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Aus der FALG-Gruppe : Aufgewühlte Gemüter

Nachdem ich in meinem letzten Bericht aus der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“ die geplante Energiepreispauschale und den damit einhergehenden Mehraufwand angesprochen habe, sind die Gemüter noch immer nicht abgekühlt. Die Mandanten drängeln, da sie wissen möchten, wie die Umsetzung erfolgt und ob ihre Arbeitnehmer eventuell drauf verzichten könnten, während wir hingegen noch auf unsere Softwareanbieter warten müssen.

Lesezeit 3 Min.
Dramatischer Meeressturm: Wellen schlagen gegen felsige Küste unter einem düsteren Himmel, der von Menschenhand durchbohrt wird.

Für helle Aufregung sorgte dann die Information, dass der Arbeit­geber die zu zahlende Energie­preispauschale (EPP) bereits mit der Lohnsteueranmeldung August ver­rechnen kann, um das nötige Kapi­tal dafür zu haben. Da eine Korrektur der August-Lohnsteueranmeldung zur Kapitalbeschaffung wenig Sinn macht (sonst könnte die Verrechnung der EPP ja auch einfach mit der Sep­tember-Lohnsteueranmeldung erfol­gen), ist wohl tatsächlich angedacht, dass man zum Zeitpunkt der August-Abrechnung bereits weiß, wer von den Arbeitnehmern auch am 01.09.2022 noch im Unternehmen ist. Da es neben den üblichen Kündigungsfristen noch die eine oder andere Eventualität gibt, die eintreten kann, könnte sich das ein wenig schwierig gestalten.

Die Glaskugel wird also hoffentlich zur Gesetzgebung an alle Lohn- und Gehaltsabrechner Deutschlands mit­geliefert.

Ich bin auch sehr gespannt, wie das nun von den Softwareanbietern gelöst werden soll. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass hier ein Automatismus in unseren Program­men möglich ist. Sprich: Wir müssen vielleicht sogar manuell eingreifen.

Aber wir wollen ja nicht spekulie­ren und meine Fantasie reicht lang­sam auch nicht mehr so weit, mir hier vernünftige bzw. machbare Lösungen einfallen zu lassen.

Wir lassen uns also mal wieder über­raschen.

Ich wünschte, man würde vor dem Beschließen solcher Ideen (die ja grundsätzlich eine tolle Sache sind) zu den Möglichkeiten der Umsetzung mit Leuten reden, die sich damit ausken­nen, bzw. man würde auf die invol­vierten Fachleute auch mal hören. Das würde uns Entgeltabrechnern und natürlich auch den Softwareentwick­lern eine Menge Stress nehmen.

Aber die EPP war ja auch nicht die einzige Regierungsidee zur Entlas­tung der Bevölkerung angesichts der steigenden Preise. Da ist ja noch das Neun-Euro-Ticket.

Eine einfache Sache.

Wirklich eine einfache Sache?

Gehen wir doch einmal gedanklich durch, wie wir Entgeltabrechner die Umsetzung angehen würden.

Zunächst müssen wir prüfen, welcher Arbeitnehmer von seinem Arbeitge­ber ein Jobticket bezahlt bekommt. Dann müssen wir prüfen, ob ver­traglich ein bestimmter Betrag ver­einbart wurde oder ob z. B. einfach festgehalten wurde, dass der Arbeit­geber dem Arbeitnehmer ein Jobticket für den Bereich XYZ bezahlt. Ist Letz­teres der Fall, ändern wir einfach im Programm für die Monate Juni, Juli und August 2022 den zuvor erfassten Betrag in die neun Euro um und mer­ken uns für den September vor, diese Anpassung wieder rückgängig zu machen.

Aufgewühlte Gemüter 2
Aufgewühlte Gemüter 2

Haben wir aber den Fall einer kon­kreten Betragsangabe, steht dem Arbeitnehmer dieses Entgelt zu. Also muss der die neun Euro überstei­gende Betrag verbeitragt und ver­steuert werden, weil die Zahlung des Jobtickets nur steuer- und sozialver­sicherungsfrei ist, wenn es sich um Werbungskosten handelt. An sich ist dies keine unübliche Vorgehensweise, denn wenn Arbeitnehmer z. B. länger erkranken oder im Beschäftigungs­verbot sind, muss diese Änderung auch vorgenommen werden. Soll­ten wir diese Anpassung nicht durch­führen, erfolgt eine Versteuerung bei der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers und die Verbeitragung spätestens bei der nächsten Sozialver­sicherungsprüfung mit einhergehen­den Säumniszuschlägen.

Auch hier müssen wir uns für den September vormerken, alle Eingaben wieder rückgängig zu machen.

Eine einfache Sache eben.

Übrigens (da in der Lohngruppe so ein wenig der Grundgedanke durchblitzte) bedeutet die Einführung des zeitlich befristeten Neun-Euro-Tickets nicht, dass automatisch jeder Arbeitnehmer es bekommen soll/muss. Eine entspre­chende Vereinbarung sollte schon vor­liegen.

Nach nunmehr knapp zehn Jahren, die ich in der Entgeltabrechnung tätig bin, kann ich mit Blick auf diesen klei­nen Artikel mit Gewissheit sagen, dass wir niemals an Langeweile lei­den werden. Gerade die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass wir Entgelt­abrechner auch nicht um unsere Jobs bangen müssen, denn diese ganzen Änderungen sind nur mit gut ausge­bildetem Personal umsetzbar. Lohn ist eben nicht nur ein Klick, sondern eine anspruchsvolle und gern auch mal nervenaufreibende Tätigkeit, die nicht von Computern übernommen werden kann.

Halten Sie durch!

Annette Bastigkeit

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