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Offener Brief

Special
Lesezeit 2 Min.

Zurück ins Office

Geht Ihnen das auch so? Im Rückblick verklärt sich die Vergangenheit und wird so schön. Irgendwie so warm und kuschelig. Die Probleme und Schmerzen sind vergessen, nur das Schöne bleibt in Erinnerung.

So gesehen: Was war der Lockdown doch schön! Homeoffice! Keine Fahrten ins Büro, länger schlafen bei gleichem Arbeitsbeginn. Pausen kreativ und praktisch nutzen. Leckeren Kaffee aus dem heimischen Kaffeeautomaten mit den langsam gerösteten Fairtrade-Bohnen statt der Bürobrühe. Selbst gekochte Delikatessen genießen, statt sich über den Kantinenfraß zu ärgern oder Schnellfutter in sich hineinzustopfen. Herrlich!

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Und das soll jetzt vorbei sein? Back to the roots? Nein, nein und nochmal nein! Das kann mir mein Chef nicht antun – wo bleibt denn da meine Lebensqualität? Vor allem, wo jetzt ja gerade mal kein Homeschooling stattfindet.

Wir müssen noch mal verhandeln. Wenigstens muss es ein Flex-Office sein, also die Anwesenheit im Büro nur an wenigen Tagen in der Woche, die übrige Zeit im Homeoffice.

So wäre ich wenigstens nur an einigen Tagen wieder unter totaler Überwachung. Zu Hause kann ich – unbeobachtet – schon mal eher vor mich hinträumen. Oder wahlweise auch in der Nase bohren – sieht ja keiner! Diese entspannte Art zu leben und zu arbeiten, ist doch quasi betriebliche Gesundheitsförderung par excellence. Und kostet das Unternehmen nicht mal was.

Übrigens: Eine heimliche Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Denn meine typischen Büropflanzen haben den Lockdown unbeschadet überstanden. Ob sie wohl heimlich jemand gegossen hat? Oder sie sind wirklich unverwüstlich, wie man so behauptet. Selbst ich mit meinem berüchtigten schwarzen Daumen habe es nicht geschafft, dieses Gestrüpp in die Knie zu zwingen. Die Pflanzen sind also leider kein wirkliches Argument für das Homeoffice – aber für die Anwesenheitspflicht auch nicht.

Nun ist mein Chef inzwischen nicht mehr generell dagegen, will aber dann keinen festen Arbeitsplatz mehr für jeden Mitarbeiter, sondern – wenn schon Flex-Office – nur noch einige Schreibtische, die man für jeden Bürotag online buchen muss. Jedes Mal einen anderen – das geht doch nicht! Allein das Ausräumen meines aktuellen Schreibtisches würde ja Tage in Anspruch nehmen – und mindestens drei Fuhren mit dem Bully zum Recyclinghof. Und dann? Jeden Tag im Büro meine Bilder wieder neu aufhängen? Und meine Pflanzen? Da ich sie nicht umbringen konnte, fühle ich mich in gewisser Weise für sie verantwortlich. Und meine Akten (vom papierlosen Büro bin ich so weit entfernt wie die Erde von der Sonne) – wo soll ich die lagern? Die vom Chef vorgesehene Kiste reicht höchstens für meine Büroklammersammlung. Jedes Mal mit nach Hause nehmen? Abgesehen von der Schlepperei würde wohl der Datenschutz das nicht zulassen.

Zugegeben, es klingt etwas egoistisch, aber könnten wir nicht einen neuen Lockdown …? Ich meine ja nur.

Ihr Felix, der Glückliche

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