Im Blick: Sozialversicherungsrecht (Ausgabe 6/2021)
Kurzarbeitergeld – Dokumente elektronisch übermitteln
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat die „Grundsätze KEA – Kurzarbeitergeld-Dokumente elektronisch annehmen“ mit Geltung ab 01.07.2021 veröffentlicht. Durch das neue Verfahren wird eine medienbruchfreie Datenübertragung aus den zertifizierten Lohnabrechnungsprogrammen der Anwender direkt an die Agentur für Arbeit ermöglicht. Hierbei werden die notwendigen leistungsbegründenden Informationen aus dem Entgeltabrechnungssystem entnommen und über einen gesicherten Datenkanal an die BA übermittelt. Dies soll eine zeitsparende und transparentere Antragstellung möglich und Papierdokumente überflüssig machen.
Und so funktioniert das Verfahren: Die Arbeitgeber stellen die Anträge auf Kurzarbeitergeld auf Basis der festgelegten Datensätze zu den von ihnen geleisteten Entgelten. Die Befüllung der Antragsdatensätze muss automatisiert gewährleistet werden. Der Datenaustausch erfolgt über den zentralen GKV-Kommunikationsserver sowohl für den Versand der Meldungen mit den Anträgen auf Kurzarbeitergeld an die BA als auch zum Abruf der dazu von der BA bereitgestellten Rückmeldungen. Es werden also die auch sonst im Meldeverfahren üblichen Kommunikationswege genutzt.
Folgende Meldungen sind in diesem Verfahren vorgesehen:
- Antragsmeldung durch den Arbeitgeber,
- Korrekturmeldung bei zu Unrecht abgegebenen oder fehlerhaften Anträgen durch den Arbeitgeber,
- Rückmeldung der fehlerbedingt nicht möglichen Verarbeitung eines Antrags durch die BA,
- Rückmeldung der Verarbeitungsfähigkeit eines Antrags durch die BA.
Die Meldungen müssen durch das Entgeltabrechnungsprogramm automatisiert erstellt bzw. verarbeitet werden können.

Corona-Sonderzahlung bis März 2022 verlängert
Die Möglichkeit zur Gewährung einer Corona-Sonderzahlung wurde erneut verlängert und gilt jetzt bis März 2022. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern bis dahin insgesamt bis zu 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren. Ursprünglich galt die Frist für die Corona-Sonderzahlung nur bis zum 31.12.2020 und wurde später bis zum 30.06.2021 verlängert. Die erneute Verlängerung der Frist bis zum 31.03.2022 führt nicht zu einer Erhöhung des Gesamtbetrags, dieser bleibt bei insgesamt 1.500 Euro.
Die Sonderleistung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden. Die Prämie ist zwar für durch die Corona-Pandemie besonders belastete Beschäftigte gedacht, sie gilt jedoch für alle Branchen.
Die Sonderzahlung kann auch für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte geleistet werden. Die Auszahlung ist nicht an den Umfang der Beschäftigung geknüpft.
Arbeitgeber können auch höhere Prämien an ihre Mitarbeiter zahlen, diese Beträge sind dann aber steuer- und sozialversicherungspflichtig.
Die Sonderzahlung zählt nicht zum Arbeitsentgelt. Damit ist sie nicht nur steuerfrei, sondern zugleich auch beitragsfrei in der Sozialversicherung. Das gilt übrigens auch für Minijobber. Die Sonderzahlung hat keinen Einfluss auf die 450-Euro-Grenze.

Pflegeversicherungsreform
Mit der Reform der Pflegeversicherung werden eine Reihe von Leistungen erhöht, und es werden verbindliche Mindeststandards vorgeschrieben.
Ab September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur noch mit tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden. Dazu gehören neben den klassischen Tarifverträgen auch kirchliche Arbeitsrechtsregelungen. Mit Einrichtungen, die nicht an solche Vereinbarungen gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge nur noch abgeschlossen werden, wenn diese ihre Pflegekräfte nicht untertariflich bezahlen.
Um vollstationär versorgte Pflegebedürftige finanziell nicht zu überfordern, wird ihr Eigenanteil an der Pflegevergütung schrittweise verringert.
Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus. Voraussetzung ist, dass nach einer Krankenhausbehandlung erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege, der medizinischen Rehabilitation oder weitere Pflegeleistungen nur unter erheblichem Aufwand sichergestellt werden können.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) beteiligt sich künftig an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Dafür gibt es einen ergänzenden Bundeszuschuss an die GKV in Höhe von sieben Milliarden Euro, um einen Anstieg der Zusatzbeiträge zu verhindern.
Zur Finanzierung wird der Beitragszuschlag für Kinderlose ab 01.01.2022 von bisher 0,25 Prozent auf dann 0,35 Prozent angehoben.
Der Zuschlag ist von allen Versicherten zu zahlen, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und keinen Nachweis über die Elterneigenschaft erbracht haben. Der allgemeine Beitragssatz von derzeit 3,05 Prozent bleibt zunächst unverändert.
Erweiterung des Meldeverfahrens
Einrichtung eines Arbeitgeberkontos
Ab 01.01.2023 wird die Digitalisierung des Meldeverfahrens zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträgern erneut erweitert. Künftig müssen die Arbeitgeber auf elektronische Anforderung einer Einzugsstelle mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos elektronisch übermitteln.
Zur elektronischen Anforderung von Arbeitgeberdaten aufgrund einer eingehenden Anmeldung muss für die Einzugsstelle ersichtlich sein, ob ein neues Arbeitgeberkonto anzulegen oder die in der Anmeldung angegebene Betriebsnummer einem bestehenden Arbeitgeberkonto zuzuordnen ist. Damit diese Unterscheidung möglich wird, muss in der Anmeldung neben der Angabe der Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebs zusätzlich der Arbeitgeber, also die Hauptbetriebsnummer, angegeben werden. Der Arbeitgeber wird nämlich im Beitragseinzugsverfahren durch die im Beitragsnachweis angegebene Betriebsnummer identifiziert (Hauptbetriebsnummer).
Für die Übermittlung wurde ein Datensatz Arbeitgeberkonto mit mehreren Datenbausteinen festgelegt. In den Datenbausteinen finden sich:
- Grunddaten,
- abweichende Korrespondenzanschrift,
- Dienstleister,
- Wahlerklärung für die Teilnahme am Ausgleichsverfahren U1
- und das SEPA-Lastschriftmandat.
Arbeitgeberzuschüsse zur PKV bei Kurzarbeit
Privat krankenversicherte Arbeitnehmer haben Anspruch auf einen Beitragszuschuss von ihrem Arbeitgeber. Gezahlt wird die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes, zuzüglich der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitrags, höchstens jedoch die Hälfte des tatsächlich zu zahlenden Beitrags. Dabei werden eventuelle Einsparungen durch Selbstbehalte nicht berücksichtigt.
Besonderheiten gibt es, wenn der Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhält. In diesen Fällen gilt Folgendes:
- Der Arbeitgeber übernimmt den privaten Krankenversicherungsbeitrag (PKV-Beitrag), der auf das fiktive Entgelt entfällt, in voller Höhe. Der Zuschuss ist begrenzt auf den PKV-Beitrag, den der Beschäftigte tatsächlich zu zahlen hat. Die geltende Beitragsbemessungsgrenze (BBG) wird auf das fiktive Entgelt angewendet.
- Der Zuschuss beträgt insgesamt höchstens die Hälfte des PKV-Beitrags, den der Beschäftigte tatsächlich zu zahlen hat. Da ein Teil des PKV-Beitrags bereits durch den Zuschuss zum fiktiven Entgelt getragen wird, mindert sich dieser Betrag entsprechend. Dieser bereits vollständig getragene Zuschuss wird also vom tatsächlich zu zahlenden PKV-Beitrag abgezogen. Der dann verbleibende Beitrag wird wiederum zur Hälfte von dem Beschäftigen sowie zur anderen Hälfte vom Arbeitgeber getragen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat diese Regelung in einer Veröffentlichung klargestellt.

Übrigens: Natürlich kann der Arbeitgeber auch einen höheren Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag zahlen oder diesen ganz übernehmen. Dann handelt es sich allerdings um einen geldwerten Vorteil und es sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge darauf zu entrichten.
Geringfügigkeits-Richtlinien aktualisiert
Mit Wirkung zum 01.08.2021 haben die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger die Geringfügigkeits-Richtlinien aktualisiert und insbesondere an die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung angepasst. Die wichtigsten Änderungen:
Drei Monate oder 70 Arbeitstage – jetzt gleichberechtigt
Darüber hatten wir schon in der letzten Ausgabe berichtet: Das Bundessozialgericht hatte im Urteil vom 24.11.2020 (B 12 KR 34/19 R) zu den Zeitgrenzen bei einer kurzfristigen Beschäftigung von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen Stellung genommen. Danach darf die Anwendung der jeweiligen Zeitgrenze nicht vom wöchentlichen Beschäftigungsumfang abhängig gemacht werden. Vielmehr wird in der Gesetzesformulierung ein „Entweder-oder“ gesehen. Demnach kann auch eine Beschäftigung, die auf vier Monate befristet ist, kurzfristig und damit sozialversicherungsfrei sein, wenn sie in diesem Zeitraum an nicht mehr als 70 Arbeitstagen ausgeübt wird – unabhängig davon, ob die Arbeit an fünf oder weniger Arbeitstagen wöchentlich ausgeübt wird.
Höhere Übungsleiterpauschale
Im Steuerrecht wurden die Freibeträge für Übungsleiter und ehrenamtlich Tätige ab Januar 2021 von 2.400 Euro bzw. 720 Euro auf 3.000 Euro bzw. 840 Euro erhöht. Da es sich hierbei um einen steuerfreien Betrag handelt, wird er auch für die Beitragsbemessung in der Sozialversicherung nicht als Entgelt berücksichtigt und bleibt somit beitragsfrei. Die höheren Beträge wurden im Richtlinientext und in den Beispielen angepasst. Eine rechtliche Änderung ist damit nicht verbunden.
Wirkung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wird klargestellt
Geringfügig Beschäftigte können sich durch Erklärung gegenüber ihrem Arbeitgeber von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Diese Befreiung besteht so lange fort, wie das Beschäftigungsverhältnis andauert, und kann nicht widerrufen werden. Die Spitzenverbände haben jetzt klargestellt, dass die Befreiung auch dann weiterwirkt, wenn das Arbeitsverhältnis wegen des Bezugs einer Entgeltersatzleistung oder wegen Elternzeit unterbrochen wird, aber in dieser Zeit weiterhin besteht.
Klargestellt wurde auch, dass eine weitere geringfügige Beschäftigung, die zu einer solchen bereits bestehenden Tätigkeit hinzutritt, ebenfalls rentenversicherungsfrei ist, wenn die Befreiung für die erste Beschäftigung erklärt wurde. Die Befreiung kann nur einheitlich für alle (geringfügigen) Beschäftigungen gelten.
Berechnung der Kalendertage bei kurzfristigen Beschäftigungen
Müssen für die Prüfung einer kurzfristigen Beschäftigung mehrere Zeiträume zusammengerechnet werden, werden anstelle der drei Monate 90 Kalendertage als Grenzwert genommen. Volle Kalendermonate werden mit 30 Kalendertagen berücksichtigt, Teilmonate mit der Zahl der tatsächlichen Kalendertage. Bei einem Zeitmonat (also nicht Kalendermonat) werden einheitlich ebenfalls 30 Kalendertage angerechnet (z. B. vom 16.07. bis 15.08.).
Sonderregelung zum Krankenversicherungsbeitrag bei bestimmten ausländischen Arbeitnehmern
Für Minijobber zahlt der Arbeitgeber einen pauschalen Krankenversicherungsbeitrag (KV-Beitrag) von 13 Prozent des Entgelts. Voraussetzung dafür ist, dass eine Versicherung bei einer deutschen gesetzlichen Krankenkasse besteht. Eine Besonderheit gilt hinsichtlich der pauschalen KV-Beiträge bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Dänemark, Luxemburg und Österreich. Bei Personen, die in Deutschland oder im Ausland wohnen und zulasten eines Versicherungsträgers in den vorgenannten Staaten krankenversichert sind, sind oft in Deutschland mit einem Sachleistungsanspruch zulasten der heimatlichen Versicherung eingetragen. Die deutsche Krankenkasse gewährt die Leistungen nur im Auftrag (Leistungsaushilfe). Da es sich hierbei nicht um eine Versicherung bei einer deutschen Krankenkasse handelt, sondern diese nur im Auftrag eines ausländischen Versicherers tätig wird, sind in diesen Fällen keine Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung zu zahlen.

Jürgen Heidenreich