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Keine Weitergabe von personenbezogenen Daten an „zweifelhafte“ Wahlvorstände : Arbeitsgericht (ArbG) Köln vom 16.07.2025 – 18 BVGa 9/25

Fordert ein Wahlvorstand Informationen in Form personenbezogener Daten an, ist eine Weitergabe datenschutzrechtlich bedenklich, wenn noch in Klärung ist, ob an dem Standort eine Betriebsratswahl überhaupt wirksam durchgeführt werden kann.

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Mann schaut mit Lupe auf Tablet
Foto: ©stock.adobe.com/@TrendStudio

Verortung des Urteils

Datenschutz spielt im BetrVG eine immer größere Rolle, dies sieht man an zahlreichen Entscheidungen. Auch im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu einer ordnungsgemäßen Betriebsratswahl stellt sich die Frage, was datenschutzrechtlich zu berücksichtigen ist.

Nach dem Arbeitsgericht Köln ist jedenfalls klar, dass ein Wahlvorstand nur dann personenbezogene Daten der Belegschaft vom Arbeitgeber anfordern respektive erhalten darf, wenn es eine betriebsfähige Organisationseinheit gibt und eine wirksame Wahl durchgeführt werden kann. Ohne Klärung dieser Grundvoraussetzungen ist die Weitergabe von Daten datenschutzrechtlich unzulässig.

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten in einem Eilverfahren über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, dem Antragsteller als Wahlvorstand für die Durchführung einer Betriebsratswahl erforderliche Informationen und Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitgeberin ist eine Fluggesellschaft, die ihren Sitz nicht in Deutschland hat. Sie unterhält am Flughafen Köln/Bonn einen Standort als sog. „base“, von der aus administrative Aufgaben, insbesondere solche aus dem Flugaufsichtsrecht, ausgeübt werden. Der Antragsteller war als Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl an diesem Standort gebildet worden.

Die Beteiligten hatten ein gerichtliches Feststellungsverfahren zur Klärung der Frage geführt, ob die sog. „base“ eine betriebsratsfähige Organisationseinheit darstelle. Eine andere Kammer des ArbG Köln hatte mit Beschluss vom 29.02.2024 festgestellt, dass keine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliege (3 BV 7/23). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Nur für eine betriebsratsfähige Organisationseinheit konnte ein Wahlvorstand wirksam gebildet und könnte eine wirksame Betriebsratswahl abgehalten werden. Trotz der noch laufenden gerichtlichen Klärung beantrage der Wahlvorstand im Wege der einstweiligen Verfügung, die Arbeitgeberin zu verpflichten, bestimmte Informationen und Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Die verlangten Informationen umfassten auch personenbezogene Daten von Beschäftigten.

Die Entscheidung

Das ArbG Köln hat die Anträge des Wahlvorstands vollumfänglich zurückgewiesen. Am Flughafen Köln/Bonn sei keine betriebsratsfähige Organisationseinheit gegeben. Das ArbG Köln nimmt hierbei maßgeblich Bezug auf die Erkenntnisse aus dem angesprochenen Feststellungsverfahren. Für einen Betrieb fehle es der „base“ am Flughafen bereits an einer einheitlichen Leitung. Die „base“ stelle auch keinen Betriebsteil dar. Das hierfür erforderliche Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit sei nicht gegeben. Im Übrigen liege ein betriebsratsfähiger Betriebsteil am Flughafen Köln/Bonn schon deshalb nicht vor, weil es an einem Hauptbetrieb der Arbeitgeberin im Inland fehle. Da damit mit hoher Wahrscheinlichkeit keine wirksame Betriebsratswahl abgehalten werden könne, sei die Weitergabe der geforderten personenbezogenen Daten datenschutzrechtlich nicht gedeckt und damit rechtswidrig.

Darüber hinaus sei auch die notwendige Eilbedürftigkeit nicht gegeben: Sei noch ein Verfahren zur Feststellung einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit anhängig, so kann dessen Ausgang abgewartet werden, ohne dass der Wahlvorstand gegen seine Verpflichtung zur unverzüglichen Einleitung der Wahl verstoße.

#KurzErklärt

  • Nicht nur in Zusammenhang mit dem Flugverkehr, sondern auch darüber hinaus dürften sich, auch mit Blick auf den im nächsten Frühjahr bevorstehenden Regeltermin zur Betriebsratswahl, wieder Entscheidungen im Kontext der Frage häufen, ob an einem Standort eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt und damit eine Betriebsratswahl wirksam abgehalten werden kann.
  • Die Entscheidung, der Wahlvorstand könne den Ausgang eines solchen Verfahrens abwarten, ohne gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Einleitung der Wahl zu verstoßen, steht mit der herrschenden Meinung in der juristischen Fachliteratur und der einschlägigen Rechtsprechung anderer Gerichte im Einklang. Für die Praxis besonders wichtig ist der zutreffende Hinweis auf die datenschutzrechtliche Dimension.

Praxistipps

Verlangt ein Wahlvorstand für die Durchführung von Betriebsratswahlen Informationen in Form personenbezogener Daten, sollten Arbeitgeber*innen diese nicht, auch nicht „vorsorglich“ weitergeben, wenn Zweifel bestehen, ob an dem Standort überhaupt wirksam eine Betriebsratswahl durchgeführt werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn wie hier ein Feststellungsverfahren noch läuft. Eine solche Weitergabe ist in datenschutzrechtlicher Hinsicht rechtswidrig, wie die Entscheidung ins Gedächtnis ruft.

von Frau Dr. Felisiak von Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte 

 

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