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Celebrate Youth! : Wie wird Business von morgen jung und erfolgreich?

Wenn sich jemand eine bessere (Arbeits-)Welt wünschen darf, dann sind es tatsächlich die nachfolgenden Generationen – denn es rollen ja auch einige Themen massiv auf sie zu (der sich dramatisch verschärfende Pflege- und Krankenversorgungsnotstand, die wachsende Energie- und Umweltkrise und näher rückende Kriege) und sie werden diese noch länger mittragen und vielleicht sogar lösen müssen. Wer glaubt, dass die jungen Menschen dies alles aufgrund ihrer Jugend so unbedarft wie möglich wegstecken werden, traut ihnen gleichzeitig eindeutig zu wenig zu.

Lesezeit 10 Min.

Man sagt den kommenden Generationen insgesamt so einiges nach – aber eines scheint ein Großteil von ihnen begriffen zu haben: Ein schlechtes „Erbe“ darf man berechtigt und getrost ausschlagen. Denn wer wäre denn sonst gerade wirklich da und erfolgreich darin, um es künftig besser zu machen?

Generation Praktikum reloaded?

Wenn man bereits die Praktikumsausschreibungen genauer ins Visier nimmt, wird schnell klar, wem das Ganze „dienen“ soll. Wer betont, dass der Bewerber motiviert sein soll, zweifelt wohl an den aufrichtigen Motiven eines Bewerbers. Dann kommt meist als Erstes eine (längere) Aufzählung von Aufgaben, die genauso gut für einen Ausgelernten mit Berufserfahrung gelten könnte. Bestenfalls wird das unvergütete Praktikum, das natürlich nicht weniger als drei Monate gehen soll bzw. darf (bevor es gesetzlich gesehen vergütet werden muss), als „spannend“ beschrieben. Die jungen Menschen, bei denen der Spaß am Leben eine gesteigerte Bedeutung einnimmt, reagieren deutlich allergischer auf das Thema unentgeltlich arbeiten oder ausgenutzt werden, als die vorangegangenen Generationen es sich leisten konnten.

Dabei scheint es vielen Recruitern (immer noch) entgangen zu sein, dass ein Praktikum eher eine Heranführung für die Jüngeren darstellen sollte, da Berufsbilder immer komplexer werden und den jungen Menschen viele der Anforderungen unter Umständen noch gar nicht bekannt geschweige denn, dass sie mit ihnen vertraut sind. Oder warum gibt es für neue Kollegen eine Einarbeitungs- und Probezeit und für die Mitarbeiter (im Idealfall) regelmäßige Fortbildungen? Genauso hat das „alte Modell“ längst ausgedient, bei dem der Praktikant im Office zum Kopieren oder Schreddern eingesetzt wird und nur deshalb keinen Kaffee kochen soll, weil da inzwischen ein Vollautomat in der Personalküche steht. Sie werden sonst fragen, warum man etwas von ihnen einfordert, was sie so noch nie erlebt haben. Wenn sie schon da sind, dann wollen sie auch etwas davon haben – und wenn das eben bedeutet, dass sie „nur“ etwas lernen.

Das Praktikum sollte deshalb unbedingt der Orientierung und Bindung dienen, damit der potenzielle künftige Mitarbeiter dies seinerseits nicht (lediglich) dafür nutzt, um sein Pflichtpraktikum nachzuweisen, wodurch man ihm den Steigbügel für die Karriere andernorts geboten hat. Erprobungen der Zukunft sollten mehr Aspekte eines Trainee-Programms beinhalten, was natürlich nicht ausschließt, dass  der junge Mensch dabei ruhig auch gefordert werden darf. Die Frage ist, wie man „spannend“ künftig definieren mag, damit sich das als Anreiz liest und auch tatsächlich so gestaltet.

Wichtig ist es auch, während vorangehender Erprobungsphasen Toleranzschwellen zu vermitteln. Nicht jeder passt überall hin und kann alles richtig machen. Deshalb wird es auch wichtig werden, die Fehler- und Versäumniskultur frühzeitig zu thematisieren. Man erlebt des Öfteren, dass junge Menschen andere Sachen als o.k. empfinden, als man es selbst vielleicht noch gewohnt ist. Wenn es eine gemeinsame Zukunft geben soll, dann gilt es, Frustpotenziale frühzeitig zu vermeiden, damit es nicht zu steigenden Abbruchquoten in der Ausbildung kommt. Die nachrückenden Arbeitskohorten sind viel experimentierfreudiger, was die Berufsbilder (und Unternehmen) betrifft, als viele von uns es je waren. Und sie wissen eines jetzt schon ganz genau: Sie werden gebraucht!

Wie wird Business von morgen jung und erfolgreich
Wie wird Business von morgen jung und erfolgreich

Spaß, Spannung, Spiel?

Begeisterung im Beruf ist für die Jüngeren ein sehr großer Faktor. Die Frage im Vorstellungsgespräch, welches Tier sie gern wären, empfinden viele als lächerlich, zumal sie sich über besondere Eigenschaften dieser sonst keine Gedanken machen, es sei denn, es dreht sich um ihre Haustiere. Ein nicht unerheblicher Teil wittert in einer solchen Frage eher eine Falle oder ein Fettnäpfchen und fühlt sich hier eher geprellt als positiv gefordert. Auch durch bestimmte Stresstestfragen fühlen sich Jüngere eher „gedisst“ und vorgeführt. Sie wollen, dass man sie im Vorstellungsgespräch kennenlernt, ihnen die künftige Arbeit und das Unternehmen zeigt und erklärt und ihnen im besten Fall sogar die Fragen beantwortet, die sie selbst noch im Stande sind zu formulieren.

Wenn vermeintlich kreative HR-Spezialisten ihre Kandidaten einfach nur Cases lösen lassen, damit die Employee Experience spannend bleibt, dann ist das zielführende Auswahlverfahren in den Hintergrund geraten. Und auch junge Menschen regieren gern mal empfindlich darauf, wenn sie das Gefühl bekommen, dass man ihre Lebenszeit verschwendet. Nicht jeder junge Mensch möchte im Übrigen in ein schickes Start-up. Die Themen Sicherheit und Perspektive gewinnen auch bei den jungen Menschen an Bedeutung. Dass Dinge aber zum Selbstzweck geschehen, damit können sich die Jüngeren weniger anfreunden. Dass etwas geschieht, weil es halt so ist (oder immer so war), wird künftig so gut wie keine Akzeptanz finden. Die Frage nach dem „Warum“ wird in Zukunft von den Verantwortlichen genau beantwortet werden müssen.

Bunte Berufe?

Und der falsche Selbstzweck erstreckt sich mittlerweile auch auf vermeintlich hippe Recruiting-Kampagnen. Slogans machen wirklich noch keine „bunten“ und aufgefrischten Jobs bzw. Unternehmen. Wer vorgibt, sich in Social Media dafür zu feiern und dazu noch in allen anderen Kommunikationskanälen, der sollte sicherstellen, dass das auch wirklich passiert – sonst bleibt das eine arme Online-Ente, die peinlicherweise schnell ausgequakt hat. Junge Leute können: „Wir suchen Dich!“, längst nicht mehr lesen und hören, denn damit ist so jeder und letztlich keiner direkt angesprochen – zumal ganz oft das Berufsbild erst auf den zweiten oder dritten Blick ersichtlich ist in so mancher Job- oder Ausbildungsofferte. Mit plattem Job-Marketing-Blabla lockt man sie nicht mehr „hinter dem Ofen hervor“. Genervt zeigt sich der eine oder andere junge Bewerber auch davon, dass Unternehmen dabei zusätzlich auch noch schlecht von anderen Recruiting-Mitbewerbern abschreiben.

Dabei erwarten sie vom Bewerbungsprozess vor allem, dass sie tatsächlich wahrgenommen werden, mit dem, was sie sind und mitbringen. Auch wollen sie keine verkrusteten oder angestaubten Standardfragen mehr gestellt bekommen wie: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“. Sie wollen (gemeinsam) über vielfältige Karrieremöglichkeiten sprechen und gesagt bekommen, wie sie Senkrechtstarter werden können, wobei die Flughöhe hier individuell angepasst werden sollte. Natürlich ist nicht jeder junge Mensch automatisch ein Überflieger, die Erwartungen an die Arbeitswelt sind aber tatsächlich hoch.

Ein junger „Recruiting Elevator Pitch“ sollte bestenfalls so schnell gehen, wie Klick-Absprungraten entstehen und geschehen könnten. Junge Menschen mögen es in der Regel kurz und knackig, so wie sie es mittlerweile einfach gelernt haben und gewohnt sind, Informationen zu konsumieren. Heißt für das Jobprofiling konkret: Was wird gesucht? Was muss man dafür tun oder können und was bringt es und macht es besonders? Und das am besten richtig „Bäm-Bäm-Bäm“ formuliert. Man sollte grundsätzlich von kurzen Aufmerksamkeitsspannen ausgehen. Ist das Interesse erst einmal geweckt, kann gern weiterverlinkt werden oder ein Video starten, das es aber ebenso auf den Punkt bringen sollte, mit aussagekräftigen Inhalten. Jüngere schauen sich die „bunten“ Imagefilmchen unter vielfältigen Gesichtspunkten an. Von „Wie zieht man sich üblicherweise an?“ bis hin zu „Mit welchen Cheftypen und welcher Unternehmenskultur bekomme ich es zu tun?“. Geachtet wird auch schon auf die Arbeitsplatzgestaltung und das begleitende Umfeld. Und man darf es ruhig glauben: Einen ungespülten Geschirrhaufen (im Hintergrund) in der Mitarbeiterküche empfinden sie tatsächlich nicht als cool oder lässig – sogar, wenn sie es sonst nicht so genau mit der Ordnung nehmen. Fazit hier: Die jüngere Generation will sich wohl und gut aufgehoben fühlen, dabei aber schnell abgeholt werden.

Am liebsten gleich remote?

Wenn es ohne Präsenzpflicht bei der Arbeit nicht geht, machen sich gerade bei den Auszubildenden manche Unternehmen noch zu wenige Gedanken. Wen wundert es, dass sich keiner bewirbt, wenn eine pünktliche Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gar nicht möglich ist – und nicht jede Strecke ist für Fahrräder oder E-Scooter (zu jeder Jahreszeit geeignet). Dass der eine oder andere Personaler mal die Fahrplanauskunft bemühen sollte, fängt schon bei der Planung des Vorstellungsgesprächs an. Online-Assessment-Center für die Vorauswahl an Auszubildenden, in denen man einfach die Berufsbilder mischt (angehende einfachere Fachkräfte, kaufmännische Berufe und Fachinformatiker), da fühlt sich der eine oder andere mit Sicherheit unbehaglich und unter ungleichen Bedingungen ins Rennen geworfen, weil hier unterschiedliche Schulabschlüsse, Vorbildungswege und Wissensstände aufeinandertreffen. So etwas kann schnell mal als unfair empfunden werden. Und eines dürfte mittlerweile auch schon durchgedrungen sein: Die Generation Homeschooling ist nicht automatisch remote-tauglich. Wer sich in der Pandemie bereits mit dem Unterricht und seiner Schulausbildung im Stich gelassen gefühlt hat, der braucht diese Erfahrung nicht auch noch in der Ausbildung. Zu beachten gilt hier: Auch jüngere selbstständigere Menschen brauchen in den Homeoffice-Phasen (trotzdem) Begleitung und Betreuung und nicht einfach eine „Tagesaufgabe“, die es zu lösen gilt.

Wie wird Business von morgen jung und erfolgreich 2
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Erstmal die Eltern fragen?

Müssen konservative Wege nun eigentlich komplett gekickt werden? Es gibt sie nämlich noch: Eine ganze Reihe von Elterninfo-Abenden, wie zum Beispiel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). Dass Eltern nach wie vor einen großen Einfluss auf die Berufswahl nehmen, wissen wir. Und auch, dass Eltern inzwischen nicht immer so genau eine Ahnung davon haben, was bestimmte Berufsbilder so alles mitbringen und erfordern. Ein großes Thema ist hier das Bewusstsein für die Zugangsvoraussetzungen und die späteren Beschäftigungsmöglichkeiten. Hier haben viele der jungen Ausbildungs- und Arbeitssuchenden tatsächlich sehr häufig Beratungsbedarf – inklusive der Eltern. Sehr häufig kursiert noch die alte „Märchenvorstellung“ vom „ruhigen Bürojob“, welche die Digitalisierung schon längst zunichtegemacht hat. Dass reine Arbeitsrückzugsoasen in der heutigen Zeit mit seltensten Exoten zu vergleichen sind, das muss noch sehr häufig erst vermittelt werden.

Wer als Personaler oder Führungskraft herausfinden will, was die junge Generation der Zukunft will, der muss nicht bemüht schlau in seiner Hirnsuppe herumrühren oder erst mit den Eltern sprechen. Man schaut ganz einfach in die Sozialen Medien, wo das alles schon ganz genau, vernünftig formuliert und ordentlich aufgezählt steht. Den Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“ können Ausbilder getrost ins Lexikon der historischen „Weisheiten“ packen. Die Jungen wollen sich nicht mehr einfach nur herumkommandieren lassen. Flexibilität statt totaler Kontrolle ist künftig gefragt. Arbeiten bis zum Umfallen? Diesen Fehler haben in ihren Augen die vorangegangenen Generationen zur Genüge gemacht.

Muss das (Hin-)Führen noch neuer gedacht werden?

Dass die (spätere) Arbeit für die Jüngeren unbedingt auch sinnstiftend sein sollte, hat sich sicherlich hinreichend herumgesprochen. Zwei der bedeutendsten Faktoren bleiben aber ebenso die Themen Team und Entlohnung. Die Jungen erwarten Wertschätzung und Kollegialität im Unternehmensumfeld – und sie tun gut daran, sich zu wünschen, dass es ihnen da gut geht, wo sie arbeiten. Die Grenzen der Erwartungen in Bezug auf Bring-und Holschuld haben sich eindeutig verschoben, was aber in einigen Unternehmen in seiner eigentlichen Bedeutung immer noch nicht angekommen ist. Da viel über Chancengleichheit gesprochen wird, wird die Messbarkeit – oder zumindest Sichtbarkeit und Transparenz – von (echter) Fairness enorm an Bedeutung gewinnen.

Die kommenden Generationen werden sich der Arbeitswelt der Zukunft keinesfalls mehr um „jeden Preis“ ausliefern, wie es viele von uns (noch) kennen – und sie wollen nicht nur Teil davon sein, sondern sie gestalten. Das bedeutet für Unternehmen, dass der Weg nun längst nicht mehr das Ziel ist (in Form einer Betriebszugehörigkeit), sondern Personaler und Führungskräfte viel mehr gefordert sein werden, ganze Lebensentwürfe mitzugestalten, mit den Fragen: „Wo genau werde ich wie lange und zu welchen Konditionen arbeiten, um insgesamt dahin zu kommen, wie ich es mir vorstelle?“ – und das kann dann so einiges umfassen.

Es gibt berechtigte Hoffnungen, dass es Wege geben wird, wie die (heutige) Jugend (neue) Wege finden wird, um sich tatsächlich feiern zu können und zu dürfen. Und es wird sicherlich kein Schaden für die Menschheit entstehen, wenn wir zugeben müssen, dass wir es hier und heute eben nicht gut gemacht haben, als sie es – vielleicht und hoffentlich wirklich – (besser) vermögen werden.

Dr. Silvija Franjic, Onlineredakteurin und Recruiting-Spezialistin

Wie wird Business von morgen jung und erfolgreich 3
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