Wechsel der Krankenkasse : Neues Kassenwahlrecht ab dem 1. Januar 2021
Um den Wettbewerb unter den Krankenkassen weiter zu fördern, hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2021 das Krankenkassenwahlrecht geändert. Die neue Rechtslage verkürzt die Bindungsfristen und bringt Erleichterungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
- Reduzierung der Bindungsfrist von 18 auf 12 Monate,
- sofortiger Kassenwechsel bei Eintritt der Versicherungspflicht, zum Beispiel bei jedem Arbeitgeberwechsel,
- Arbeitnehmer informiert formlos den Arbeitgeber über die zuständige Krankenkasse,
- elektronische Mitgliedsbescheinigung für den Arbeitgeber,
- Einführung eines elektronischen Meldeverfahrens zwischen den Krankenkassen und
- Wegfall der Kündigungserklärung des Mitglieds an die bisherige Krankenkasse.
Bei der Ausübung des Krankenkassenwahlrechts ist zwischen zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:
- Sofortiges Krankenkassenwahlrecht
- Krankenkassenwechsel bei bestehendem Versicherungsverhältnis.
Sofortiges Krankenkassenwahlrecht bedeutet, dass eine wahlberechtigte Person eine neue Krankenkasse wählen darf – ohne Kündigung und ohne Rücksicht auf die Dauer der Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse.
Endet die Versicherungspflicht kraft Gesetzes, ist in keinem Fall eine Kündigung notwendig. Wird danach ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht – etwa mit Beginn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung – oder der Versicherungsberechtigung (freiwillige Krankenversicherung) begründet, besteht ein sofortiges Krankenkassenwahlrecht.
Neuer Arbeitgeber
Beispiel: Arbeitnehmer A beendet beim Arbeitgeber B am 31.01.2021 seine Beschäftigung. Die Mitgliedschaft mit einer laufenden Bindungsfrist besteht bei der gesetzlichen Krankenkasse C. Ab dem 01.02.2021 nimmt er eine neue versicherungspflichtige Beschäftigung beim Arbeitgeber D auf und wählt die gesetzliche Krankenkasse E.
Lösung: Arbeitnehmer A ist ab 01.02.2021 bei Krankenkasse E gesetzlich versichert.
Neuer Arbeitgeber und Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze
Beispiel: Arbeitnehmer A war wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) freiwillig bei der BKK B krankenversichert. Das Beschäftigungsverhältnis endet am 21.01.2021. Am 22.01.2021 nimmt er eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber auf. Hier erhält er ein Entgelt unterhalb der JAE-Grenze.
Lösung:Arbeitnehmer A kann sich ab 22.01.2021 bei der BKK C krankenversichern. Er muss nicht bei der BKK B kündigen. Es kommt auch nicht darauf an, wie lange er bei der BKK B krankenversichert war.
Praktischer Ablauf
Mit der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes erlischt die Bindungsfrist des Mitglieds an die bisherige Krankenkasse. Eventuell bestehende Mindestbindungsfristen für Wahltarife spielen bei der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes keine Rolle. In der Praxis gestaltet sich der sofort mögliche Krankenkassenwechsel wie folgt:
- Das Mitglied wendet sich an die neue Krankenkasse und wählt diese (idealerweise schriftlich mit einem Mitgliedsantrag).
- Die gewählte Krankenkasse prüft die Voraussetzungen des sofortigen Kassenwahlrechts und informiert das Mitglied.
- Das Mitglied informiert unverzüglich und formlos den Arbeitgeber über die gewählte Krankenkasse.
- Die gewählte Krankenkasse prüft, ob ein Datenaustausch mit der bisherigen Krankenkasse erforderlich ist, und nimmt diesen gegebenenfalls vor.
- Der Arbeitgeber erstellt die Anmeldung zur Sozialversicherung nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) an die gewählte Krankenkasse.
- Die gewählte Krankenkasse bestätigt als Antwort auf die Anmeldung das Bestehen der Mitgliedschaft bei ihr („elektronische Mitgliedsbescheinigung“).
- Die gewählte und die bisherige Krankenkasse bringen das Meldeverfahren final zum Abschluss.
Abgabefrist für die Wahlerklärung
Nach Eintritt der Versicherungspflicht muss die Abgabe einer Wahlerklärung innerhalb einer Frist von zwei Wochen rechtswirksam erfolgen.
Eine oder auch mehrere Wahlerklärungen können innerhalb dieser zwei Wochen widerrufen werden. Entscheidend ist die formlose Mitteilung des Mitglieds über die gewählte Krankenkasse an die zur Meldung verpflichtete Stelle (beispielsweise der Arbeitgeber).
Aufgaben des Arbeitgebers bei ausbleibender Krankenkassenwahl des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer muss bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen die gewählte Krankenkasse mitteilen. Wenn diese Mitteilung fehlt oder nicht rechtzeitig erfolgt, muss der Arbeitgeber die Anmeldung an die zuletzt zuständige Krankenkasse senden. Sollte der Versicherungspflichtige sein Kassenwahlrecht nicht ausüben und keine zuletzt zuständige Krankenkasse haben, da er beispielsweise aus dem Ausland nach Deutschland gekommen ist, wählt der Arbeitgeber die Krankenkasse aus und informiert den Beschäftigten darüber. Die gewählte Krankenkasse prüft ihre Zuständigkeit.
Kein sofortiges Wahlrecht
Das sofortige Wahlrecht gilt nicht bei Beginn einer obligatorischen Anschlussversicherung oder:
- einer „Auffang“-Versicherungspflicht,
- Aufnahme der Arbeit nach beschäftigungslosen Tagen im Rahmen einer unständigen Beschäftigung,
- Hinzutritt einer Tätigkeit bei Mehrfachbeschäftigten oder
- Hinzutritt eines Versicherungspflichttatbestands zu einem weiteren Versicherungspflichttatbestand und
- Änderungen im Arbeitsvertrag.
Neue Beschäftigung und Bezug von Arbeitslosengeld II

Beispiel: Arbeitnehmer A übt eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus und bezieht gleichzeitig Arbeitslosengeld II. Das Beschäftigungsverhältnis endet am 31.01.2021. Am 01.02.2021 wird ein neues Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen. Das Arbeitslosengeld II wird weiter bezogen.
Lösung:Ab dem 01.02.2021 wird kein sofortiges Kassenwahlrecht ausgelöst.
Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist