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Warum Benefits mehr sein müssen als bloße Employer-Branding-Deko : „Krone auf oder Krone ab?“

Benefits sollen immer eines sein: ein Ausdruck der Wertschätzung, und deshalb wollen Mitarbeitende richtig erreicht werden. Das bedeutet: echte Mehrwerte! In Zeiten, in denen auch die Ansprüche an die Arbeit steigen, ist die Zeit der Oberflächlichkeiten und „Pseudo-Benefits“ vorbei. Leider scheinen „Illusionen von Benefits“ immer noch zu präsent – im Vergleich zu echten Benefits.

Wenn die Leistungsbereitschaft hierzulande schon zur Debatte steht, dann wird es auf der anderen Seite ebenso längst nicht mehr reichen, Bewerber und Mitarbeitende mit symbolischen „Goodies“ abzuspeisen.

Alles – außer Obstkorb?

Neue Mitarbeiter kommen für den Job – und nicht wegen des „Obstkorbs“. Mittlerweile fast schon zum plakativ geposteten Konsens geworden: Obst sei ein Snack, keinesfalls ein Benefit und sicher kein Grund, morgens motivierter zur Arbeit zu gehen. Benefits können und sollen sogar gern Ausdruck einer innovativen Arbeitskultur sein – sie dürfen aber auch für grundständige Werte stehen. Dabei sollte weiterhin nicht unterschätzt werden, wie unterschiedlich die Bedürfnisse in verschiedenen Branchen sein könnten. Das Alter, der Lebensplanungsabschnitt, der Tätigkeitsbereich und die Art des (körperlichen) Einsatzes oder die sonstige (Stress-)Beanspruchung sollten ebenso einen Einfluss auf die Auswahl und des Benefit-Angebot haben. (Kleinere) Aufmerksamkeiten gehören genauso dazu wie eine echte Unterstützung, die in der Wirkung sogar über die Anwesenheitszeit im Büro hinausgeht.

Besser und nicht beliebig?

Benefits sind definitiv nicht dafür gedacht und da, um pro forma etwas zu substituieren. Mit einem modernen und liebevollen Ansatz aufgewertet, wird so ein Extra-Obstangebot heute immer noch gut ankommen, wenn z. B. saisonale, regionale und nachhaltige Aspekte berücksichtigt werden. So könnte auch der „totgeglaubte“ Obstkorb zumindest ein kleines Revival erfahren, wenn er nicht wie eine Alibi-Veranstaltung mit „Lkw-gereiftem Obst“ präsentiert wird, sondern einfach zum Guttun und Genießen gedacht ist. Noch besser natürlich, wenn Mitarbeitende da auch ein „Mitspracherecht“ bei der Auswahl haben.

Ziemlich selbstverständlich?

Viele Unternehmen werben insgesamt immer noch mit „Benefits“, die nach der Meinung vieler inzwischen selbstverständlich sein sollten. Tatsächlich werden Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten immer häufiger den Arbeitsbedingungen zugeschrieben. Schwammige Allgemeinplätze mit dem Versprechen, in einem dynamischen Team und einem modernen Arbeitsumfeld eingesetzt zu werden und eine attraktive Vergütung sowie „weitere tolle Vergünstigungen“ zu erhalten, werden inzwischen sehr wahrscheinlich nur noch als Benefit-Bullshit-Bingo abgetan. Es gibt immer mehr Dinge, die setzen Bewerber mittlerweile voraus. Gehört inzwischen schon ein kostenloser Parkplatz selbstredend „überall“ dazu, um pünktlich zur Arbeit kommen? Das gehört dann wohl eher in eine perfekte Wunschwelt. Ein solches Beispiel zeigt, dass alles auch seine (guten) Grenzen hat. Die Dinge müssen natürlich trotz allem fair, realisierbar und gestaltbar sein – auch Unternehmen haben (nur) ihre individuellen Handlungsspielräume.

Was wirkliche Wünsche sind?

Nicht jeder braucht oder will ein Firmenfahrrad – es steht mittlerweile gefühlt fast wie in Stein gemeißelt immer unter den Top 5 der aktuellen Benefit-Aufzählungen. Vor allem wünschen sich Mitarbeitende (weiterhin) trotz zunehmender Back-to-Office-Offensiven: Flexibilität, die sich dem Leben anpasst, durch Gleitzeitregelungen, Homeoffice oder eine Vier-Tage-Woche. Viele wünschen sich Weiterbildungsmöglichkeiten, welche gefördert und nicht ausgebremst werden. Immer bedeutender werden Themen rund um Gesundheit und mentale Stärke, die mehr als den symbolischen „Apfel pro Tag bedeuten“.

Einfach viele Vorteile?

Natürlich können steuerfreie Benefits als effizientes Instrument zur Gehaltsoptimierung genutzt werden. Gesetzlich gesehen haben theoretisch alle Unternehmen die gleichen Möglichkeiten, Steuervorteile zu nutzen. Dazu gehören: Mitarbeitende können monatlich bis zu 50 Euro als Sachbezug steuerfrei erhalten, beispielsweise in Form von Tank- oder Einkaufsgutscheinen oder auch als Gutscheine für bestimmte Dienstleistungen, wie etwa für Fitnessstudiobesuche. Diese Sachbezüge sind bis zu dieser Grenze steuer- und sozialversicherungsfrei, sofern sie zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlt werden, d. h. sie dürfen nicht einfach als eine Gehaltsumwandlung eingesetzt werden. Corporate Benefits können für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen. Während sie die Mitarbeiterbindung und -motivation steigern können, können sie auch mit Verwaltungsaufwand und Kosten verbunden sein, was gern mal „vergessen“ wird.

Der altbekannte Tellerrand?

Längst bekannt sein und umfassend angewendet werden dürfte die Internetpauschale von 50 Euro pro Monat fürs Homeoffice. Und das Jobrad oder das steuervergünstigte E-Bike-Leasing sieht man ebenso schon fast standardmäßig. Außerdem ermöglicht es die betriebliche Altersvorsorge (bAV) Arbeitnehmern, einen Teil ihres Gehalts steuer- und sozialabgabenfrei in eine Altersvorsorge umzuwandeln. Im Jahr 2025 betrifft das Beiträge bis zu acht Prozent der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Es gibt immer mehr Möglichkeiten, über das Altbekannte hinauszugehen. Weiter Einzug in den engeren Auswahlkreis der Benefits finden dürften dagegen die möglichen 600 Euro im Jahr für die betriebliche Gesundheitsförderung oder die Erholungsbeihilfe für Mitarbeitende und ihre Familien. Nicht zu vergessen und gerade für Eltern kleiner Kinder interessant: eine steuerfreie Übernahme von Kinderbetreuungsgebühren. Fürsorge zu übernehmen, darf von Arbeitnehmerseite heutzutage durchaus wesentlich weiter gefasst werden.

Nur „nice to have“?

Vereinbarkeit sollte viel mehr als eine gnädige Nettigkeit sein. Vor allem Frauen erleben den Wiedereinstieg nach der Elternzeit als erschwert. Wie es sich auswirkt, wenn der Arbeitgeber keine oder nur wenig familienfreundliche Maßnahmen bietet, um berufliche und familiäre Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren, zeigt der Talentverlust von mehr als einem Drittel der Mitarbeitenden laut einer Stepstone-Umfrage von 2023 – inzwischen gehen auch mehr Männer aus diesem Grund.

Um zu verhindern, dass Mitarbeitende nach der Elternzeit kündigen oder den Arbeitgeber wechseln, braucht es gezielte Maßnahmen zur Bindung und Unterstützung beim Wiedereinstieg – nicht nur flexible Arbeitszeitmodelle. Eltern benötigen ebenso Unterstützung bei der Suche nach Betreuungsangeboten. Voraussetzung dafür, dass die Rückkehr ins Berufsleben nach der Elternzeit dauerhaft gelingt, ist nicht nur eine familienfreundliche Kultur, die Benachteiligungen von Eltern verhindert, sondern auch eine positive Gestaltung des Wiedereinstiegs durch einen Reboarding-Prozess. Wer hier noch stärker begleiten und unterstützen will, könnte Elterncoachings ins Benefit-Angebot aufnehmen.

Zwischen Gender und gerecht?

Gezielte „Female Benefits“ sind weit mehr als eine Art „Geschlechterausgleich“. Da Frauen generell mit mehr Karriereeinbußen und Benachteiligungen nach der Elternzeit rechnen müssen, können Unternehmen ihre Benefits gezielt familien- und frauenfreundlich ausrichten. Ein ganzheitlicher Ansatz entsteht, wenn diese als Female-Lifecycle-Strategie implementiert werden. Je nach Lebensphase – von „Wochenbett bis zu den Wechseljahren“ – sind eventuell andere Arbeitsbedingungen erforderlich. Die weibliche Gesundheit wird also zum positiven Hebel für Potenzialentfaltung und Performance. Das sollte wesentlich mehr bedeuten als ein Puzzlestück für zukunftsweisende Unternehmensstrategien in der Diversity-Kampagne oder für neue Inklusionsansätze.

Viel mehr als Vorsorge?

„Female Benefits“ berücksichtigen Realitäten und Herausforderungen, deren Auswirkungen in ein positives Wirkungspotenzial umgewandelt werden können. Die „weiblichen“ Aspekte im Bereich der spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse umfassen Themen wie: hormonelle Gesundheit oder Störungen, Zyklus, Endometriose, Schwangerschaft und Mutterschaft, Mental Health, Wechseljahre oder Kinderwunsch. Die Bandbreite der Angebote kann von der ersten Informationsgewinnung durch Gesundheitsplattformen oder Webinare bis hin zum konkreten Facharztzugang und zu Therapeuten reichen.

Weitere wichtige Unterstützungsangebote können zyklusorientierte Gesundheitscoachings darstellen, und vor allem sollte es eine angepasste Arbeitszeitgestaltung geben. Außerdem von großer Bedeutung können Beratungsangebote rund um Schwangerschaft, die Rückkehr nach der Elternzeit und zum Stillen sein. Wichtig ist, dass die Female-Lifecycle-Strategie positiv gestaltet und verstanden wird – so natürlich wie die Themen und Herausforderungen, denen es sich zu stellen gilt. Die Betonung sollte also auf Gesundheit und (gemeinsamer) Machbarkeit liegen – und weniger auf dem Aspekt Krankheit, um zu verhindern, dass Frauen sich jetzt nur „anders abgeschoben“ fühlen. Denn die Inanspruchnahme erfordert auch ein (Sich-An-) Vertrauen.

Weibliche Wertschätzung mit Mehrwerten?

Das positive Signal bei der Female-Lifecycle-Strategie sollte vor allem sein: „Ihr seid nicht allein und musste euch nicht mehr ‚verstecken‘!“ Das alles hat auch Vorteile für den Arbeitgeber: Indem die Mitarbeiterinnenbindung durch persönliche Wertschätzung gestärkt wird, erfährt die Arbeitgebermarke ebenso eine Aufwertung. Fehlzeiten reduzieren sich durch Aufklärung, Prävention und Aufklärung und die Förderung der psychischen Gesundheit. Die gezielte Unterstützung von Mitarbeiterinnen in den „weiblichen“ Übergangsphasen wie Geburt oder Wechseljahre wirkt dem (weiblichen) Fachkräftemangel entgegen und sorgt dafür, dass es nicht zu einer Mitarbeiterinnenfluktuation durch Scham und krankheitsbedingte Ausfälle kommt.

Gamechanger für die Gesundheit?

Und auch so etwas gibt es schon: persönliche Gesundheitsbudgets im vierstelligen Bereich pro Jahr – die eine oder andere Leistung kann sogar für die Familie genutzt werden. Vor allem geht es aber um echte Möglichkeiten für wirksame und nachhaltige Selfcare-Anwendungen. Diese könnten sein: der Besuch des Chiropraktikers (als Steigerung zu möglichen Massagen), eine Physiotherapie (statt Mitmach-Ermunterung per Video-Tutorial), medizinische Zusatzangebote wie Osteopathie oder Naturheilkunde oder alternative Heilmethoden wie Akupunktur. Nicht nur entlastend oder hilfreich könnten Zuschüsse oder die Übernahme von Kosten für Seh- und Hörhilfen sein.

Mehr Wahl und Wellbeing?

Noch schöner und langanhaltender wird da das dankbare Lächeln, wenn die professionelle Zahnreinigung nicht nur den Mitarbeitenden, sondern vielleicht auch mal den Familienangehörigen zugutekommt. Während manche sich fragen, ob es im Wellbeing-Bereich Fitnessstudio, Yoga oder doch lieber Sauna sein soll, so kann durch weitestgehend flexible Wahlmöglichkeiten möglichweise noch mehr für die Mitarbeiterbindung erreicht werden, weil individuelle Bedürfnisse und Wünsche wirklich im Vordergrund stehen. Eine echte Möglichkeit, das Wohlbefinden der Mitarbeitenden auf das nächste Level zu bringen.

Das echte Plus?

Immer beliebter werden tatsächlich auch die finanziellen Benefits, die wirklich entlasten – und clever steuerlich zugunsten aller genutzt werden und sogar Familienangehörigen zugutekommen. Wenn dagegen grundlegende Arbeitsbedingungen plötzlich als Extra-Leistung präsentiert werden, so wirkt das auf Bewerbende wenig wertschätzend, nicht fortschrittlich – und vor allem eines: traurig und das bestimmt nicht, weil das schon an der Wortbedeutung vorbeigeht. Moderne und als echt empfundene Benefits müssen heute viel mehr beinhalten: Entlastung, Vertrauen, Entwicklungsmöglichkeiten. Sie sollten längst mehr sein als ein paar „Goodies“ oder fancy Locksymbole. Der Mindesteinsatz von dem, was gesetzlich ohnehin geregelt ist, wird ganz gern auch mal als „geizig“ empfunden.

Zeigen, was zählt?

Nette Gesten werden von Mitarbeitenden durchaus noch gewürdigt und können etwas zählen, wenn eine wirkliche Würdigung aus ihnen spricht. Wichtig ist am Ende immer die echte Wirksamkeit. Das funktioniert dann umso besser, wenn vor allem noch die Rahmenbedingungen stimmen. Am Ende schlägt nämlich nachweislich doch Kultur den Kicker, wenn es darum geht, gewonnene Talente auch zu halten. Die Aufzählung der richtigen Benefits wird außerdem am Ende zum kleinsten Problem des Unternehmens. Wenn schon die Stellenanzeige nicht richtig performt oder die Aufgaben nicht gut beschrieben sind, dann nutzen auch die besten Benefits nichts. Am besten wirken Benefits bis in den (privaten) Alltag und vielleicht sogar weitreichender bis in die Familie hinein und „tun richtig was für einen“ – von Geld bis zur Gesundheit. Das Rundum-Wohlgefühl ist das, was Benefits schon als kleine feine oder auch mal richtig „fette“ Krönungen leisten können.

Fazit: noch näher am Leben!

Benefits sollten also nie „verwässern“, ablenken, ein schlechter „Ersatz“ für eine angemessene Bezahlung sein. Ein Benefit muss heute – wo alles teurer wird, die Wirtschaft selbst zu kämpfen hat – wahrscheinlich heutzutage nicht mehr unbedingt zu hipp oder zu fancy sein. Mitarbeitende sollten sich vor allem wertgeschätzt, gewürdigt und unterstützt fühlen – mit etwas, was sie sich vielleicht sonst nicht leisten, gönnen oder einfach so extra erwirtschaften können. Der Rahmen des Möglichen an Benefits kann so zugunsten beider Seiten ausgeschöpft, als gemeinsame Win-win-Aktion gesehen und auf Mitarbeiterseite von der Wirkung her als echter Bonus – mit wirklichem Zugewinn – empfunden werden.

Dr. Silvija Franjic, Jobcoach und Fachredakteurin

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