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Im Blick: Lohnsteuerrecht

Der BFH entschied, dass Fahrtkosten eines nicht berufstätigen Teilzeitstudierenden zu einer Bildungseinrichtung im Rahmen eines Zweitstudiums als Werbungskosten absetzbar sind – sofern kein Vollzeitstudium vorliegt. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt nur bei einer wöchentlichen Studienbelastung von rund 40 Stunden vor. Im entschiedenen Fall war das nicht gegeben.

Markus StierLohnsteuerPraxis
Lesezeit 8 Min.

Fahrtkosten eines nicht berufstätigen Teilzeitstudierenden zwischen Wohnort und Studienort

BFH, Urteil vom 24.10.2024, veröffentlicht am 30.01.2025 – VI R 7/22

Ein Studium erfüllt nur dann die Voraussetzungen eines Vollzeitstudiums im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 Einkommensteuergesetz (EStG), wenn die Studienordnung eine zeitliche Inanspruchnahme vorsieht, die mit der eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers vergleichbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24.10.2024 (VI R 7/22, veröffentlicht am 30.01.2025) klargestellt.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 EStG können Aufwendungen für beruflich veranlasste Fahrten, die weder den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG noch Familienheimfahrten entsprechen, entweder in tatsächlicher Höhe oder anhand der pauschalen Kilometersätze geltend gemacht werden. Letztere richten sich nach dem jeweils genutzten Beförderungsmittel und den im Bundesreisekostengesetz (BRKG) festgelegten Höchstsätzen. Für Fahrten mit dem Pkw gilt ein Satz von 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BRKG).

Dagegen dürfen Fahrtkosten zu einer Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses im Rahmen eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme besucht wird, ausschließlich mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden. In diesem Fall gilt die Bildungseinrichtung gemäß § 9 Abs. 4 Satz 8 Halbsatz 1 EStG als erste Tätigkeitsstätte, womit die Regelungen für Arbeitnehmer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) entsprechend Anwendung finden (§ 9 Abs. 4 Satz 8 Halbsatz 2 EStG).

Die Kläger – ein Ehepaar – wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war im Streitjahr an der Fernuniversität Hagen als Teilzeitstudent für ein Zweitstudium eingeschrieben und ging keiner Erwerbstätigkeit nach. Laut Fernuniversität zeichnen sich Teilzeitstudiengänge durch eine überwiegend berufsbegleitende Organisation mit einem wöchentlichen Aufwand von etwa 20 Stunden aus. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger Fahrtkosten für die Wege zwischen Wohnung und Universität als Werbungskosten nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts geltend. Das Finanzamt hingegen erkannte die Kosten lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale an, da es von einem Vollzeitstudium und damit einer ersten Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG ausging.

Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen gab der Klage statt (Urteil vom 16.02.2022 – 4 K 113/20).

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG können Werbungskosten auch dann vorliegen, wenn aktuell keine Einnahmen erzielt werden. Voraussetzung ist, dass ein konkreter und objektiv nachweisbarer Zusammenhang mit späteren Einnahmen besteht (vgl. BFH, Urteil vom 17.05.2017 – VI R 1/16, BFHE 258, 365, BStBl II 2017, 1073, Rz 26)

Fahrtkosten, die im Rahmen einer Zweitausbildung – sei es eine Berufsausbildung oder ein Studium – entstehen, gelten regelmäßig als beruflich veranlasst. Dementsprechend sind sämtliche mit der Zweitausbildung in Verbindung stehenden Kosten als vorab entstandene Werbungskosten abzugsfähig. Dies umfasst nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG auch die Fahrten zur Ausbildungsstätte.

Im vorliegenden Fall lag der Kernpunkt der Entscheidung darin, ob das Studium des Klägers als Vollzeit- oder Teilzeitstudium einzustufen ist. Nur bei Vorliegen eines Vollzeitstudiums ist die Anwendung der Entfernungspauschale zwingend.

Ein Vollzeitstudium ist dann gegeben, wenn die Studienordnung eine wöchentliche Belastung von rund 40 Stunden vorsieht oder im Durchschnitt 30 ECTS-Leistungspunkte pro Semester vergeben werden (vgl. BFH, Urteil vom 14.05.2020 – VI R 24/18, BFHE 269, 89, BStBl II 2020, 770, Rz 13). Ist das Studium hingegen so ausgestaltet, dass die Studienleistungen mit einem geringeren zeitlichen Aufwand erbracht werden können, handelt es sich um ein Teilzeitstudium.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Studierende gleichzeitig einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Im Ergebnis bestätigte der BFH die Entscheidung des FG: Die Fernuniversität Hagen stellte im Streitjahr keine erste Tätigkeitsstätte des Klägers dar. Das Teilzeitstudium mit einem Aufwand von rund 20 Stunden wöchentlich erfüllt nicht die Kriterien eines Vollzeitstudiums. Dass der Kläger daneben nicht erwerbstätig war, ist für die steuerliche Einordnung nicht von Bedeutung.

Erste Tätigkeitsstätte eines Piloten

FG Köln, Urteil vom 04.12.2024 – 12 K 1369/21, Revision beim BFH anhängig – VI R 4/25

Ein bei einer Fluggesellschaft angestellter Pilot machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 Fahrtkosten zum Stationierungsflughafen B in Höhe von 6.570 Euro als Werbungskosten geltend. Er berechnete die Kosten nach den Reisekostengrundsätzen (300 Kilometer pro Fahrt × 0,30 Euro × 73 Fahrten). Das Finanzamt erkannte lediglich die Entfernungspauschale an und berücksichtigte daher nur 3.285 Euro.

Der Pilot war arbeitsvertraglich dauerhaft dem Flughafen B zugeordnet. Er hatte sich dort regelmäßig etwa 1 Stunde und 50 Minuten vor Abflug seiner Langstreckenflüge einzufinden, erschien jedoch oft deutlich früher, um zeitliche Puffer einzuplanen. Am Flughafen nahm er diverse vorbereitende Aufgaben wahr, darunter das Aktualisieren von Flugdaten, kurze Besprechungen mit der Crew und gelegentliche medizinische Checks. Anschließend durchlief er gemeinsam mit dem Team die Sicherheitskontrolle und begab sich ins Cockpit.

Im Flugzeug war er unter anderem für sicherheitsrelevante Tätigkeiten zuständig – etwa das Einspielen der Flugdaten, die Koordination mit dem Tankfahrzeug, Entscheidungen zu sicherheitsbezogenen Maßnahmen sowie technische Überprüfungen am Flugzeug.

Bild: pixel974/stock.adobe.com

Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG liegt eine erste Tätigkeitsstätte dann vor, wenn der Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten dauerhaft zugewiesen ist. In diesen Fällen können die Wege zur Arbeitsstätte lediglich mit der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) steuerlich berücksichtigt werden – ein Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen ist nicht möglich.

Das Finanzgericht Köln wies die Klage ab. Es stellte fest, dass der Flughafen B als erste Tätigkeitsstätte des Klägers im Sinne des Einkommensteuergesetzes einzustufen ist.

Begründet wurde dies wie folgt:

  • Der Kläger war dem Flughafen dauerhaft arbeitsrechtlich zugewiesen.
  • Er übte dort einen wesentlichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit aus – sowohl innerhalb der Gebäude als auch auf dem gesamten Flughafengelände, einschließlich der vorbereitenden Arbeiten im Cockpit.
  • Die dort verrichteten Aufgaben entsprachen seinem Berufsbild als Pilot, insbesondere im Bereich der Flugsicherheit und der Flugvorbereitung.

Der Argumentation des Klägers, er erledige den Großteil der vorbereitenden Tätigkeiten im Homeoffice und halte sich nur kurzzeitig am Flughafen auf, folgte das Gericht nicht. Auch die Arbeiten im Cockpit vor Abflug seien der ortsfesten und großräumigen betrieblichen Einrichtung „Flughafen“ zuzurechnen.

Das Finanzgericht ließ die Revision zu. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BFH zur Frage, ob das Cockpit eines Flugzeugs im Rahmen der Definition einer ersten Tätigkeitsstätte gemäß § 9 Abs. 4 EStG als Teil einer großräumigen ortsfesten Einrichtung zu werten ist, steht bislang noch aus. Die Entscheidung des BFH (Az. VI R 4/25) bleibt daher mit Interesse abzuwarten.

Hinweis für die Praxis

Hinweis für die Praxis

Bei der steuerlichen Einordnung von Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen ist ausschlaggebend, wie die arbeitsrechtliche Zuweisung und die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeiten vor Ort aussehen. Arbeitgeber – insbesondere aus der Luftfahrtbranche – sollten genau prüfen, ob diese Faktoren eine erste Tätigkeitsstätte im steuerrechtlichen Sinne begründen.

Koalitionsvertrag – Steuern und Finanzen

Nach langen Verhandlungen haben sich CDU/CSU und SPD am 09.04.2025 auf einen neuen Koalitionsvertrag geeinigt. Das 146-seitige Regierungsprogramm trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“ und skizziert die Ziele der kommenden Legislaturperiode.

Aus steuerlicher Perspektive enthält der Koalitionsvertrag zahlreiche Vorhaben. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten geplanten Änderungen bei Steuern und Finanzen und unsere Meinung zu den Vorschlägen.

Steuern

Union und SPD haben angekündigt, die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislaturperiode zu senken. Zudem ist geplant, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende entweder anzuheben oder weiterzuentwickeln.

Der Solidaritätszuschlag soll hingegen bestehen bleiben.

LOHN+GEHALTmeint: Eine Abflachung des Einkommensteuertarifs ist grundsätzlich richtig, um der hohen Steuerbelastung, die insbesondere den arbeitenden Mittelstand betrifft, entgegenzuwirken. Auch die Anhebung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz wird als notwendig erachtet, da derzeit rund 30 Prozent der Vollzeitbeschäftigten unter diesen Steuersatz fallen. Eine Entlastung dieser Steuerzahler stellt keine einseitige Bevorteilung von Spitzenverdienern dar. Im Gegenteil: Die hohe steuerliche Belastung wirkt sich auch negativ auf die Attraktivität Deutschlands für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland aus. Da die Einkommensteuer bei Personenunternehmen gleichzeitig auch Unternehmenssteuer darstellt, wäre eine zügigere Umsetzung der Steuerentlastung wünschenswert gewesen.

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

Auch im Bereich der Mitarbeiterkapitalbeteiligung beabsichtigen Union und SPD eine stärkere steuer- und sozialversicherungsrechtliche Förderung.

LOHN+GEHALT meint: Grundsätzlich ist die Evaluierung von gesetzlichen Regelungen sinnvoll. Weitere Vereinfachungen und eine praxisgerechte Ausgestaltung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung sind notwendig, um dieses Instrument für Unternehmen und Beschäftigte attraktiver zu machen. Derzeit findet das Regelwerk nur wenig Anwendung in der Praxis.

Investitions-Booster

Zur Förderung von Investitionen planen Union und SPD einen sogenannten Investitions-Booster. Vorgesehen ist die Einführung einer degressiven Abschreibungsmöglichkeit für Ausrüstungsinvestitionen in Höhe von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027. Zusätzlich soll die Körperschaftsteuer in fünf Schritten beginnend ab dem 01.01.2028 um jeweils ein Prozentpunkt gesenkt werden. Auch das Optionsmodell und die Thesaurierungsbegünstigung sollen verbessert werden.

LOHN+GEHALT meint: Die Maßnahmen sind grundsätzlich zu begrüßen, da Deutschland im internationalen Vergleich zu den Hochsteuerländern zählt und die steuerlichen Standortbedingungen dringend verbessert werden müssen. Die derzeit schwache Investitionsdynamik des privaten Sektors trägt zur wirtschaftlichen Stagnation bei. Daher ist insbesondere die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen ein sinnvoller Schritt, um Investitionen wieder anzuregen.

Deutschlandfonds

Darüber hinaus beabsichtigen Union und SPD die Einrichtung eines Deutschlandfonds, mit dem staatliche Investitionen und privates Kapital gebündelt werden sollen. Hierfür sind zehn Milliarden Euro an Eigenmitteln des Bundes vorgesehen, die durch Garantien oder Finanztransaktionen bereitgestellt werden sollen. Ziel ist es, durch zusätzliche Mittel aus dem privaten Kapitalmarkt ein Fondsvolumen von mindestens 100 Milliarden Euro zu erreichen. Die konkreten Investitionsentscheidungen sollen im Rahmen einer unternehmerischen Governance-Struktur erfolgen, wobei der Investitionsschwerpunkt in Deutschland liegen soll. Die Investitionsfelder sollen in einem eigenen Errichtungsgesetz definiert werden. Um eine zügige Mittelverwendung zu ermöglichen, sollen Planungs-und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

LOHN+GEHALT meint: Statt staatlicher Investitionen sollte der Fokus auf der Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen für private Investitionen liegen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, selbst als Investor aufzutreten, unternehmerische Risiken einzugehen und im Falle des Scheiterns haften zu müssen. Verbesserte Anlagemöglichkeiten für institutionelle Investoren lassen sich auch ohne einen staatlichen Fonds realisieren.

Schuldenbremse

Schließlich sollen Vorschläge zur Reform der Schuldenbremse von einer Expertenkommission erarbeitet werden. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein. Ziel ist es, durch die Reform künftig höhere öffentliche Investitionen zu ermöglichen. Gleichzeitig ist vorgesehen, ab dem Jahr 2025 eine systematische Aufgaben-und Ausgabenkritik einzuführen und den Bundeshaushalt zu konsolidieren.

LOHN+GEHALT meint: Es sollte angesichts der expansiven Finanzpolitik des Bundes auf weitere Ausnahmen von der Schuldenbremse verzichtet werden. Stattdessen sollte die Priorisierung von Ausgaben stärker in den Mittelpunkt gestellt werden.

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