Experten antworten 1/2022

Einmalzuzahlungen Firmenwagen
Uns stellen sich einige Fragen im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) vom 16.12.2020 zur Neuregelung von Einmalzahlungen bei Dienstwagen im Hinblick auf die Reduzierung des geldwerten Vorteils. Ab wann ist das BFH-Urteil anzuwenden? Wirkt sich das Urteil auch auf Bestandsfälle aus, und was passiert, wenn die Nutzungsdauer nachträglich verlängert wird? Welche Nutzungsdauer ist bei Kauf-Fahrzeugen anzusetzen?
In dem BFH-Urteil vom 16.12.2020 geht es um eine zeitraumbezogene Einmalzuzahlung für die private Nutzung eines Firmenwagens. Diese ist auf den Zeitraum, für den si geleistet wird, gleichmäßig aufzuteilen und reduziert somit über die vereinbarte Nutzungsdauer den geldwerten Vorteil. Voraussetzung ist, dass eine ernsthafte und klare Vereinbarung
über die Nutzungsdauer vorliegt. Nach der bisherigen Sichtweise hat eine Einmalzuzahlung den geldwerten Vorteil im Zahlungsjahr bis auf 0 Euro reduziert. Ein ggf. verbleibende Betrag ist in den Folgemonaten auf den geldwerten Vorteil anzurechnen.
Das BHF-Urteil wurde im Juni 2021 veröffentlicht. Damit ist es ab Juli 2021 anzuwenden. Das gilt dann auch für Bestandsfälle.
Diese sind ab dem 01.07.2021 entsprechend anzupassen.
Wir gehen davon aus, dass bei einer Änderung der Nutzungsdauer – Vertrag mit dem Arbeitnehmer wird geändert – die Aufteilung der noch verbleibenden Zuzahlung neu zu berechnen ist, wodurch sich eine Änderung bei der Höhe des geldwerten Vorteils (positiv oder negativ) ergibt.
Auch bei einem gekauften Fahrzeug ist die mit dem Arbeitnehmer vereinbart Nutzungsdauer maßgeblich, unabhängig von der Abschreibungsdauer beim Kauf oder von der Dauer des Leasingvertrags, den der Arbeitgeber mit dem Leasingunternehmen abgeschlossen hat. I. d. R. wird das mit der Nutzungsdauer übereinstimmen, die der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbart hat. Nur diese vereinbarte Nutzungsdauer ist maßgeblich für die lohnsteuerliche Aufteilung der Zuzahlung.
Die Sozialversicherung orientiert sich bzgl. der Verbeitragung an den steuerrechtlichen Regelungen.
Pfändung von Weihnachtsgeld
Ab dem 01.01.2022 tritt eine Änderung bei der Pfändbarkeit einer Weihnachtsvergütung ein. Wir zahlen das Weihnachtsgeld mit der Dezemberabrechnung aus. Welche Pfändungsfreigrenze gilt, wenn die Abrechnung für Dezember 2021 erst Anfang Januar 2022 erfolgt? Ist der Abrechnungsmonat oder der Zahlungsmonat relevant?
Durch die Verknüpfung der Höhe von unpfändbaren Weihnachtsvergütungen mit den Pfändungsfreigrenzen nach § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) wird der Betrag des unpfändbaren Weihnachtsgeldes an die Entwicklung des Grundfreibetrags angepasst.
Gemäß den § 850 ff. ZPO ist das anzuwenden, was für den Lohnzahlungszeitraum beansprucht werden kann. Für die Entgeltansprüche Dezember gilt das, was in diesem Monat beansprucht und gepfändet werden darf. Das gilt auch für die Fälle, in denen die Auszahlung zu Beginn des Folgemonats erfolgt. Es ist der Monat entscheidend, für den die Zahlung geleistet wird. Da das Weihnachtsgeld für Dezember 2021 gezahlt wird und die Gesetzesänderung zum 01.01.2022 in Kraft tritt, ist der pfändbare Betrag nach der „alten“ Regelung zu berechnen
Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) – Arbeitgeberzuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge
Wie ist vorzugehen, wenn ein Arbeitnehmer mehrere Entgeltumwandlungen hat Berücksichtigt man bei der Frage, ob der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge spart nur die Entgeltumwandlung zugunsten einer externen betrieblichen Altersversorgung (bAV) oder auch andere Entgeltumwandlungen?
Gesetzlich ist das nicht eindeutig geregelt und in den gängigen Kommentaren und Aufsätzen ist dazu leider auch nichts zu finden. Unserer Meinung nach ist das reduzierte Sozialversicherungsbrutto unter Berücksichtigung anderer Entgeltumwandlungen dafür maßgeblich, ob der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung zugunsten eine externen bAV-Sozialversicherungsbeiträge spart.
Nimmt man die Aussage „soweit durch die Entgeltumwandlung zur bAV Sozialversicherungsbeiträge gespart werden“ wörtlich, müsste man die Entgeltumwandlungen in der Reihenfolge berücksichtigen, in der sie vereinbart wurden, also andere Entgeltumwandlungen, die zeitlich vor der Entgeltumwandlung zur bAV vereinbart waren, zuerst berücksichtigen und dann die bAV. Andere Entgeltumwandlungen, die zeitlich nach der bAV-Entgeltumwandlungsvereinbarung vereinbart werden/wurden, sind erst nach der bAV zu berücksichtigen.
Ist das für den Arbeitgeber zu umständlich, müsste er die bAV-Entgeltumwandlung rechnerisch als die letzte Entgeltumwandlung behandeln, sodass hierfür i. d. R. der Arbeitgeberzuschuss fällig wird.
Pilotphase elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
Zum 01.01.2022 startet die Pilotphase des Abrufs der eAU durch den Arbeitgeber. Wie ist das zu verstehen? Können alle Arbeitgeber daran teilnehmen oder nur „ausgewählte Pilot-Arbeitgeber“? Wenn man sich als Arbeitgeber zur Teilnahme entscheidet, gibt es dann für den Arbeitgeber nur noch das neue Verfahren, also den Abruf der eAU?
Die eAU gehört ab dem 01.01.2022 in der Software zum Basismodul, muss somit verpflichtend im Leistungsumfang enthalten sein. Somit kann jeder Arbeitgeber entscheiden, ob und wann er im 1. Halbjahr 2022 in das Verfahren einsteigt.
Die Pilotphase dient dazu, dass der Arbeitgeber das neue Verfahren testen und sei internen Abläufe überprüfen kann. Es gilt somit nicht „entweder oder“, sondern man kann das Abrufverfahren auch in Einzelfällen anwenden. Der Arbeitgeber hat den Vorteil, dass bis zum 30.06.2022 in allen AU-Fällen die Papierbescheinigung für ihn erhalten bleibt.
Jeder Arbeitgeber sollte die Möglichkeit nutzen, das Verfahren bereits in der Pilotphase zu testen, die internen Abläufe zu überprüfen und ggf. anzupassen. Das wird den Echtstart zum (voraussichtlich) 01.07.2022 wesentlich erleichtern.
Sabine Törppe-Scholand
Leiterin der alga-Akademie und
Mitglied des alga-Competence-Centers
Thomas Fromme
Steuerberater, Mitglied des alga-
Competence-Centers und Leiter der
ARGEn Entgeltabrechnung, Bremen