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Gutscheine & Co. – Teil 1 : Sachzuwendungen im Jahr 2021

Gesetzgeber kündigt BMF-Schreiben zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug an.

Markus StierPraxis
Lesezeit 4 Min.
Eine kleine Geschenkbox, eingewickelt in Papier im Euro-Banknoten-Stil, verziert mit einer weißen Schleife, auf einer Holzoberfläche mit Bezug zum Thema „Humanressourcen“.

Im Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften hatte der Gesetzgeber eine gesetzliche Neuregelung der Abgrenzung zwischen einer Geldleistung und einem Sachbezug beschlossen (BGBl 2019 Teil I Nr. 48 vom 17.12.2019 Seite 2451), mit Auswirkungen auf die praktische Umsetzung beim Arbeitgeber.

Mit dem Gesetz wurde § 8 Abs. 1 EStG um folgende Sätze ergänzt: „Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen.“

In § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG wurde eine weitere Ergänzung eingefügt: „… die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden“.

In der Praxis bleiben durch die Neuregelung für viele Arbeitgeber Fragen offen. Um diesen Anwendungshinweisen zur Neuregelung zu geben, plant das Bundesfinanzministerium (BMF) ein Anwendungsschreiben zu veröffentlichen (zuletzt in der Begründung zum Jahressteuergesetz 2020 angekündigt). Am 12.06.2020 legte das BMF bereits einen Entwurf eines Anwendungsschreibens zur Verbandsanhörung vor. Das Schreiben ist allerdings bis heute noch nicht veröffentlicht. Nach Informationen des BMF soll dies nach dem Jahressteuergesetz 2020 erfolgen.

Am 21.12.2020 wurde das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen (BGBl 2020 Teil I Nr. 65 vom 28.12.2020 Seite 3096). In diesem Gesetz ist eine weitere Ergänzung in § 8 Abs. 4 EStG eingeführt. Die Ergänzung ist eine gesetzliche Klarstellung zum Zusätzlichkeitserfordernis: „Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.“

Mit dieser Ergänzung wird die durch BMF-Schreiben vom 05.02.2020 (IV C 5 – S 2334/19/10017 :002) definierte Tatbestandsvoraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gesetzlich neu gefasst. Das BMF-Schreiben hat im Vorgriff auf diese Gesetzesänderung abweichend von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 01.08.2019 (VI R 32/18, VI R 21/17 und VI R 40/17) die Voraussetzungen für das Erfordernis „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ vorab in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder geregelt. Die BFH-Rechtsprechung hat festgestellt, dass bei einer zweckgebundenen Sachleistung an einen Arbeitnehmer, die für deren Erfüllungszweck eingesetzt wird, das Merkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ immer vorliegt. Das Merkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ ist zum Zeitpunkt des Zuflusses erfüllt, weil der Lohn hinsichtlich des unter die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze fallenden Sachbezugs bereits den geminderten Lohn darstellt. Dieser Auffassung folgt die Finanzverwaltung nicht. Das Schreiben war bereits für alle offenen Fälle im Jahr 2020 anzuwenden. Mit der gesetzlichen Änderung schließt das BMF das Kapitel der Zusätzlichkeitsvoraussetzungen entgegen der BFH-Rechtsprechung ab.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer verzichtet auf seinen Bruttolohn in Höhe von 44 Euro zugunsten eines Einkaufsgutscheins für eine Buchhandlung.

Seit 01.01.2020: Die Entgeltumwandlung in Höhe von 44 Euro führt nicht zur Steuerfreiheit. Durch die Gesetzesänderung muss der Gutschein zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Der Gutschein muss als Bruttoarbeitslohn versteuert werden.

Bis 31.12.2019: Das Merkmal zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn musste nicht erfüllt sein. Somit führt die Entgeltumwandlung in Höhe von 44 Euro zugunsten eines Gutscheins zur Steuerfreiheit. Der Verzicht des Arbeitnehmers zugunsten des Gutscheins verringerte den steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn.

Das BMF hat mit seinem Schreiben vom 05.02.2020 der gesetzlichen Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2020 vorgegriffen. Das Schreiben führt bereits aus:

„Im Sinne des Einkommensteuergesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann ‚zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn‘ erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Dies gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist.

Somit führt das BMF noch vor Inkrafttreten des Gesetzes die Änderung ein und hebelt somit die BFH-Rechtsprechung aus.

Die neue BFH-Rechtsprechung betrifft z. B. die Vorschriften § 3 Nr. 11a, 15, 33, 34, 34a, 37 und 46 EStG und § 37b Abs. 2 EStG, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und 6 EStG, § 100 Abs. 3 Nr. 2 EStG sowie die mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften eingeführten Regelungen zu den Zuschüssen zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte etc. (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG), zur Übereignung betrieblicher Fahrräder (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG) und zur Anwendung der 44-Euro-Freigrenze bei Gutscheinen und Geldkarten (§ 8 Abs. 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG).

Mit der neuen Regelung in § 8 Abs. 4 EStG ist für das gesamte Einkommensteuergesetz klargestellt, dass nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind. Unter den Voraussetzungen des neuen § 8 Abs. 4 EStG ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf diese hat.

Nach § 52 Abs. 1 EStG in der geltenden Fassung ist der neue § 8 Abs. 4 EStG erstmals anzuwenden auf Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse), die in einem nach dem 31.12.2019 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31.12.2019 zugewendet werden.

Die 44-Euro-Freigrenze findet weiterhin keine Anwendung bei:

  • Sachzuwendungen, die mit den amtlichen Sachbezugswerten nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) bewertet werden,
  • Sachzuwendungen aus der Überlassung von Firmenfahrzeugen,
  • Sachzuwendungen, auf die der Rabattfreibetrag zur Anwendung kommt,
  • steuerpflichtigem Arbeitslohn aus Unfallversicherungen,
  • Vorteilen, die mit Durchschnittswerten erfasst werden,
  • Vorteilen aus Vermögensbeteiligungen.

Markus Stier

Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe!

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