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Zeitwertkonten für befristet Beschäftigte
Im Zuge flexibler Arbeitszeitmodelle planen wir, künftig Zeitwertkonten für alle Mitarbeitenden einzuführen. Beschäftigte sollen Teile ihres Bruttogehalts oder Überstunden steuer- und beitragsfrei ansparen können – etwa für ein Sabbatical, eine Pflegezeit oder den vorzeitigen Ruhestand. Auf mehreren Fachportalen ist zu lesen, die Finanzverwaltung wolle befristet Beschäftigte künftig gleichstellen. Demnach könnten sie unter denselben steuerlichen Voraussetzungen wie unbefristete Mitarbeitende ein Zeitwertkonto führen. Ein offizielles BMF-Schreiben dazu finden wir jedoch nicht. Unsere Fragen:
- Dürfen befristet Beschäftigte aktuell tatsächlich ein steuerlich anerkanntes Zeitwertkonto führen?
- Gibt es bereits eine offizielle Neuregelung oder ein BMF-Schreiben, das die Gleichstellung bestätigt?
- Wie ist die bisherige Rechtslage, und worauf müssen Arbeitgeber bei der Einrichtung achten?
- Welche steuerlichen Risiken bestehen, wenn man befristet Beschäftigten schon jetzt Zeitwertkonten anbietet?
- Wie lässt sich die Regelung bis zu einer bundeseinheitlichen Klärung rechtssicher gestalten?
Derzeit existiert kein offizielles BMF-Schreiben oder eine bundeseinheitliche Verwaltungsanweisung, die befristet Beschäftigte steuerlich den unbefristet Beschäftigten gleichstellt. Es gilt weiterhin das BMF-Schreiben vom 17.06.2009 (BStBl. I S. 700) in Verbindung mit den Lohnsteuer-Hinweisen 2025 (Anhang 31a). Darin heißt es ausdrücklich: „Bei befristeten Dienstverhältnissen werden Zeitwertkonten steuerlich nur anerkannt, wenn das Guthaben während der Vertragslaufzeit durch Freistellung verbraucht wird.“ Das bedeutet: Ein befristet Beschäftigter darf nur dann ein steuerlich anerkanntes Zeitwertkonto führen, wenn das Guthaben innerhalb der Vertragsdauer vollständig genutzt wird. Eine Übertragung auf einen neuen Arbeitgeber oder die Deutsche Rentenversicherung Bund ist derzeit nicht vorgesehen. Die auf Fachportalen verbreitete „Neuregelung“ beruht offenbar auf Einzelfallentscheidungen und Anrufungsauskünften (§ 42e EStG) einzelner Landesfinanzverwaltungen. Diese haben in bestimmten Fällen eine Gleichstellung akzeptiert, regional begrenzt, ohne bundesweite Wirkung.
Handlungsempfehlung für die Praxis
Unternehmen sollten vorerst keine Zeitwertkonten für befristet Beschäftigte einrichten, deren Guthaben über die Vertragslaufzeit hinausreicht. Soll dennoch ein Konto geführt werden, ist eine Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt dringend ratsam. Alternativ kann die Freistellungsphase innerhalb der Befristung geplant werden, etwa für Sabbaticals oder Qualifizierungen. Eine gesetzlich vorgesehene Übertragung (§ 7f SGB IV) an die Deutsche Rentenversicherung Bund wird derzeit nicht einheitlich angewendet.
Wird ein Zeitwertkonto nicht steuerlich anerkannt, gelten die Einzahlungen als sofort zugeflossener Arbeitslohn – mit voller Steuer- und Beitragspflicht. Das kann erhebliche Nachforderungen nach sich ziehen.
Fazit: Die vermeintliche „Neuregelung“ ist derzeit (noch) keine offizielle Rechtsänderung, sondern spiegelt die Einzelfallpraxis einzelner Finanzbehörden wider. Bis zur Veröffentlichung eines neuen BMF-Schreibens oder Ländererlasses gilt weiterhin das bisherige Recht:
Befristet Beschäftigte dürfen Zeitwertkonten nur führen, wenn das Guthaben innerhalb der Befristung verbraucht wird.
Arbeitnehmerfinanzierte Pensionszusage (Direktzusage)
Wir sind ein mittelständisches Produktionsunternehmen mit rund 120 Beschäftigten. Seit einiger Zeit diskutieren wir intern, ob wir unseren leitenden Angestellten eine neue Form der Altersvorsorge anbieten können. Kürzlich erreichte uns eine konkrete Anfrage:
Ein Mitglied unserer Führungsebene, mit einem monatlichen Bruttogehalt von 8.500 Euro, möchte künftig 1.000 Euro seines Gehalts in eine arbeitnehmerfinanzierte Pensionszusage umwandeln. Er verspricht sich davon eine steuerliche Entlastung und den Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung. Nun stellen sich für uns mehrere Fragen:
- Ist eine Gehaltsumwandlung zugunsten einer Direktzusage überhaupt zulässig, wenn die Finanzierung ausschließlich aus Arbeitnehmermitteln erfolgt?
- Welche rechtlichen und steuerlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
- Welche Höchstbeträge und Grenzen gelten?
- Wann liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor: bereits bei der Zusage oder erst bei Rentenbeginn?
- Wie wirkt sich die Entgeltumwandlung auf die Sozialversicherung aus?
- Können Bonuszahlungen oder Tantiemen, die bereits verdient, aber noch nicht fällig sind, in die Pensionszusage einbezogen werden?
- Und schließlich: Welche Risiken und Pflichten ergeben sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer – insbesondere im Hinblick auf Insolvenzsicherung und Bilanzierung?
Zulässigkeit und Grundprinzip
Bei einer arbeitnehmerfinanzierten Direktzusage sagt der Arbeitgeber eine künftige Betriebsrente zu, während der Arbeitnehmer auf einen Teil seines künftigen Entgelts verzichtet. Die Mittel stammen also vollständig aus dem Gehalt des Mitarbeiters. Diese Entgeltumwandlung ist zulässig, sofern sie eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) darstellt.
Zeitpunkt und Gestaltung
Die Vereinbarung muss vor Fälligkeit des jeweiligen Gehaltsbetrags getroffen werden. Eine rückwirkende Umwandlung von bereits fälligem Lohn ist nicht erlaubt. Zulässig ist hingegen, bereits verdiente, aber noch nicht fällige Sonderzahlungen (z. B. Tantiemen oder Boni) umzuwandeln – sofern die Vereinbarung rechtzeitig vor der Auszahlung geschlossen wird (vgl. BMF-Schreiben vom 12.08.2021, BStBl. I S. 1050). Die Entgeltumwandlungsvereinbarung sollte schriftlich erfolgen und eindeutig auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG Bezug nehmen.
Höchstbeträge und Grenzen
Nach § 1a BetrAVG haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf eine Entgeltumwandlung bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für 2025 entspricht das etwa 3.864 Euro jährlich (322 Euro monatlich).
Darüber hinausgehende Beträge sind nur auf freiwilliger Basis möglich, sie können arbeitsrechtlich vereinbart, steuerlich aber nicht privilegiert werden.
Steuerliche Behandlung
Die Pensionszusage selbst führt nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, weil dem Arbeitnehmer kein gegenwärtiger Zufluss entsteht. Erst die späteren Versorgungsleistungen (Betriebsrente) werden nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) als nachgelagerte Besteuerung erfasst. Für den Arbeitgeber bleibt die Bildung einer Pensionsrückstellung nach § 6a EStG zulässig – ein bilanzpolitisch interessanter Nebeneffekt, der Liquidität schont.
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Bis zur 4-Prozent-Grenze bleibt die Entgeltumwandlung sozialversicherungsfrei (§ 1a BetrAVG). Die daraus resultierenden Betriebsrenten unterliegen später jedoch der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht (§ 229 Sozialgesetzbuch (SGB) V), wenn der Rentner gesetzlich krankenversichert ist.
Bilanzielle und rechtliche Konsequenzen
Auch bei einer arbeitnehmerfinanzierten Pensionszusage bleibt der Arbeitgeber der Schuldner der Versorgungsverpflichtung. Das bedeutet: Die Zusage ist über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) gegen Insolvenz abzusichern (§ 7 BetrAVG). In der Bilanz entstehen entsprechende Pensionsrückstellungen, die das Eigenkapital mindern und langfristig gebundenes Kapital darstellen.
Risiken und Empfehlungen
- Für den Arbeitnehmer: Steuerersparnis heute, mögliche höhere Steuerbelastung im Alter (Steuersatzrisiko).
- Für den Arbeitgeber: langfristige Bilanzbindung und Insolvenzsicherungspflicht.
- Für beide Seiten: Eine schriftliche, rechtssichere Dokumentation ist zwingend.
- Empfehlenswert ist eine klare Entgeltumwandlungsvereinbarung mit eindeutiger Formulierung, Berechnungsgrundlage und Verweis auf das Betriebsrentengesetz.

Janette Rosenberg,
alga-Fachreferentin und Mitglied des
alga-Competence-Centers,
stellvertretende Chefredakteurin der
Fachzeitschrift LOHN+GEHALT

