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Abrechnen? Aber richtig. : Warum die besten Systeme wenig nützen, wenn das Wissen fehlt

Die Digitalisierung schreitet voran, gesetzliche Änderungen fordern HR und Softwarehäuser im Gleichklang heraus – und mittendrin steht das Thema Weiterbildung. Martin Richter, Geschäftsführer der business products gmbh, spricht im Interview mit Markus Stier über 30 Jahre gelebte Workshop-Praxis, Wissenslücken mit Systemfolgen – und warum Helpdesk-Tickets manchmal mehr verraten als jede Statistik.

Markus StierMagazin
Lesezeit 5 Min.

Gedanken zur Sache – Fachleute sprechen Klartext

In unserer Rubrik „Gedanken zur Sache – Fachleute sprechen Klartext“ kommen Menschen zu Wort, die in ihrem beruflichen Alltag Verantwortung übernehmen, gestalten und verändern. Sie teilen ihre Sicht auf aktuelle Themen – fundiert, praxisnah und persönlich. Ohne PR-Brille, dafür mit Haltung und Erfahrung. Die Themen wechseln, die Idee bleibt: fachlicher Austausch auf Augenhöhe.

Fortbildung und Workshops

Sie sind seit vielen Jahren Teilnehmer unserer alga-Inhouse-Workshops. Welche fachlichen und praktischen Mehrwerte ziehen Sie aus diesen Formaten, und inwiefern unterstützen diese Sie und Ihr Team bei der täglichen Arbeit in der Entgeltabrechnung?

Wir sind als Software-Lieferant und Berater in der Entgeltabrechnung gefordert, auf dem aktuellen Stand zu bleiben, auch wenn wir selbst keine aktive Abrechnung machen. Die Weitergabe der Informationen sowie die Diskussion über die – immer wieder auftretenden – Einzel- und Spezialfälle sind sehr hilfreich in der Praxis. Unsere Kunden und wir schätzen die alga-Inhouse-Workshops seit 30 Jahren und können messbar einen besseren Wissensstand feststellen – bei uns gemessen in der Anzahl der nach einem auftretenden Problem folgenden Helpdesk-Tickets. Damit steht die Effizienz der fachlichen Inhalte wohl außer Frage.

Natürlich liegen uns Informationen bereits vor diesen Workshops vor – schließlich müssen wir ja unsere Systeme und Programme anpassen, aber auch wenn eine Änderung des Steuertarifs durch eine Regelung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) dann technisch schnell umgesetzt ist, die Auswirkung auf eine ggf. stattfindende Beratung der Mitarbeiter oder eine Diskussion mit dem Betriebsrat will aber gut durchdacht sein – neben Verständnisproblemen drohen hier ja auch Regressansprüche.

Umgang mit Gesetzesänderungen

Gerade im Bereich der Entgeltabrechnung führen gesetzliche Neuerungen oft zu Anpassungsbedarf in Prozessen und Systemen. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen damit um, solche Änderungen zeitnah umzusetzen, und welche Rolle spielt hierbei für Sie die fachliche Weiterbildung?

Neue gesetzliche Änderungen führen teilweise zu erheblichen Anpassungen im Unternehmen. Der erste Schritt ist immer, diese Neuerungen auch zu verstehen. Dabei hilft eben genau die fachliche Weiterbildung mit dem besonderen Blick auf die Ausstrahlung einer Änderung auf andere Bereiche und Regelungen. Häufig sind ja kleinste Änderungen in ihren Auswirkungen auf den ersten Blick überschaubar. Wenn man aber bedenkt, dass meist auch Verträge, betriebliche Regelungen, Bescheinigungen und Informationspflichten mit geändert werden – wenn auch nur implizit – dann erhöht sich der Aufwand sehr schnell deutlich.

Das alles wird in den alga-Inhouse-Workshops berücksichtigt, Konsequenzen werden an Beispielen aufgezeigt und Handlungsempfehlungen gegeben. Unsere Kunden wünschen sich eine so umfassende Information zu allen Themen, die sie eben woanders in der Qualität nicht bekommen. Da die Workshops alle Fachbereiche abdecken und sogar die Folgen in anderen Systemen berücksichtigen, z. B. im Rechnungswesen, bei der Mitbestimmung und im Legal-Department, ist der Wert dieser Veranstaltungen nicht nur die Information, sondern auch die Zeitersparnis. Die Darstellung der Sichtweise des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer bringt zusätzlich Vorteile für die Interpretation eines Sachverhalts.

Digitalisierung und Praxis

Die Digitalisierung schreitet in allen Bereichen der Entgeltabrechnung voran. Wo sehen Sie derzeit den größten Nutzen digitaler Lösungen, und in welchen Bereichen wünschen Sie sich künftig noch mehr digitale Unterstützung?

Bei der Rekapitulation unserer Workshops der letzten 30 Jahre ist auffällig, wie viele elektronische Verfahren in der Entgeltabrechnung Einzug gehalten haben. Diese sind in den Anfängen meist ohne Weitblick, d. h. als Gesamtbetrachtung entstanden – dies ist natürlich auch dem vielfältigen Druck aus der Politik geschuldet. Man denke nur an das Thema Sozialversicherungsnummer und Steuernummer (bzw. ID), die längst einem gemeinsamen Kriterium zur Identifikation hätten weichen können. Dies führte zu den verschiedensten Verfahren, die heute etabliert sind – aber eben unterschiedlich im Prozess und damit auch in der Pflege und Wartbarkeit. Die Vereinheitlichung solcher Verfahren und Abläufe hat auf jeden Fall noch Potenzial. Das neue Verfahren zum Abruf der Kinderdaten in der Pflegeversicherung ist ein gutes Beispiel – ebenso wie die übergreifenden Verfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeit (eAU) und zur A1- oder BEA-Bescheinigung. Aus meiner Sicht waren aber schon damals die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) und sind heute vor allem die elektronisch unterstützten Betriebsprüfungen (euBP) echte Entlastungen für Personal- und Entgeltabteilungen. Natürlich leisten auch alle anderen Abruf- und Meldeverfahren ihren Beitrag. Hier steckt der Teufel im Detail, aber wir wollen ja auch in Zukunft noch etwas zu tun haben.

Persönlicher Ausblick

Abschließend gefragt: Welche fachlichen oder technischen Entwicklungen würden Sie sich für die nächsten Jahre wünschen, damit die Arbeit in der Entgeltabrechnung noch effizienter, sicherer oder praxisgerechter wird?

Guten und effizienten Service können wir inzwischen mit einem ausgereiften Employee-Self-Service, einer digitalen Akte und der KI-gestützten Reisekostenerfassung bieten. Mobile Services setzen sich immer stärker durch und bieten enormes Potenzial für Effizienz und Entlastung. Die heutigen Generationen erwarten digitale Lösungen – und genau die sollten wir ihnen auch bieten.

Weitere Services wie z. B. alles rund um das Flottenmanagement sind zwar als Lösung verfügbar, häufig aber nicht in den gleichen integrierten Systemen der Entgeltabrechnung und HR-Tools, was wieder eine Schnittstellenproblematik eröffnet. Dies ist aber Sache der Hersteller – weniger der Politik.

Die heutige Entgeltabrechnung beherrschen alle Systeme inzwischen gut.

Allerdings habe ich den Eindruck, dass – im Unterschied zu früher – nicht mehr jeder Abrechner die Berechnung auf einem Blatt Papier vollständig durchführen kann.

Ich bin überzeugt: Mit KI-gestützten Auswertungen werden wir schon bald Systeme haben, die nicht nur bei der Gestaltung von Verträgen, Entgeltbestandteilen und individuellen Vereinbarungen unterstützen – sondern auch die Bearbeitungszeiten spürbar verkürzen.

Kurzprofil

Der ERP-System-Hersteller e.bootis ag entwickelt seit über 40 Jahren innovative -Software „Made in Germany“ im Bereich Enterprise Resource Planning (ERP) für den Mittelstand in der D-A-CH-Region. Die plattformunabhängige „e.bootis ERPII Suite“ ist modular, skalierbar und flexibel anpassbar – nutzbar in der Cloud oder On-Premises. Durch die Single-Source-Code-Philosophie ist eine hundertprozentige Release- und Wartungsfähigkeit der Standardlösung gegeben. Über 250 Kunden profitieren von individuellen Funktionen, Beratung, Schulungen und Projektmanagement. Der Hauptsitz mit rund 100 Mitarbeitenden ist in Essen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Markus Stier.

 

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