Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht
Verabschiedete Gesetze
Übergangsregelungen für Sozialsysteme nach dem Brexit
Der Bundestag hat am 21.02.2019 das Gesetz zu den Übergangsregelungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union verabschiedet. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich.
Ziel des Gesetzes ist es, britische und deutsche Bürger vor Nachteilen in ihrer sozialen Absicherung zu schützen, sollte Großbritannien am 30. März 2019 ohne Austrittsabkommen aus der EU austreten. Denn mit dem Ende der Mitgliedschaft Großbritanniens entfallen auch die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nach verschiedenen EU-Verordnungen als Rechtsgrundlage.
Das betrifft unter anderem die Koordinierung von britischen Leistungen bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitsunfällen mit entsprechenden Leistungen der verbleibenden EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz. Es betrifft aber auch BAföG-Leistungen, die Studierende für eine Ausbildung in Großbritannien erhalten. Das Gesetz sieht deshalb vor, in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit Übergangsregelungen gelten zu lassen, die im Wesentlichen der derzeitigen Rechtslage entsprechen.
So sollen unter anderem Personen, die vor dem Austritt in der deutschen gesetzlichen Renten- oder Krankenversicherung versichert waren, nicht allein wegen des Austritts ihren Versicherungsstatus verlieren oder einer Doppelversicherungspflicht unterliegen. In der Rentenversicherung sollen nach britischer oder deutscher Rechtsgrundlage vor dem Austritt zurückgelegte Zeiten auch in den ersten fünf Jahren nach dem Austritt weiter berücksichtigungsfähig sein.
Die Versicherungspflicht oder die Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung soll in den ersten fünf Jahren nach dem Austritt bestehen bleiben. Für Krankenkassen soll es möglich sein, mit Leistungserbringern des britischen Gesundheitsdienstes Verträge über die Versorgung Versicherter zu schließen.
(Quelle: www.bundestag.de)
Meldeverfahren in der Sozialversicherung
Anpassungen Meldung von Betriebsdaten
Die Bundesagentur für Arbeit (Betriebsnummernservice) vergibt an Arbeitgeber zur Teilnahme am maschinellen Meldeverfahren eine Betriebsnummer. Die dazu notwendigen Angaben sind insbesondere der Name und die Anschrift des Beschäftigungsbetriebes, der Beschäftigungsort, die wirtschaftliche Tätigkeit des Beschäftigungsbetriebes und die Rechtsform des Betriebes.
Änderungen zu den obigen Angaben sowie eine Meldung im Fall der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit sind vom Arbeitgeber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter unverzüglich der Bundesagentur für Arbeit durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu übermitteln.
Die Übermittlung erfolgt über das DEÜV-Meldeverfahren mit dem Datensatz Betriebsdatenpflege (DSBD). Die Beschreibung dieses Datensatzes wurde in der Anlage 9.3 vorgenommen.
Besprechungsergebnisse/Rundschreiben
Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe der LOHN+GEHALT wurden keine neuen Besprechungsergebnisse der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung veröffentlicht. Es wird ein Besprechungsergebnis zu Fragen des gemeinsamen Meldeverfahrens vom 28.02.2019 erwartet.
Aktuelle Rechtsprechung
„Honorarärzte“ sind sozialversicherungspflichtig
Das LSG Essen hat in zwei Parallelentscheidungen die Sozialversicherungspflicht von sog. Honorarärzten festgestellt (Az. L 8 R 233/15 und L 8 R 234/15).
Im Streit standen jeweils Betriebsprüfungsbescheide von Rentenversicherungsträgern, in denen diese die wiederholt mehrwöchige Tätigkeit von Ärzten in Krankenhäusern auf Honorarbasis als abhängige Beschäftigung eingestuft hatten. Das LSG stellte fest, dass die Ärzte auf der Grundlage der Honorarverträge im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess einem arbeitnehmertypischen umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit und erst recht hinsichtlich der Art und Weise der Arbeit unterlagen.
Kein Unfallversicherungsschutz beim Duschen während einer Dienstreise
Ein Arbeitnehmer verunfallte während einer Dienstreise beim morgendlichen Duschen. Die Berufsgenossenschaft verneinte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Das zuständige Sozialgericht hat eine entsprechende Klage gegen diese Auffassung abgewiesen. Das LSG Erfurt hat am 20.12.2018 die eingereichte Berufung abgewiesen und die Auffassung der Berufsgenossenschaft und des Sozialgerichtes bestätigt. Denn das morgendliche Duschen steht nicht in einem direkten sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Versichert sind nur Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses. Die Körperpflege zählt nicht dazu.
(Quelle: Pressemitteilung 2/2019 des LSG Erfurt vom 17.01.2019)
Keine dauerhafte Speicherung des Lichtbildes eines Versicherten durch die Krankenkasse
Eine Krankenkasse darf ein ihr eingereichtes Lichtbild nur so lange speichern, bis die elektronische Gesundheitskarte hiermit hergestellt und sie dem Versicherten übermittelt wurde. Eine Speicherung bis zum Ende des Versicherungsverhältnisses ist hingegen datenschutzrechtlich unzulässig. Dies hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts am 18.12.2018 entschieden (B 1 KR 31/17 R).
Die Speicherung eines Lichtbildes ist nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nur so lange zulässig, bis die elektronische Gesundheitskarte hiermit hergestellt und in den Herrschaftsbereich des Klägers übermittelt worden ist. Es fehlt eine Ermächtigungsgrundlage, um das Lichtbild darüber hinaus zu speichern.
(Quelle: Pressemitteilung 59/2018 des BSG vom 19.12.2018)
Rückwirkende Aufhebung einer Familienversicherung
Eine Klägerin war mit ihrer Klage gegen die rückwirkende Aufhebung ihrer Familienversicherung durch ihre gesetzliche Krankenkasse vor dem Sozialgericht Düsseldorf erfolglos. Die Klägerin war über ihren Ehemann familienversichert. Sie war bei ihrem Ehemann geringfügig in Höhe von 325,00 Euro monatlich beschäftigt. Nach Prüfung der Steuerbescheide ging die beklagte Krankenkasse davon aus, dass die Klägerin ein wesentlich höheres Einkommen gehabt habe. Sie habe Einkommen aus Vermietung und Verpachtung erwirtschaftet, das sie verschwiegen habe. Die Einkommensgrenze habe im Streitjahr 2011 bei 365,00 Euro monatlich gelegen. Bei Überschreiten der Einkommensgrenze sei eine Familienversicherung nicht mehr möglich. Die beitragsfreie Familienversicherung der Klägerin wurde daher von der Beklagten rückwirkend in eine beitragspflichtige Mitgliedschaft umgewandelt.
Die 8. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf lehnte die Klage ab. Der Klägerin sei als Miteigentümerin die Hälfte der Mieteinnahmen zuzurechnen. Die einkommenssteuerrechtliche Zuordnung sei dabei maßgeblich. Die Klägerin könne sich nicht durch unterschiedliche Angaben beim Finanzamt und bei der Krankenkasse die jeweiligen Vorteile „herauspicken“. Aufgrund der Zuordnung der Einnahmen überschreite die Klägerin die Einkommensgrenze erheblich. Da die Klägerin ihre Einnahmen verschwiegen habe, sei ihr Vertrauen in den Bestand der Familienversicherung auch nicht schützenswert gewesen.
Das Urteil vom 25.01.2018, Az. S 8 KR 412/16, ist noch nicht rechtskräftig.
(Quelle: Pressemitteilung des SG Düsseldorf vom 14.02.2019)