Im Blick: Sozialversicherungsrecht
Das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz erleichtert kleinen Unternehmen und Geringverdienern den Zugang zur betrieblichen Altersvorsorge. Parallel erinnert die Deutsche Rentenversicherung daran, Kindererziehungszeiten rechtzeitig zu beantragen, um Rentenansprüche vollständig zu sichern.
Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz: Mehr Betriebsrente für alle – besonders für Geringverdiener und kleine Unternehmen
Das Kabinett hat das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) beschlossen, um die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland deutlich auszuweiten und zu vereinfachen. Ziel ist, dass die Betriebsrente künftig nicht nur Pflicht in Tarifbereichen sein soll, sondern auch Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen besser eingebunden werden.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Förderung für niedrige Einkommen zugänglicher gemacht wird: Der maximale steuerliche Förderbeitrag für Arbeitgeber wird ab 2027 angehoben, und die Einkommensgrenzen, bis zu denen Beschäftigte Anspruch darauf haben, werden dynamisch gestaltet – das heißt, sie passen sich künftig an die Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung an, um zu vermeiden, dass jemand durch eine Einkommenssteigerung aus der Förderung herausfällt. Gleichzeitig soll der Anreiz steigen, dass auch Unternehmen ohne Tarifvertrag Sozialpartnermodelle nutzen oder sich bestehenden Modellen anschließen können. Das Gesetz ermöglicht zudem, dass automatische Umwandlungsmodelle (sogenannte Options- oder Opt-out-Systeme) künftig auch ohne tarifvertragliche Regelung gelten können – vorausgesetzt, Arbeitgeber leisten einen Zuschuss in Höhe von mindestens 20 Prozent des umgewandelten Entgelts.
Eine weitere Neuerung betrifft die Abfindung sogenannter Kleinstanwartschaften: Die bisherigen Grenzen für steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Abfindungen werden gelockert, vor allem wenn die Mittel in Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung übergehen. Damit sollen bürokratische Belastungen reduziert und unpraktisch kleine Rentenvorsorgeansprüche wirksamer gehandhabt werden. Außerdem wird es Mitarbeitenden ermöglicht, nach unterbrochenen Zeiten, etwa Elternzeit oder Krankheit, ihre Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge unter den bisherigen Bedingungen fortzusetzen.
Regulatorisch wird auch die Kapitalanlage flexibilisiert, um bessere Renditechancen bei der betrieblichen Altersversorgung zu ermöglichen – die gesetzlichen Vorschriften dafür werden angepasst.
Mit dem BRSG II macht die Bundesregierung einen weiteren Schritt, damit die Betriebsrente nicht länger ein Luxus bleibt, sondern eine vertrauenswürdige Säule der Alterssicherung auch für jene wird, die bisher kaum davon profitierten – insbesondere Geringverdiener und Beschäftigte in kleinen Unternehmen.
Kindererziehungszeiten: Warum Eltern früh handeln müssen, damit Erziehungsjahre auch wirklich die Rente stärken
Kindererziehungszeiten sind ein oft unterschätztes, aber entscheidendes Element der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sollen sicherstellen, dass die Leistung der Eltern – das Großziehen der Kinder – nicht unsichtbar bleibt, sondern später auch die eigene Altersvorsorge stärkt. Für Kinder, die nach 1992 geboren sind, werden drei Jahre als Beitragszeit anerkannt. Für ältere Kinder gelten Sonderregelungen, die in den letzten Jahren durch Reformen wie die „Mütterrente“ immer wieder angepasst wurden. Parallel dazu gibt es Berücksichtigungszeiten bis zum zehnten Geburtstag des Kindes, die zwar nicht direkt die Höhe der Rente steigern, aber im Hintergrund eine große Rolle spielen. Sie können darüber entscheiden, ob Wartezeiten erfüllt werden oder ob Nachteile aus Teilzeit oder Minijobs ausgeglichen werden.
Viele Eltern verlassen sich darauf, dass diese Zeiten automatisch im Rentenkonto auftauchen. Doch das ist ein Irrtum. In Wahrheit werden Kindererziehungszeiten nur dann gespeichert, wenn sie beantragt werden. Zuständig ist das Formular V0800, das online bei der Deutschen Rentenversicherung abrufbar ist. Erst wenn dieser Antrag vorliegt, prüft die Versicherung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und wem die Zeiten zugeordnet werden. Ohne Antrag bleibt das Konto oft unvollständig, und bei der späteren Berechnung fehlen wichtige Jahre – mitunter mit spürbaren finanziellen Folgen.
Die Zuweisung dieser Zeiten folgt einem klaren Prinzip: Gutgeschrieben werden sie grundsätzlich dem Elternteil, der überwiegend erzieht. In der Praxis ist das meist die Mutter. Soll der Vater oder ein anderer Elternteil die Zeiten erhalten, müssen beide Eltern eine gemeinsame Erklärung abgeben. Diese Erklärung kann allerdings nur für die Zukunft und höchstens zwei Monate rückwirkend wirken. Wer die Entscheidung aufschiebt, riskiert, dass wertvolle Rentenjahre unwiderruflich verloren gehen. Besonders bei Trennung oder Scheidung wird das Thema brisant, weil dann schnell Konflikte entstehen, wenn nicht eindeutig geregelt ist, wem die Zeiten zustehen.
Die Deutsche Rentenversicherung rät daher, spätestens bis zum zehnten Geburtstag des Kindes aktiv zu werden. Bis dahin lassen sich sowohl die Kindererziehungszeiten als auch die Berücksichtigungszeiten komplett erfassen und ins Konto eintragen. Zwar ist eine rückwirkende Antragstellung grundsätzlich möglich, doch je länger man wartet, desto schwieriger wird die Nachweisführung. Unterlagen fehlen, Zuständigkeiten sind unklar, und in vielen Fällen wächst der Verwaltungsaufwand erheblich.
Aus der Praxis zeigt sich: Eltern, die regelmäßig ihren Versicherungsverlauf prüfen, sind klar im Vorteil. Im jährlichen Verlauf lässt sich leicht erkennen, ob Kindererziehungszeiten bereits berücksichtigt sind. Fehlt etwas, sollte man sofort tätig werden. Denn auch wenn diese Zeiten nicht verfallen, wirken sie nur dann vollständig, wenn sie rechtzeitig im Versicherungskonto dokumentiert sind. Gerade junge Eltern schieben das Thema gern auf, doch im Rentenalter kann genau das zu einem bösen Erwachen führen.
Was viele ebenfalls unterschätzen: Kindererziehungszeiten können im Alter über mehrere hundert Euro im Monat entscheiden. Sie sind nicht bloß ein symbolischer Anerkennungswert, sondern ein rentenrelevanter Faktor. Deshalb ist es keine gute Idee, zu glauben, dass sich die Rentenkasse schon kümmert. Eltern, die warten, riskieren bares Geld. Eltern, die sich früh kümmern, gewinnen Klarheit und Sicherheit.
Im Kern bedeutet das: Kindererziehungszeiten gehören aktiv in die persönliche Vorsorgeplanung. Sie sind kein Randthema, sondern ein wichtiger Baustein in der Rentenbiografie. Wer rechtzeitig prüft, Anträge stellt und Zuständigkeiten klärt, sorgt dafür, dass die Erziehungsleistung nicht nur gesellschaftlich wertgeschätzt wird, sondern auch im Alter die finanzielle Basis stärkt.
Janette Rosenberg