Lohnsteuer – KOMPAKT für die Personalpraxis : Behandlung eines Preisgeldes für wissenschaftliche Publikationen
Stellt ein mit Preisgeld dotierter Wissenschaftspreis Arbeitslohn dar?
Die Richter des Bundesfinanzhofs haben sich mit Urteil vom 21.11.2024 zum Aktenzeichen VI R 12/22, welches am 13.03.2025 veröffentlicht wurde, mit dieser Frage befasst.
Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war an der Universität beschäftigt und veröffentlichte im Rahmen eines Habilitationsvorhabens in den Jahren 2006 bis 2016 insgesamt acht Publikationen zu seinem Forschungsfeld. Aufgrund dieser Arbeiten und einer Probevorlesung erkannte die Universität ihm im Jahr 2016 die Habilitation zu. Bereits im Jahr 2014 wurde er zum Professor an einer Hochschule berufen. Für seine Habilitation erhielt der Arbeitnehmer im Streitjahr 2018 einen mit einem Geldbetrag dotierten Forschungspreis vom Y-Institut. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2018 ordnete das Finanzamt den Forschungspreis den Einkünften des Arbeitnehmers aus nicht selbstständiger Arbeit zu. Gleichzeitig war der Arbeitnehmer auch noch Dozent und Berater und erzielte daraus Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit. Gegen die Behandlung des Preisgelds als steuerpflichtigen Arbeitslohn von dritter Seite wandte sich der Arbeitnehmer und klagte vor dem Finanzgericht Münster. Die Richter des Finanzgerichts Münster wiesen diese Klage aber ab (Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 13 K 1398/20 E).
Entscheidung
Die Richter des Bundesfinanzhofs hingegen gaben dem Arbeitnehmer recht und hoben das Urteil des Finanzgerichts Münster auf. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) zählen auch Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis zum Arbeitslohn. Es entspricht daher allgemeiner Meinung, dass z. B. vor Arbeitsvertragsschluss geleistete Handgelder und Antrittsprämien zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit rechnen. Auch künftige Einnahmen sind nur als Arbeitslohn steuerbar, wenn sie durch ein konkretes Dienstverhältnis veranlasst sind. Nur wenn eine Einnahme mit Rücksicht auf ein konkretes Dienstverhältnis gewährt wird, lässt sich beurteilen, ob sie sich als Ertrag und damit im weitesten Sinne als Gegenleistung des Arbeitgebers oder eines Dritten für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Ob die Tätigkeit, die die Einnahme einbrachte, dem Beruf nützlich ist, ist ohne Bedeutung.
Nach Ansicht der Richter handelt es sich bei dem Preisgeld nicht um eine steuerbare Einnahme des Arbeitnehmers. Insbesondere gehört das Preisgeld nicht zu den Einkünften des Arbeitnehmers aus nicht selbstständiger Arbeit. Arbeitslohn liegt vor, wenn die Einnahme aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu beurteilen ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht, so die Richter. Dies gilt auch für die Zuwendung durch einen oder an einen Dritten.
Nach Ansicht der Richter des Bundesfinanzhofs rechtfertigen es die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht, das Preisgeld als dem Arbeitnehmer vom Y-Institut für seine Tätigkeit als Hochschulprofessor zugewandt anzusehen. Die Richter sind der Auffassung, dass das Finanzgericht verkannt hat, dass der Wissenschaftspreis in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Arbeitnehmers stand: Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgerichts hat der Arbeitnehmer die Habilitationsschriften zum ganz überwiegenden Teil vor der Berufung in das Professorendienstverhältnis verfasst. Der preisbewehrten Habilitation liegt zwar eine wissenschaftliche Forschungsleistung zugrunde.
Diese gründet aber nicht auf der Forschungstätigkeit des Arbeitnehmers als Hochschullehrer gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen, so die Richter. Wissenschaftspreis und Preisgeld stellen sich daher, so die Richter weiter, entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht als „Frucht“ dieser Tätigkeit an der Hochschule dar. Das Y-Institut hat mit dem Wissenschaftspreis vielmehr die zuvor erbrachte wissenschaftliche Tätigkeit des Arbeitnehmers gewürdigt und ausgezeichnet. Dies erfolgte unabhängig von seiner Tätigkeit.
Entgegen der Auffassung der Richter der Vorinstanz ist das Preisgeld auch nicht als Betriebseinnahme bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bei dem Arbeitnehmer anzusetzen. Ein tatsächlicher und wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang des Preises mit der freiberuflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers als Dozent und Berater besteht nach den Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts nicht.
Die Richter stellten fest, dass der Arbeitnehmer mit dem Wissenschaftspreis nicht für seine unternehmerische Lehr- und Beratungstätigkeit, sondern für seine Habilitationsschriften ausgezeichnet werden sollte. Er hat das Preisgeld folglich nicht aus auf sein Unternehmen bezogenen Gründen als Betriebsinhaber vereinnahmt. Vielmehr sollte der Preis ausweislich der Förderrichtlinien des Y-Instituts der Wissenschaftsförderung dienen und wies damit keinen Bezug zur betrieblichen Tätigkeit des Arbeitnehmers auf, so die Richter weiter.
Zuletzt befassten sich die Richter noch mit einer Besteuerung des Preisgeldes als Einnahme aussonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG. Auch diese lehnten sie ab. Eine Einnahme aus sonstigen Leistungen kommt nicht in Betracht, da der Wissenschaftspreis kein leistungsbezogenes Entgelt für die vom Arbeitnehmer angefertigten Habilitationsschriften darstellt. Vielmehr wurde der Preis aus gesellschaftspolitischen Zwecken – Wissenschaftsförderung – verliehen.

