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Offener Brief

Special
Lesezeit 2 Min.

Hilfe, wir sind agil

Also ganz ehrlich, früher habe ich immer gedacht, Agilität hätte etwas mit Fitness und Beweglichkeit zu tun. Neulich habe ich das mal nachgeschaut und es stimmt – der Duden spricht von „großer Beweglichkeit zeugend, regsam und wendig“.

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Jetzt wird auch bei uns im Unternehmen „agil gearbeitet“ – als wenn wir vorher nur still dagesessen hätten. Na ja, haben wir schon – beim konzentrierten Arbeiten näm­lich. Jetzt müssen wir uns tatsächlich mehr bewegen und Kärtchen von der Wand neh­men, woanders hinhängen, regelmäßig im Stuhlkreis die neuen Kärtchen besprechen und innerhalb des Teams verteilen. Sozusagen basisdemokratisch. Bisher wusste ich immer, was ich zu tun habe, was meine Aufgaben sind, was ich schaffen kann und was nicht. Jetzt muss ich mich jede Woche vor dem Team quasi rechtfertigen und „die Hosen runterlassen“. 

Jeder soll jetzt auch mal andere, ungewohnte und unbekannte Aufgaben übernehmen. Kann ich ja machen, aber wenn ich dafür doppelt so lange brauche wie der Kollege, der eigentlich –bisher – dafür zuständig war? Die Aufgaben werden mehr, die Kollegen leider nicht.

Notgedrungen habe ich mich mit dem Thema „agiles Arbeiten“ dann mal näher beschäftigt. Eigentlich kommt es ja aus der Projektarbeit und dort ist es auch meistens sinnvoll. Weil alle mehr oder weniger am selben „Stück“ arbeiten – jeder mit seiner speziellen Kompetenz. Aber im Alltagsbetrieb? Beim täglichen Allerlei?

Früher habe ich mit einem Kooperationspartner oder Kunden eine Idee entwickelt und – wenn ich sie für gut befunden habe – umgesetzt. Im Rahmen meiner Kompe­tenzen und im Einzelfall in Absprache mit meinem Chef. Heute kann ich eine solche Zusage dem Kunden gegenüber gar nicht mehr machen. Die Idee muss erst im Team besprochen und priorisiert werden. Hält man andere Aufgabe für wichtiger, bin ich eben raus. Dabei soll ich mich doch an meinem Kunden orientieren – aber entscheiden tun die anderen?

Eigenverantwortlich arbeiten und Entscheidungen treffen – das wird beim agilen Arbeiten propagiert. Habe ich schon immer gemacht, nur, dass ich diese Entscheidun­gen jetzt gar nicht mehr treffen kann – macht ja das Team.

Und was ich auch noch gelesen habe: Die Einführung von agilem Arbeiten setzt eine veränderte Kultur im Unternehmen – auch eine Fehlerkultur – voraus. Und das agile Arbeiten kann nur langsam und durch Überzeugung der Mitarbeiter und nicht per Anweisung von oben erfolgreich eingeführt werden. Das muss unsere Unternehmens­führung wohl glatt übersehen haben.

Na, ich gehe dann mal wieder an das „Kanban Board“, spreche mit dem „Scrum Master“ und schaue, was ich im nächsten „Sprint“ denn so zu tun habe. Und dann hänge ich noch ein paar Karten um – möglichst in die Rubrik „Done“.

Bleiben Sie entspannt bei der Arbeit!

Ihr Felix, der Glückliche

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