Aus der FALG-Gruppe : Aufgewühlte Gemüter
Nachdem ich in meinem letzten Bericht aus der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“ die geplante Energiepreispauschale und den damit einhergehenden Mehraufwand angesprochen habe, sind die Gemüter noch immer nicht abgekühlt. Die Mandanten drängeln, da sie wissen möchten, wie die Umsetzung erfolgt und ob ihre Arbeitnehmer eventuell drauf verzichten könnten, während wir hingegen noch auf unsere Softwareanbieter warten müssen.

Für helle Aufregung sorgte dann die Information, dass der Arbeitgeber die zu zahlende Energiepreispauschale (EPP) bereits mit der Lohnsteueranmeldung August verrechnen kann, um das nötige Kapital dafür zu haben. Da eine Korrektur der August-Lohnsteueranmeldung zur Kapitalbeschaffung wenig Sinn macht (sonst könnte die Verrechnung der EPP ja auch einfach mit der September-Lohnsteueranmeldung erfolgen), ist wohl tatsächlich angedacht, dass man zum Zeitpunkt der August-Abrechnung bereits weiß, wer von den Arbeitnehmern auch am 01.09.2022 noch im Unternehmen ist. Da es neben den üblichen Kündigungsfristen noch die eine oder andere Eventualität gibt, die eintreten kann, könnte sich das ein wenig schwierig gestalten.
Die Glaskugel wird also hoffentlich zur Gesetzgebung an alle Lohn- und Gehaltsabrechner Deutschlands mitgeliefert.
Ich bin auch sehr gespannt, wie das nun von den Softwareanbietern gelöst werden soll. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass hier ein Automatismus in unseren Programmen möglich ist. Sprich: Wir müssen vielleicht sogar manuell eingreifen.
Aber wir wollen ja nicht spekulieren und meine Fantasie reicht langsam auch nicht mehr so weit, mir hier vernünftige bzw. machbare Lösungen einfallen zu lassen.
Wir lassen uns also mal wieder überraschen.
Ich wünschte, man würde vor dem Beschließen solcher Ideen (die ja grundsätzlich eine tolle Sache sind) zu den Möglichkeiten der Umsetzung mit Leuten reden, die sich damit auskennen, bzw. man würde auf die involvierten Fachleute auch mal hören. Das würde uns Entgeltabrechnern und natürlich auch den Softwareentwicklern eine Menge Stress nehmen.
Aber die EPP war ja auch nicht die einzige Regierungsidee zur Entlastung der Bevölkerung angesichts der steigenden Preise. Da ist ja noch das Neun-Euro-Ticket.
Eine einfache Sache.
Wirklich eine einfache Sache?
Gehen wir doch einmal gedanklich durch, wie wir Entgeltabrechner die Umsetzung angehen würden.
Zunächst müssen wir prüfen, welcher Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Jobticket bezahlt bekommt. Dann müssen wir prüfen, ob vertraglich ein bestimmter Betrag vereinbart wurde oder ob z. B. einfach festgehalten wurde, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Jobticket für den Bereich XYZ bezahlt. Ist Letzteres der Fall, ändern wir einfach im Programm für die Monate Juni, Juli und August 2022 den zuvor erfassten Betrag in die neun Euro um und merken uns für den September vor, diese Anpassung wieder rückgängig zu machen.

Haben wir aber den Fall einer konkreten Betragsangabe, steht dem Arbeitnehmer dieses Entgelt zu. Also muss der die neun Euro übersteigende Betrag verbeitragt und versteuert werden, weil die Zahlung des Jobtickets nur steuer- und sozialversicherungsfrei ist, wenn es sich um Werbungskosten handelt. An sich ist dies keine unübliche Vorgehensweise, denn wenn Arbeitnehmer z. B. länger erkranken oder im Beschäftigungsverbot sind, muss diese Änderung auch vorgenommen werden. Sollten wir diese Anpassung nicht durchführen, erfolgt eine Versteuerung bei der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers und die Verbeitragung spätestens bei der nächsten Sozialversicherungsprüfung mit einhergehenden Säumniszuschlägen.
Auch hier müssen wir uns für den September vormerken, alle Eingaben wieder rückgängig zu machen.
Eine einfache Sache eben.
Übrigens (da in der Lohngruppe so ein wenig der Grundgedanke durchblitzte) bedeutet die Einführung des zeitlich befristeten Neun-Euro-Tickets nicht, dass automatisch jeder Arbeitnehmer es bekommen soll/muss. Eine entsprechende Vereinbarung sollte schon vorliegen.
Nach nunmehr knapp zehn Jahren, die ich in der Entgeltabrechnung tätig bin, kann ich mit Blick auf diesen kleinen Artikel mit Gewissheit sagen, dass wir niemals an Langeweile leiden werden. Gerade die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass wir Entgeltabrechner auch nicht um unsere Jobs bangen müssen, denn diese ganzen Änderungen sind nur mit gut ausgebildetem Personal umsetzbar. Lohn ist eben nicht nur ein Klick, sondern eine anspruchsvolle und gern auch mal nervenaufreibende Tätigkeit, die nicht von Computern übernommen werden kann.
Halten Sie durch!
Annette Bastigkeit