderungen interpretiert und vollautomatisch umsetzt, bleibt aktuell noch Zukunftsmusik. In naher Zukunft ist jedoch denkbar, dass semantische Analysefunktionen solche Prozesse weiter beschleunigen und den manuellen Aufwand deutlich reduzieren. Der Weg dorthin ist klar erkennbar.
Was ich höre
Drei Themen tauchen in Gesprächen mit Dienstleistern, Prüfer:innen und HR-Leitungen immer wieder auf:
- Fehlerfreiheit ist Pflicht– KI-gestützte Prüfmechanismen können Fehlerquoten nahezu auf null senken.
- Zeit ist strategisches Kapital– die Automatisierung gibt Freiraum für strategische Themen wie Gesundheit, Vergütungspolitik oder internationale Payroll-Strategien.
- Akzeptanz braucht Transparenz– Systeme müssen nachvollziehbar arbeiten, um Vertrauen zu schaffen.
Regulatorischer Rahmen – AI Act und KIRA
Die EU-KI-Verordnung (AI Act) gibt uns klare Leitplanken: KI-Anwendungen in der Payroll zählen zu den sensiblen Systemen, die hohe Anforderungen an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Datensicherheit erfüllen müssen. Damit endet der „Wildwuchs“ an selbst gebastelten Automatisierungen und Unternehmen müssen nachweisen können, wie ihre Systeme arbeiten und wie Entscheidungen zustande kommen.
Und dann kommt KIRA 2026: die neue digitale Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung. Sie wird die Prüfprozesse nicht nur beschleunigen, sondern auch viel differenzierter machen. Daten müssen jederzeit vollständig, korrekt und prüfungsfest vorliegen. KI kann hier zum stillen Helfer werden, indem sie bereits während des Abrechnungslaufs prüft, ob Daten KIRA-konform sind, und automatisch Abweichungen markiert. Wer hier jetzt proaktiv optimiert, geht deutlich entspannter in die erste KIRA-Prüfung.
Outsourcing und KI – kein Widerspruch
Einige Unternehmen nutzen PayrollOutsourcing und fragen sich, ob sich KI dann überhaupt lohnt. Meine Erfahrung: Ja, und wie. Selbst wenn die Abrechnung extern läuft, profitieren interne HR-Teams von KI-gestützten Analysetools, um die Datenqualität zu überwachen, Abweichungen früh zu erkennen oder Bonus- und Benefit-Programme zu steuern. KIRA wird Outsourcing-Anbieter ebenso prüfen – und hier kann KI die Brücke schlagen, um intern Transparenz zu behalten.
Veränderung im Rollenbild
Die Einführung von KI wird die Payroll-Teams nicht abschaffen, sondern ihre Arbeit verschieben:
- weniger Dateneingabe und mehr Datenanalyse
- weniger Fehlerkorrektur und mehr prozessbegleitende Qualitätssicherung
- weniger reine Abrechnung und mehr strategische Beratung
Ich bin überzeugt, dass Payroll-Fachkräfte künftig stärker in interdisziplinäre Projekte eingebunden werden – von HR-Analytics bis hin zu Themen im zunehmend wichtigen Bereich ESG (Environmental, Social und Governance), beispielsweise faire Entlohnung.
Meine Schlussfolgerung
Die Frage, ob KI in der Payroll sinnvoll ist, ist längst beantwortet. Entscheidend ist, wie wir sie einsetzen – so, dass sie uns stärkt, Prozesse absichert und uns strategisch voranbringt.
KI ist wie eine erfahrene Fachkraft: schnell, präzise, aufmerksam – aber die Richtung und die Werte müssen wir vorgeben.
Mit KIRA 2026 wird der Anspruch an prüfungssichere, saubere Daten noch einmal steigen. Wer jetzt in intelligente Systeme investiert, schafft nicht nur Effizienz, sondern auch Sicherheit und kann den Wandel in der Payroll aktiv gestalten, statt ihn passiv zu ertragen.
Fazit: Die Zukunft der Payroll liegt nicht allein in der Technik, sondern in unserer Haltung dazu. KI kann ein Turbo sein, wenn wir bereit sind, sie verantwortungsvoll einzusetzen und unsere Prozesse an die neue Realität anzupassen.
Janette Rosenberg